Die Platinparty
Arme, glückliche Annett! Heute Abend werden der kleinen Louisan im Stage-Club Gold- und Platinplatten verliehen, sie wird tausendmal fotografiert und hat nicht mal Zeit für einen Piccolosekt.
Derweil delektieren wir geladenen Gäste uns an Getränken beliebiger Couleur, laben uns an gedünsteten Brokkolilollies und Ziegenkäseblinis mit Honig. G., die Freundin von Mark, kokettiert parodistisch mit der Bestellung einer „Passionsfruchtschorle“, doch da muss der Service passen. Ihr Sonderwunsch zur Schorlenveredelung – ein Tröpfchen Kiwisaft – bleibt unartikuliert.
Mark und ich fotografieren uns gegenseitig heimlich in möglichst unvorteilhaften Posen, wobei jedes Bild die Unveröffentlichbarkeit seines Pendants sicherstellen soll. Das Konstrukt ähnelt dem Gleichgewicht des Schreckens im Kalten Krieg: Wirfst du die Atombombe zuerst, kriegst du sie als zweiter ab. Also wirft sie keiner. Verstanden, Mark!?
Dieses Spielchen scheint seine Konzentration zu stören, denn zweimal versagt er kläglich, als er die unbedingte Pflicht und auch Gelegenheit gehabt hätte, seine Sitzposition zum Beinstellen zu nutzen: einmal, als ein Ober mit einem Tablett voller Krabbenschwänze unseren Tisch übersieht, und dann, als sein Ex-Chef vorbeiläuft.
Kurioserweise folgt die Rache des Schicksals, die normalerweise Jahre oder Jahrzehnte auf sich warten lässt (sofern sie überhaupt so gnädig ist, ihren Job zu tun), nur Minuten später. Als Mark zur Bar gehen will, stolpert er über die Lederschaftstiefel einer Tischnachbarin. Keiner verletzt sich.
Annett wird noch immer fotografiert. Klick, klick. Sie schaut schon ganz verkrampft. „Halt durch!“ raune ich ihr zu beim Händeschütteln, und sie verdreht komplizenhaft die Augen. Ja, klar: Sie hält durch. Annetts Taffness verhält sich umgekehrt proportional zu ihrer Größe.
Der Abend ist schon fast schadlos überstanden, als Ms. Columbo noch eine Bierdusche verpasst bekommt. Der Verursacher versucht mit einem seltsamen „Es ist nichts passiert!“ die Lage zu beruhigen, doch Ms. Columbo ist deutlich anderer Meinung, zumal Jacke, Hose und Handtasche beredte Indizien liefern für ihre Sicht der Dinge.
Wir laufen nach Hause, der Kiez ist nicht fern. Hoffentlich, denke ich, hat die arme, glückliche Annett noch einen Sekt abgekriegt.
Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Bergkönig“ von Kolbe & Illenberger, „Poison heart“ von The Ramones und „Neighbours“ von Quantum Jump.
Derweil delektieren wir geladenen Gäste uns an Getränken beliebiger Couleur, laben uns an gedünsteten Brokkolilollies und Ziegenkäseblinis mit Honig. G., die Freundin von Mark, kokettiert parodistisch mit der Bestellung einer „Passionsfruchtschorle“, doch da muss der Service passen. Ihr Sonderwunsch zur Schorlenveredelung – ein Tröpfchen Kiwisaft – bleibt unartikuliert.
Mark und ich fotografieren uns gegenseitig heimlich in möglichst unvorteilhaften Posen, wobei jedes Bild die Unveröffentlichbarkeit seines Pendants sicherstellen soll. Das Konstrukt ähnelt dem Gleichgewicht des Schreckens im Kalten Krieg: Wirfst du die Atombombe zuerst, kriegst du sie als zweiter ab. Also wirft sie keiner. Verstanden, Mark!?
Dieses Spielchen scheint seine Konzentration zu stören, denn zweimal versagt er kläglich, als er die unbedingte Pflicht und auch Gelegenheit gehabt hätte, seine Sitzposition zum Beinstellen zu nutzen: einmal, als ein Ober mit einem Tablett voller Krabbenschwänze unseren Tisch übersieht, und dann, als sein Ex-Chef vorbeiläuft.
Kurioserweise folgt die Rache des Schicksals, die normalerweise Jahre oder Jahrzehnte auf sich warten lässt (sofern sie überhaupt so gnädig ist, ihren Job zu tun), nur Minuten später. Als Mark zur Bar gehen will, stolpert er über die Lederschaftstiefel einer Tischnachbarin. Keiner verletzt sich.
Annett wird noch immer fotografiert. Klick, klick. Sie schaut schon ganz verkrampft. „Halt durch!“ raune ich ihr zu beim Händeschütteln, und sie verdreht komplizenhaft die Augen. Ja, klar: Sie hält durch. Annetts Taffness verhält sich umgekehrt proportional zu ihrer Größe.
Der Abend ist schon fast schadlos überstanden, als Ms. Columbo noch eine Bierdusche verpasst bekommt. Der Verursacher versucht mit einem seltsamen „Es ist nichts passiert!“ die Lage zu beruhigen, doch Ms. Columbo ist deutlich anderer Meinung, zumal Jacke, Hose und Handtasche beredte Indizien liefern für ihre Sicht der Dinge.
Wir laufen nach Hause, der Kiez ist nicht fern. Hoffentlich, denke ich, hat die arme, glückliche Annett noch einen Sekt abgekriegt.
Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Bergkönig“ von Kolbe & Illenberger, „Poison heart“ von The Ramones und „Neighbours“ von Quantum Jump.
2 Comments:
Nach all den Tagen Deiner kulinarischen Depression erfreut es mich, Dich in Brokkolilollies und Ziegenkäseblinis schwelgen zu sehen. Letztere hoffentlich mit frischem Knoblauch gewürzt. Da es eine Platinparty war, hoffe ich, die PR-Abteilung der Plattenfirma hat daran nicht gespart ;-).
Kannst Du musikalisch, lyrisch und kulturell nach dieser Party von neuen bedenkenswerten Aspekten sprechen?
Meinst du bei Annett? Nein, die Veranstaltung hat das für sie gigantische Jahr 2005 und somit die alten Aspekte gefeiert …
Aber sie hat sich ja auch eine eigene Nische in der deutschsprachigen Popmusik geschaffen. Darin kann sie es sich ruhig ein bisschen gemütlich machen. Konkurrenz ist ja keine in Sicht.
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