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05 April 2006

Die Greeb-Pfanne

Natürlich sind die extremen Methoden der Nahrungszufuhr das auffälligste Attribut des Franken. Doch er trägt eine weitere schwere Bürde mit sich herum, die ihn scharf trennt vom Rest der Zivilisation, zumindest der norddeutschen. Dabei handelt es sich um seine ungebrochen fränkisch eingetrübte Sprechweise. Während es den Hamburgern mit einfachen phonetischen Methoden im Lauf der Jahre gelang, mir die hessische Sprachfärbung weitgehend auszuwaschen, scheiterten sie damit beim Franken auf ganzer Linie.

Beweise dafür liefert das Faktotum täglich. Neulich standen wir mittags sinnierend vor einem Fressstand im Mercado, und der Franke orderte eine „Greeb-Pfanne“. Wir schauten ihn verwundert an, die Verkäuferin tat es uns gleich. Eine „Greeb-Pfanne“? Was sollte das sein – eine fränkische Spezialität? Doch wie konnte der Franke sicher sein, hier, im Reich des Labskaus und Frischfischs, einen Koch zu finden, der die Kunst der Zubereitung dieser exotischen Rarität beherrschte?

Alles war natürlich ganz anders, und zwar viel profaner. Allerdings konnte das Rätsel nur mithilfe einer Übersetzungstafel gelöst werden, die offenbar speziell für solche Fälle überm Tresen hing und als „Mittagskarte“ deklariert war. Eins der offerierten Gerichte war nämlich eine Crêpe-Pfanne …

Wir lachten schallend, wovon der dickfellige Franke sich natürlich nicht beeindrucken ließ. In der Regel wird die Öffentlichkeit übrigens selten Zeuge seines ethnologisch bedingten Handicaps. Wir hingegen, seine Bürokollegen, haben öfter das Vergnügen. Wie vor einiger Zeit, als der Ex-Katholik aus bis heute ungeklärten Gründen anfing, den ödesten Christenhit aller Zeiten vor sich hin zu singen.

Die meisten dieser von Vollsocken wie Manfred Siebald komponierten Langweiler sind schon beim ersten Anhören in der Lage, selbst den Gläubigsten am ewigen Leben zweifeln zu lassen. Ein möglicher Kirchenaustritt gewinnt augenblicks an Strahlkraft. Die ewige Nummer eins dieser Charts des Schreckens ist ohne Zweifel das sich seit Jahrzehnten lappig und müde durch Jugend- und Gebetskreise schleppende, offenbar unkaputtbare und selbst von den Ärzten mal gecoverte „Danke für diesen guten Morgen“.

Melodie und Refrain müssen nach dem Willen ihres unseligen Schöpfers Martin Gotthard Schneider auf einlullend leiernde Weise heruntergebrummelt werden. Warum dieser tote Strumpf von einem Lied trotzdem nicht längst als glaubenszersetzend ad acta gelegt wurde, wissen die Götter bzw. nur einer davon.

Jedenfalls überlebte das Stück, und der Franke hatte Gelegenheit, es an besagtem Morgen vor sich hin zu summen. Aber er tat es natürlich auf seine Art. „Dang-ge für diesen guden Morgen“, sang er, „dang-ge für diesen guden Tach …“


Es war, ganz ehrlich, die absolut geilste Coverversion, die ich je davon gehört habe.
Dang-ge, Frang-ge.

Die bisherigen Teile der Frankensaga
19. Der Kulturstoffel 18. Fußball auf Fränkisch! 17. Auhuuu! 16. Die Bettelblickattacke 15. Der Franke bleibt störrisch 14. Der unvollendete Panini-Coup 13. Duck dich, Sylt! 12. Auf Partypatrouille 11. Laggs auf vier Uhr 10. Der Franke ist überall 9. Die Greeb-Pfanne 8. Erste gegen dritte Liga 7. Die verspätete Riesenkartoffel 6. Der historische Tag 5. Der Alditag 4. Der Faschingskrapfen 3. Der Klozechpreller 2. Der Dude 1. Das Alte Land

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8 Comments:

Anonymous Zahnwart said...

"Während es den Hamburgern mit einfachen phonetischen Methoden im Lauf der Jahre gelang, mir die hessische Sprachfärbung weitgehend auszuwaschen ..." Darüber müssen wir nochmal reden, ei guude. Dibbemess, oder was?

09:44  
Anonymous Andreas said...

Würde ja gern mal die unvergessliche Zeile "Danke für meine Arbeitsstelle" auf Fränkisch (ersatzweise Hessisch) hören!

10:28  
Blogger Matt said...

zahnwart, ich sagte „weitgehend“, „WEITGEHEND“!

andreas, bis zu dieser Zeile kam der letztlich textunsichere Franke leider nicht. Ich möchte ihn auch nur ungern zu einem weiteren Versuch ermuntern, denn das Stück ist natürlich noch immer eine seelische Folter für mich, lediglich abgemildert durch seine Vortragsweise.

10:32  
Anonymous Ad said...

großartig, "die greeb-pfanne", beim lesen hatte ich mir fest vorgenommen diese hamburger spezialität unbedingt probieren zu müßen. jetzt fahre ich aber erst nach frankfurt zu dem kunden, der immer "däs rescht misch uff!" sacht...

10:53  
Anonymous Sebastian said...

Herrlich auch immer die Verbalen Ausfälle beim Italiener, bei dem ich arbeite. Platz eins, undgeschlagen seit langer Zeit: Nokki oder Notschi. Immer wieder beliebt auch der EXpresso.

11:47  
Anonymous Lyssa said...

Verdammt, verdammt, wie kriege ich jetzt diese grauenvolle Lied bloß wieder aus meinem vergrippten Kopf?
Ich weiß schon, warum ich die Lutheraner so mag, die halten auch nix von diesem neumodischen Birkenstockträgerwohlfühlliedgut.

14:31  
Blogger Matt said...

Zu Risiken und Nebenwirkungen fraqen Sie … mich am besten nicht.

In diesem Fall ist geteiltes Leid leider doppeltes Leid.

17:47  
Anonymous andreas said...

Lyssa, meinst Du nicht eher die Katholiken? Ich dachte immer, gerade die Lutheraner wären die schlimmsten Propagandisten dieses "Birkenstockträgerwohlfühlliedguts" wie auch im Allgemeinen einer laschen, prinzipienlosen und sich immer und überall anbiedernden Haltung, gegenüber derer der immerhin halbwegs konsequente Papst-Wahnsinn der Katholiken sich doch noch verhältnismäßig symphatisch ausnimmt. "Danke für diesen guten Morgen" stammt jedenfalls eindeutig aus einem evangelischen Zusammenhang; im einheitlichen Gesangbuch der Evangelischen Kirche Deutschlands findet es sich unter der Nummer 334.

15:01  

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