Keine alte Kuh

Matt: Sabrina, ich möchte mich mit dir kabbeln.
Sabrina Setlur: Hmmhm … Dein gutes Recht.
Matt: Dein Album heißt ja auch „Rot“, immerhin die Farbe des Streits.
Setlur: Nicht nur! Rot ist auch die Farbe der Leidenschaft, der Liebe, der Intensität. Alarm, Hitze.
Matt: Kannst du dich daran erinnern, dass wir uns schon mal getroffen haben?
Setlur: Dunkel.
Matt: Das war 1997 – und eins der blödesten Interviews, die ich je hatte.
Setlur: Warum?
Matt: Du saßt wortkarg da, hast Kaugummi gekaut, MTV geguckt, und die meisten Fragen beantwortete dein Begleiter.
Setlur: Damals haben sich verschiedene Leute unheimlich verantwortlich gefühlt; daher diese Situation. Von mir war sie bestimmt nicht gewollt. Wenn ich wortkarg werden sollte, müsste ich schon eine Kieferoperation hinter mir haben.
Matt: Beim Rappen wäre das hinderlich.
Setlur: Rap hat nichts damit zu tun, wie man im Privaten redet. Ich rappe ja nicht den ganzen Tag. Ich sprech ja ganz normal mit dir.
Matt: Klingt so, ja.
Setlur: Glaub mir, ich spreche auf jeden Fall nicht in 135 bpm mit dir, wie auf dem Album.
Matt: Zumindest möchte ich darum bitten.
Setlur: Werden wir sehen. Wenn du dich artig benimmst.
Matt: Hast du die Texte deines Albums „Rot“ selber geschrieben?
Setlur: Zusammen mit Moses Pelham.
Matt: Hmm …
Setlur: Wir waren beide wirklich auf diesem Flash.
Matt: Du behandelst auf „Rot“ die klassischen Rap-Themen. Klingt alles immer noch teenagerhaft, aber du bist jetzt 33.
Setlur: Na und?
Matt: Wie lange kannst du das noch machen?
Setlur: Erstens: Das ist das Leben. Zweitens: Wie sollte sich denn eine 33-Jährige benehmen?
Matt: Sag du’s mir. Aber Partys feiern, immer wieder Beziehungen beenden …
Setlur: „Immer wieder“? Siehst du, du pauschalisierst!
Matt: … nachzutreten …
Setlur: Nee, das stimmt so nicht! Natürlich gibt es auf meiner Platte Balladen, die sich damit beschäftigen, dass eine Beziehung nicht klappt – aber ganz ruhig: Das ist überhaupt nichts Negatives! Und wenn wir von Partyliedern reden, dann geht es um das Gefühl des Zusammenseins, des Lebensbejahens – einfach der Freude. Das sind auch wieder so Klischees. Du hörst was und sagst: buff, buff, buff …!
Matt: Deswegen sprechen wir ja darüber.
Setlur: Zu dem Altersding: Mir wird immer bewusster, dass mir Leute aufdrücken wollen, ich sei eine alte Kuh – wogegen ich mich vehement wehre. Meiner Meinung nach ist man immer so alt, wie man sich fühlt.
Matt: Ein Klischee.
Setlur: Ein Klischee. Aber auch eine Gefühlsangabe.
Matt: Übrigens halte ich dich nicht für eine alte Kuh.
Setlur: Das wäre ja noch schöner!
Matt: Aber im Rap gibt es doch den Zwang, berufsjugendlich zu sein.
Setlur: Wenn das so ist, unterliege ich diesem Zwang nicht. Ich sag dir mal eins: Wenn ich mit 50 immer noch was zu sagen habe, dann wirst auch du mir nicht das Maul stopfen.
Matt: Werde ich wohl nicht schaffen.
Setlur: Nee, das schaffste nicht.
Matt: Beschreibt dich das Wort „Zicke“ eigentlich gut?
Setlur: Nein.
Matt: Hast du schon mal jemand eine runtergehauen?
Setlur: Ganz ehrlich: Ich habe immer Angst, dass ich mir mehr weh tue als dem, den ich schlage.
Matt: Was müsste ich tun, damit du mir eine langst?
Setlur: Mich körperlich angreifen.
Matt: Dann droht keine Gefahr.