Immer weiterlächeln

Dieses „Smile“, Wolfsburgs Zufallsantwort auf Ursula von der Leyens Netzsperrenstoppschild, ist vielleicht nicht kritisch, sicher nicht ironisch, doch auf jeden Fall eins: tapfer.

Nirgendwo anders in Deutschland dürfte man Schilder mit Werbesprüchen, die aufs Verwechselbarste offiziellen Verkehrsschildern nachempfunden sind, auf öffentlichem Grund installieren. Doch VW darf das, weil die Kommune nur der verlängerte Arm des Autobauers ist.
Denn die oft unterschätzte adrette Schönheit dieser Stadt, die patinalose, nie ganz das Sterile abstreifende Makellosigkeit ihrer Seen, Gärten und modernen Architektur, mit der sie ihre Geschichtslosigkeit und ihren schlimmen Geburtsfehler vergessen machen will: All das hängt am Tropf von VW, und ginge VW unter, die ganze Stadt ginge unter. So wie Detroit.

Und die Zwillingstürme, in denen all diese Autos, die bald keiner mehr haben will, abholbereit herumstehen, glänzen riesig und gläsern in der Sonne wie Kathedralen.
Man sieht von draußen durch die Scheiben die winzigen Scheinwerfer der wartenden Wagen, wie sie hoffnungsfroh hinausschauen in die Ferne – den Käufern entgegen, die das alles hier am Leben erhalten (sollen).
Es hat fast etwas Rührendes, wie die Autostadt, dieses komplett auf die Erotik des Kaufaktes abgestimmte Ensemble aus Gebäuden und Interieuer, ihren drohenden Untergang ausblendet. Und dafür hat Wolfsburg, die Stadt des durchästhetisierten öffentlichen Raumes, das perfekte Symbol gefunden.
Es ist ein tapferes weißes „Smile“ auf rotem Grund, ein Oktagon des Ausblendens.
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