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06 Oktober 2005

Der Moskito

Hunderttausende Autos, Lkws und Busse sorgen in unermüdlichem Einsatz rund um die Uhr dafür, dass die Luft in Hamburg und speziell in St. Pauli für Insekten möglichst unangenehm ist. Das ist ein sehr positiver Aspekt: Man wird selten gestochen. Damals, nach der Oderflut, waren aber auch die Kfz-Armeen machtlos. Es war der Herbst, in dem wir uns geschlagen und entnervt ein Moskitonetz kauften.

Ein Moskitonetz. Mitten auf St. Pauli. Knapp südlich des Polarkreises. Seither ahnen wir, wie schlimm die Oderflut wirklich gewesen sein muss. Das Netz war die einzige Rettung. Doch wir haben es praktisch nur eine Saison gebraucht. Danach übernahm die Firewall des Individualverkehrs wieder das Kommando.

Bis gestern Nacht. Ein Sirren am Ohr. Und plötzlich ist es wieder wie damals, nach der Oderflut
: Ich checke die schwarzen Flecke an Wänden und Decken. Ich suche nach jener Schwärze, die einen Schatten wirft. Denn was Schatten wirft, ist ein Moskito, der lebt. Und er muß sterben. Er will das nicht und hat Strategien entwickelt, um meinen Nachstellungen zu entgehen. Er meidet zum Beispiel weiße Flächen. Stattdessen bevorzugt er Klecksmustertapeten und kackbraune Schrankwände.

Nach Darwins Evolutionslehre müssten also irgendwann jene Moskitos aussterben, die sich auf weißen Flächen in Kopfhöhe niederlassen. Dort erwische ich sie nämlich babyleicht, und sie können ihre Gene nicht weitergeben – und somit auch nicht ihre Vorliebe, sich auf weißen Flächen in Kopfhöhe niederzulassen.
Nachteil: Übrig blieben Mega-Moskitos, die dunkle Ecken direkt unter der Decke bevorzugen, welche nach unten von meterbreiten Schränken abgesichert sind. Soll ich also die Weißflächen-Moskitos nicht erschlagen, damit sie ihre Dummheit brav weitervererben und ich ihre Nachkommen leichter erwische? Auch keine Lösung.

Gestern Nacht jedenfalls war wieder mal einer da, Produkt des feuchten Sommers und goldenen Herbstes in der Stadt. Ich suchte nach bewährter Manier, bewaffnet mit der in vielen Schlachten erprobten gefalteten Zeitschrift (eine Ausgabe von September 1998). Nichts. Erst als das Licht aus war, kam es wieder, dieses Sirren. Es handelte sich offenbar um einen Mega-Moskito: unentdeckbar im Hellen, blutrünstig in der Schwärze der Nacht. Doch gestern half mir der Zufall: Bei einigen panischen Ohrfeigen, die ich mir selber im Dunkeln verpasste, muss ich ihn erwischt haben. Obwohl die Leiche nie gefunden wurde.

Jetzt bin ich alarmiert. Zum Glück weiß ich noch, wo das Moskitonetz liegt.

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1 Comments:

Blogger stefan said...

schlaflos bis gestern morgen um vier besann ich mich auch meines moskitonetzes. und endlich lag ich in morpheus arme.
das abgebildete insekt, kann es eine schnacke sein, welches sich an pflanzensäften labt?
wenn nicht, bin ich froh nicht auf pauli zu wohnen.

17:50  

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