Das muss jetzt mal raus
Die Grundausstattung von Großstädten verdient ohne Zweifel Lob. Ob Kneipen, Kinos, Clubs oder käuflicher Sex: alles da, und zwar nah und unmittelbar. Was an Städten jedoch meist stört und aus meiner Sicht sehr verzichtbar ist, sind – Menschen. (Ja, ich bin mir der Paradoxie dieser Aussage bewusst.)
Fakt ist: Großstadtmenschen nerven. Sie sind im Weg. Sie errichten Hindernisse. Immer. Heute etwa radle ich verbotenerweise über den engen Gehweg am Mercadoparkhaus, als sich plötzlich die Tür eines parkenden Autos öffnet und die ganze Breite des Weges barriereartig blockiert. Schuld: ein Mensch.
Oder abends, in der Fußgängerzone der Neuen Großen Bergstraße (Foto): Eine ältere Dame mit Dackel als Appendix gibt der kackbraunen Fußhupe so viel Gummiband, wie sie nur haben möchte. Und sie möchte viel, oh ja. Die Fußgängerzone ist dort zwar sehr, sehr breit, das Gummiband aber auch sehr, sehr lang.
Eine Dame mit Dackel reicht aus, um der Neuen Großen Bergstraße eine Vollsperrung zu verpassen. Wüsste das der Hamburger Verkehrssenator, er könnte depressiven Hundebesitzern pipileicht wieder Lebenssinn vermitteln, indem er sie an Bau- oder Unfallstellen als hochflexible Absperrgitter einsetzte. Doch das passiert ja nicht. Stattdessen beanspruchen diese Menschen in freier Wildbahn ungeheure Freiflächen, die für Fußgänger und Radfahrer augenblicklich nicht mehr nutzbar, ja sogar gefährlich sind.
Doch heute ging es noch mal gut, Dackel und Dame waren letztlich dank meiner schier übermenschlichen Radelroutine knapp zu umfahren. Meine Grundthese aber sah ich erneut belegt: Großstadtmenschen nerven. Vor allem und besonders auch auf Radwegen, wo sie, wenn ich vorbeikomme, meist träumerisch herumstehen – bereit, im entscheidenden Moment einen unmotiviert anarchischen Schritt zur Seite zu tun, damit ich sie säuberlichst über den Haufen fahren kann.
Warum schauen sie sich nicht um, bevor sie dumme Dinge tun? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß eins: Großstadtmenschen nerven. Ihre Sinne scheinen unterm Dauerfeuer urbaner Reize und Ausscheidungen komplett abzustumpfen. Sie sehen nichts, sie hören nichts. Sie leben – obgleich umwogt von Hundertausenden anderer – in einer hermetischen Egoblase.
Auch der Radler, der heute in Ottensen auf die tolle Idee kam, den Gehweg zu verlassen und dumpffröhlich quer über die Bahrenfelder Straße zu rollen, obwohl ich dort gerade mit beträchtlicher Geschwindigkteit von meinem Vorfahrtsrecht Gebrauch zu machen gedachte. Wir stiegen beide in die Eisen wie ein Schmuckstraßenfreier, der versehentlich eine Transe gebucht hat. Gerade so vermieden wir den Crash, doch eins wurde mir mal wieder klar: In einer Großstadt ohne Menschen wäre diese Situation erst gar nicht entstanden.
Vielleicht würde ich es sogar akzeptieren, mich täglich ins Gewimmel dieser Gefahrguttransporter auf zwei Beinen stürzen zu müssen, wenn sie mir garantierten, von den ihnen zur Verfügung stehenden Sinnen auch Gebrauch zu machen. Davon kann aber nicht die geringste Rede sein.
Neulich sah ich einen Menschen halb im Laufschritt auf mich zukommen und dabei aus unerfindlichen Gründen hinter sich blicken. Er übertrug gleichsam mir, der ich meine Sinne adäquat in Betrieb hatte, die Verantwortung, den Weg zu räumen und auszuweichen. Doch mich überkam eine kleine sardonische Lust auf Konfrontation, und ich ließ es drauf ankommen.
Rumms, machte es. Schulter gegen Schulter. Er drehte sich um mit jenem erschreckten Staunen im Gesicht, als wäre er davon ausgegangen, in einer Großstadt ohne Menschen unterwegs zu sein.
Und plötzlich fühlte ich mich ihm sogar ein wenig verbunden.
Ex cathedra: Die Top 3 der urbanen Songs
1. „The city sleeps“ von MC 900 Ft. Jesus
2. „Summer in the city“ von Lovin’ Spoonful
3. „Crosstown traffic“ von Jimi Hendrix
Fakt ist: Großstadtmenschen nerven. Sie sind im Weg. Sie errichten Hindernisse. Immer. Heute etwa radle ich verbotenerweise über den engen Gehweg am Mercadoparkhaus, als sich plötzlich die Tür eines parkenden Autos öffnet und die ganze Breite des Weges barriereartig blockiert. Schuld: ein Mensch.
Oder abends, in der Fußgängerzone der Neuen Großen Bergstraße (Foto): Eine ältere Dame mit Dackel als Appendix gibt der kackbraunen Fußhupe so viel Gummiband, wie sie nur haben möchte. Und sie möchte viel, oh ja. Die Fußgängerzone ist dort zwar sehr, sehr breit, das Gummiband aber auch sehr, sehr lang.
Eine Dame mit Dackel reicht aus, um der Neuen Großen Bergstraße eine Vollsperrung zu verpassen. Wüsste das der Hamburger Verkehrssenator, er könnte depressiven Hundebesitzern pipileicht wieder Lebenssinn vermitteln, indem er sie an Bau- oder Unfallstellen als hochflexible Absperrgitter einsetzte. Doch das passiert ja nicht. Stattdessen beanspruchen diese Menschen in freier Wildbahn ungeheure Freiflächen, die für Fußgänger und Radfahrer augenblicklich nicht mehr nutzbar, ja sogar gefährlich sind.
Doch heute ging es noch mal gut, Dackel und Dame waren letztlich dank meiner schier übermenschlichen Radelroutine knapp zu umfahren. Meine Grundthese aber sah ich erneut belegt: Großstadtmenschen nerven. Vor allem und besonders auch auf Radwegen, wo sie, wenn ich vorbeikomme, meist träumerisch herumstehen – bereit, im entscheidenden Moment einen unmotiviert anarchischen Schritt zur Seite zu tun, damit ich sie säuberlichst über den Haufen fahren kann.
Warum schauen sie sich nicht um, bevor sie dumme Dinge tun? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß eins: Großstadtmenschen nerven. Ihre Sinne scheinen unterm Dauerfeuer urbaner Reize und Ausscheidungen komplett abzustumpfen. Sie sehen nichts, sie hören nichts. Sie leben – obgleich umwogt von Hundertausenden anderer – in einer hermetischen Egoblase.
Auch der Radler, der heute in Ottensen auf die tolle Idee kam, den Gehweg zu verlassen und dumpffröhlich quer über die Bahrenfelder Straße zu rollen, obwohl ich dort gerade mit beträchtlicher Geschwindigkteit von meinem Vorfahrtsrecht Gebrauch zu machen gedachte. Wir stiegen beide in die Eisen wie ein Schmuckstraßenfreier, der versehentlich eine Transe gebucht hat. Gerade so vermieden wir den Crash, doch eins wurde mir mal wieder klar: In einer Großstadt ohne Menschen wäre diese Situation erst gar nicht entstanden.
Vielleicht würde ich es sogar akzeptieren, mich täglich ins Gewimmel dieser Gefahrguttransporter auf zwei Beinen stürzen zu müssen, wenn sie mir garantierten, von den ihnen zur Verfügung stehenden Sinnen auch Gebrauch zu machen. Davon kann aber nicht die geringste Rede sein.
Neulich sah ich einen Menschen halb im Laufschritt auf mich zukommen und dabei aus unerfindlichen Gründen hinter sich blicken. Er übertrug gleichsam mir, der ich meine Sinne adäquat in Betrieb hatte, die Verantwortung, den Weg zu räumen und auszuweichen. Doch mich überkam eine kleine sardonische Lust auf Konfrontation, und ich ließ es drauf ankommen.
Rumms, machte es. Schulter gegen Schulter. Er drehte sich um mit jenem erschreckten Staunen im Gesicht, als wäre er davon ausgegangen, in einer Großstadt ohne Menschen unterwegs zu sein.
Und plötzlich fühlte ich mich ihm sogar ein wenig verbunden.
Ex cathedra: Die Top 3 der urbanen Songs
1. „The city sleeps“ von MC 900 Ft. Jesus
2. „Summer in the city“ von Lovin’ Spoonful
3. „Crosstown traffic“ von Jimi Hendrix
Labels: altona, fahrrad, musik, ottensen, persönliches, tiere
12 Comments:
Herrlich. Sie sprechen mir aus der Seele. Als Radfahrerin. Doch ganz missen möchte ich sie nicht. Die Großstadtmenschen.
Gut, ich letztlich auch nicht. Bin ja selber einer. Mir geht's auch schon viel besser . ;-)
Menschen nerven. Ob Groß- oder Kleinstadt, ganz egal. Die paar, die nicht nerven, passen in ein Dorf, ach, was sag ich, in einen Straßenzug, in einen Häuserblock, in eine WG.
Vielleicht fällt es einfach mehr auf, wenn sie sich ballen. Und dafür ist die Großstadt nicht der schlechteste Ort, weiß Gott.
Der Mensch, das pfadversperrende Tier!
Warum bleibt er, aus für mich nicht nachzuvollziehenden Gründen, so häufig so abrupt und unberechenbar stehen, so das Mr. Minit mir schon Provision zahlen sollte?
Ameisen haben ein Sozialmagen und legen Duftpfade. Vielleicht sollten wir uns auch darin versuchen beständig zu furzen und somit richtungsweisende Pheromone abzugeben.
Ich fordere die evolutionäre Rückbildung in den vierfüssler Stand.
Großstadtmenschen sind mir so lange egal, wie sie sich vorhersehbar Verhalten. Aber wenn sie plötzlich stehenbleiben oder sich in eine Richtung wenden, dann nervt das und bringt meine Planung durcheinander.
Übrigens habe ich seit einigen Morgen eine Begegnung mit einem Großstadtmenschen: Er geht mit seinem Hund am nahen Hochschulgelände spazieren, dass ich gern als Abkürzung auf dem weg ins Büro nutze. Er schimpft mich jedes mal aus, dass das ja kein Radweg sei. Aber erstens steht dort ein Fahrradständer am Weg - also schweben die Fahrräder dorthin? Und zweitens soll er mit seiner Töhle nicht die schönen Anlagen vollscheißen, wo bei diesem schönen Wetter sich die hübschen Studentinnen sonnen.
Sie sprechen mir ebenfalls aus der Seele, die ich doch so gerne und gerne mal schnell mit dem Rad unterwegs bin. Vielleicht sollte jeder Verkehrsteilnehmer(und ich meine JEDER) verpflichtet werden, sich für einen bestimmten Zeitraum mit einem anderen Verkehrsmittel als üblich zu bewegen, nur um zu erkennen in welche Gefahr man andere durch sein nicht-umsichtiges Verhalten bringen kann. Die Sicht der Dinge zu ändern tut bei einigen echt Not. Und es gibt so etwas wie einen „Fußgänger-Führerschein“ tasächlich! Zur Pflicht machen??? Werde mich übrigens am Wochenende einem Selbstversuch in London unterziehen und evtl. berichten, ob die Menschen dort auch so nerven respektive in welchem Grad. Bye.
Offenbar spricht mein Text vor allem die Genervten an. Aber wo sind bloß die Nervenden? Von denen hätte ich gern auch Kommentare. Zum Beispiel plausible Erklärungen für ihr vollständiges Abschalten aller Systeme, sobald sie den öffentlichen Raum betreten. Oder sind wie etwa alle zusammen beides gleichzeitg, Nerver und Genervte? Ein unheimlicher Verdacht …
Also, ich bin da ganz fexibel: Wenn ich mit dem Rad fahre, nerven die Fußgänger, wenn ich zu Fuß unterwegs bin, sind die Radfahrer die Rowdies. So kann man ganz leicht ein stabil hohes misanthropisches Level halten.
Eine nachvollziehbare Haltung, die Prof. Ralf Dahrendorf bereits in den 50er Jahren als gängig für die Alltagsrollenspiele in entwickelten Gesellschaften nachgewiesen hat. Quod erat demonstrandum.
Ja, in der Soziologie und auch darüber hinaus hat Lord Dahrendorf einiges bewegt. Freunden der FDP, die heute über Liberalität dozieren, empfehle ich ebenfalls dringend seine Schriften aus den letzten Jahrzehnten. Und um den Bezug zu Matts Beitrag jetzt herzustellen, zitiere ich ihn aus der TAZ vom 31.12.05:
"Wir brauchen bewußte Bürger".
Komisch, daß noch niemandem dein kleiner Lapsus aufgefallen ist: Sich über Fußgänger oder kleine Plattmachhunde ausgerechnet in einer Fußgängerzone zu echauffieren, das entbehrt nicht einer gewissen offensiven Ignoranz. Wenn ich in Fußgängerzonen Radfahrer auf dem Sattel sehe, versuche ich immer ganz bewußt, zum Hindernis zu werden. Wenn mir in der Einbahnstraße nachts unbeleuchtete Radfahrer entgegen kommen, mach ich das auch. Da hilft mir dann mein Auto. Ich mag keine Radfahrer. Großstadtmenschen hingegen schon. Zum Glück bist du ja einer.
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