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Die Rückseite der Reeperbahn

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Name: Matthias Wagner
Standort: Hamburg, Germany

Schreiberling




15 Juli 2009

Marburger Nachlese



Linke Nostalgie lässt sich in Marburg immer noch aufspüren, zumal am Fachbereich Politologie. Man findet recht leicht Parolen, mit denen man sich im existenzialistischen Stehkragenpulli fotografieren lassen kann. Doch auf den Mensatischen liegen keine revolutionären Kampfpamphlete mehr, sondern nur noch Flyer, die zur nächsten Party einladen. Wenn etwas die totale Kapitulation der Linken und den Sieg des Kapitalismus verkörpert, dann das. Daran ändert auch die Wirtschaftskrise nichts.



Immerhin rührt sich noch ein wackerer Rationalismus. Das Graffito „Kein Gott!“ ausgerechnet an die gotische Elisabethkirche zu sprühen, verrät einerseits eine treffsichere Zielidentifikation, andererseits aber auch kulturelles Banausentum – ein großer Schritt für den Sprüher und ein kleiner Richtung Taliban.



Das in der Barfüßer Straße entdeckte Warnschild hängt näher am BH als am maroden Gully, deshalb bin ich unsicher, welchen von beidem es gilt – und was das je nach dem für die Situation der Moral in Marburg bedeuten könnte.

Vor der Unibibliothek stießen wir auf einen St.-Pauli-Stromkasten. Der Kiez ist überall, heimelige Gefühle brandeten auf – und wir fuhren nach Hause. Ab sofort wird also wieder über die Reeperbahn gebloggt.

Mit allen Risiken und Nebenwirkungen.


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14 Juli 2009

Mattophobie ist heilbar



In praktisch jedem zweiten Marburger Fachwerkhaus – und es gibt SEHR vele davon in der Oberstadt – befindet sich eine psychotherapeutische Praxis.

Es muss heutzutage eine verheerende Wirkung aufs Gemüt haben, in Marburg zu studieren. Einst, als Ms. Columbo und ich hier unser Unwesen trieben, war das noch nicht so. Vielleicht gab es damals einfach die besseren Partys – oder Themengebiete, die eher geeignet waren, die mentale Gesundheit zu erhalten.

Ein Bekannter aus alten Marburger Tagen etwa forschte über die Kulturgeschichte des Verkehrsunfalls, was ihn allabendlich froh und glücklich nach Hause zurückkehren ließ. Seine Frau hingegen tüftelte lange an einer bahnbrechenden Arbeit über Intimbehaarung im asiatischen Raum, doch irgendwann brach sie das Unterfangen ab – wahrscheinlich nachdem die Totalrasur auch in Japan und Indonesien eine … ähem … Schneise der Verwüstung hinterlassen hatte.

Bei unserer nostalgischen Tour durch die Stadt, die wir gemeinsam vor 14 Jahren gen Hamburg verließen, stoßen wir übrigens auf eine frappierende, ja geradezu erschreckende Häufung just stattgefundener Abschiedsvorlesungen von Professoren, bei denen ich einst studiert hatte.

Ob Heller, Deppe oder Berg-Schlosser: Es scheint fast so, als hätten all diese großen Köpfe die Alma Mater fluchtartig verlassen im Vorfeld meiner Rückkehr, statt einfach eine der vielen psychotherapeutischen Praxen in der Oberstadt aufzusuchen und ihre Mattophobie professionell behandeln zu lassen. Aber vielleicht überschätzte ich auch einfach meine Bedeutung.

Die Parolen (Foto) in der Philosophischen Fakultät sind übrigens noch pointierter als zu meiner Zeit, dafür leiden sie an einem wirkungsdämpfenden Pleonasmus.


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