Nur wenige hundert Meter
Am Ausgang der U Hallerstraße jedenfalls wende ich mich nach dem bekannt unzulänglichen Try-&-Error-Prinzip erst einmal nach rechts, checke ein paar Hausnummern und glaube mich auf die des NDR zuzubewegen, was sich aber nach nur wenigen hundert Metern als Irrtum herauszustellen scheint. Also Straßenseite wechseln, in die andere Richtung laufen. Plötzlich fallen die Hausnummern, obwohl sie doch steigen müssten. Wie das? War ich etwa vorhin doch in die richtige Richtung unterwegs gewesen?
Nach nur wenigen hundert Metern beschließe ich, diesen interessanten Gedanken einer näheren Prüfung zu unterziehen. Und siehe da: Er stimmt. Nach nur wenigen hundert Metern stehe ich vorm NDR-Gebäude und erreiche das Konzert just vor Beginn.
Alles fügt sich also (wie meistens) zum Besten; das ist das Schöne an meiner speziellen Desorientierung. Sie zeichnet sich übrigens nicht nur durch ein stets intuitives Falschabbiegen aus. Auch wenn ich bei einer Wahl zwischen A und B zufällig die richtige Entscheidung treffe (die Chance ist ja 50 Prozent), revidiere ich sie nach nur wenigen hundert Metern wieder, weil ich erfahrungsgemäß annehme, es sei die falsche gewesen.
Neunmalkluge werden jetzt den Gebrauch eines Stadtplans ins Spiel bringen. Doch entweder habe ich a) ihn zu Hause vergessen, b) ein Exemplar erwischt, in dem genau die Straße fehlt, in der ich mich befinde, oder c) ich halte ihn falsch herum.
Martin Stadtfeld jedenfalls ist unglaublich. Ich stand auf der Balustrade und schaute ihm direkt auf die Finger. Bei Schumanns „Toccata“ jagte seine linke Hand keck die rechte, die indes aufs Flinkeste den Attacken auswich.
Der Heimweg verlief unfallfrei, weil ich mir gemerkt hatte, wohin ich beim Verlassen des NDR-Geländes abbiegen musste: nach links. Und schon nach wenigen hundert Metern kam die U-Bahnstation. Ist doch pipileicht.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Richtungsentscheidungen
1. „Crossroads“ von Calvin Russell
2. „Wrong turn“ von Jack Johnson
3. „Go your own way“ von Fleetwood Mac
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