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Die Rückseite der Reeperbahn

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Mein Foto
Name: Matthias Wagner
Standort: Hamburg, Germany

Schreiberling




21 Oktober 2008

Von Winzern, Wünschen und betrunkenen Kindern

Wurde gerade eingeladen zu einer Veranstaltung namens „Winzerstreicheln auf Weingut Wellanschitz“. Aber da geh ich nicht hin, keinesfalls.

In der Sendung „Nano“ auf 3Sat informierte man uns heute Abend über die Tatsache, das Leben als Diabetiker sei „kein Zuckerschlecken“. Das ist zweifellos völlig korrekt – und letztlich doch nicht so „Hohlspiegel“-würdig wie die Forderung der „heute“-Moderatorin wenig später, man müsse „Gas geben für den Klimaschutz“.

Sprache ist Glückssache und oft auch sehr beglückend. Die kleine Stieftochter eines Freundes mutmaßte neulich, der Muezzin benutze zur Verstärkung seines Rufes ein „Mekkafon“. Landet bestimmt bald im Duden, die Schreibweise.

Sein Stieftöchterchen hatte übrigens einen Spitzentag und noch was anderes aufgelesen, das leicht verbogen war: „Betrunkene Kinder sagen die Wahrheit“ – ja, und die ist sogar gleich doppelt abgesichert.

Übrigens sähe ich gelegentlich gern mal einem Diabetker mit Umtopffolienturban beim Winzerstreicheln zu, während ein betrunkenes Kind zwischen zwei wahrheitsgemäßen Rufen durchs Mekkafon am Zucker schleckt und hintenrum Gas gibt für den Klimaschutz.

Doch dieser Wunsch geht wahrscheinlich mal wieder genausowenig in Erfüllung wie der Lottogewinn, danke auch.


(Warenbezeichnungsschild entdeckt bei Tchibo.)


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06 Oktober 2008

Das Wort zum Montag

Mit großem Bedauern vernahm ich just Charlotte Roches Absage an eine Fortsetzung ihres Erfolgsromans „Feuchtgebiete“.

Für den gegenteiligen Fall nämlich hatte ich bereits seit längerer Zeit einen Killertitel für die entsprechende Buchkritik parat, den ich schwuppdiwupp aus dem Köcher ziehen wollte.

Dieser nunmehr obsolete Titel vereinigte aufs Trefflichste meine notorische Kalaueritis mit einer profunden Bibelkenntnis, die noch aus Jugendtagen herrührt. Nun aber, da Frau Roche keine Fortsetzung schreiben will, ist das alles perdu, und ich werde dafür niemals Ruhm und Ehre ernten.

Deshalb kann ich den Titel der nie verfassten Rezension auch in die Tonne treten – aber erst nach dem Verbloggen. Er hätte geheißen: „Das zweite Buch Möse“.

Wehe, sie schreibt jetzt doch noch „Feuchtgebiete 2“!

Foto: Wikipedia


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13 Juni 2008

Kein Curling auf Tuvalu



Nun gut, jetzt kommt es am kommenden Montag also wirklich zum entscheidenden Duell zwischen Deutschland und Österreich.


Wer nicht bis dahin auf den Spielausgang warten möchte: Erste Hinweise ergeben sich aus einem höchst aufschlussreichen Interview, das ich unlängst mit dem furiosen deutsch-österreichischen Komikerduo Stermann & Grissemann führte. Hier ein kleiner Ausschnitt:

U_mag
: Wie können Jogis Löwen Österreichs Pandabären schlagen, mit welcher Killertaktik?
Grissemann: Das wird auch ohne Taktik klappen, garantiert.
Stermann: Österreich gibt sich sehr viel Mühe, ein netter Gastgeber zu sein. Wieso sollte die deutsche Mannschaft also gegen Österreich gewinnen - um erneut das Bild des „hässlichen Deutschen“ abzugeben? Nein. Nach der WM, wo Deutschland der Welt ein neues, positives Gesicht gezeigt hat, muss es jetzt auch auf dem Platz Taten folgen lassen. Ausscheiden nach der Vorrunde muss es heißen, sonst waren alle schönen Worte während der WM nur schöne Worte.
U_mag: Vielleicht kommen wir eh gegen die überlegene Physis der Österreicher nicht an; immerhin können sie die ganze Saison über ihre geografischen Vorteile ausspielen – Stichwort: Höhentraining. Warum geht ihnen trotzdem immer direkt nach der ersten Halbzeit die Luft aus?
Grissemann: Das liegt wohl an der grundsätzlich zerbrechlichen Physis. Der Österreicher ist Künstler, kein Sportler: blass, vornübergebeugt und asthmatisch. Siehe André Heller.
Stermann: Höhentraining? Wovon reden Sie? Wir sind der Keller Europas, hat sich das nicht bis zu Ihnen nach Hamburg rumgesprochen ...? Viele, gerade Jugendliche, wachsen in Kellern auf, in denen man kaum aufrecht stehen kann! Und in den Bergen leben kaum mehr Österreicher, sondern nur noch ostdeutsche Gastarbeiter, die als Kellner und Liftwarte zu teuer gewordene Rumänen abgelöst haben. Deshalb wird es in ein paar Jahren auch wieder gute deutsche Skifahrer geben. The circle of life.
U_mag: Sollte man das Fußballspielen in den Alpen nicht generell verbieten? Immerhin spielt man auf Tuvalu auch kein Curling.
Grissemann: Gute Idee! Ich bin immer für Verbote.
Stermann: In den Bergen gibt es ja sehr wenige Fußballplätze. Dafür aber hat die Seitenwahl zu Beginn eines Spiels eine viel größere Bedeutung: Soll man in der ersten Hälfte bergauf oder bergab spielen?
U_mag: Ein solches Verbot hätte einen weiteren Vorteil: Man könnte es aufs voralpine München ausweiten und wäre schlagartig auch den FC Bayern los.
Stermann: Verbote ändern nichts. Durch Verbote kommen die Menschen überhaupt erst auf den Geschmack. Bevor es die Zehn Gebote gab, hätte niemand im Traum daran gedacht, sich die Nachbarin unter sexuellen Gesichtspunkten anzuschauen oder Gott zu malen. Aber kaum waren die Zehn Gebote da: nix wie rüber und zur Nachbarin unter die Decke. Würde man den FC Bayern verbieten, zehn neue FC Bayerns kämen.
U_mag: Herr Stermann, angenommen, Sie (als Deutscher) dürften einen Tag die Österreicher trainieren: Mit welchen Ad-hoc-Maßnahmen wäre der größte Schaden anzurichten?
Stermann: Ich habe zu meinem 40. Geburtstag von der Republik Österreich das Geschenk bekommen, ein Jahr lang die Nationalmannschaft trainieren zu dürfen. Es war eine schöne Zeit. Ich habe das Spiel ohne Ball forciert. Wir sind viel gereist, haben diskutiert, sind ins Kino gegangen und haben mit Erwin Wurm zusammen Kunstaktionen gemacht. Alle Spieler von damals sind heute an der Universität für Angewandte Kunst als Dozenten tätig oder haben Professuren an der Kunstakademie. Bildung und ein Hang zur Schöngeisterei hat noch niemandem geschadet. Gut, wir haben in der Zeit alle Spiele hoch verloren. Aber wie! Wunderschön … Als ich Teamchef der ÖFB-Elf war, sprachen wir nie über Elfmeter, aber viel über Hexameter. Wir sprachen auch nicht über Ecken, sondern über Rhomben. Einen Elfmeter „verwandeln“ – über diese Formulierung haben wir viel diskutiert. Wir haben dann mit Illusionisten zusammen Elfmeter
„verwandelt“: in Hühner, Wurst oder Riesenschnitzel. Das war durchaus politisch gemeint.

Und so ging das noch eine ganze Weile weiter. Wer die zur Hochform auflaufenden Komiker in voller Länge erleben möchte, ist hier an der richtigen Stelle.


Foto: Udo Leitner

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03 Juni 2008

Das Bier der Erkenntnis

Der Komiker Vince Ebert grenzt in einem sehr verdienstvollen Sketch ein für alle Mal Wissenschaft, Religion und Esoterik voneinander ab – und zwar mit verblüffend einleuchtender Hilfe von Gerstensaft.

Das geht sinngemäß so:


Der Wissenschaftler vermutet, im Kühlschrank sei Bier, und schaut nach. Der Theologe dagegen vermutet, im Kühlschrank sei Bier, und basta. Der Esoteriker schließlich vermutet, im Kühlschrank sei Bier, er schaut nach, findet nichts – und behauptet trotzdem weiterhin, im Kühlschrank sei Bier.

Dazu passt das heutige Foto fast wie der Deckel unters Glas, entdeckt an der Fassade von „Angie’s Bierkeller“ in der Kastanienallee.

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16 Februar 2008

„Herr Du Mont!“



Um mein Verhältnis zur Hamburger FDP komprimiert auf den Punkt zu bringen, wäre mir noch vor kurzem ein herzhaftes „Fock you!“ locker über die Zunge gegangen. Doch dann sah ich gestern im Kino diesen Wahlwerbespot mit Sky du Mont.

Er endet auf so erschütternde Weise unfreiwillig komisch, dass ich gar kurzzeitig erwog, am nächsten Sonntag aus purem Mitleid FDP zu wählen – wäre dieses Mitleid nicht noch überboten worden von einem unignorierbaren Schwall Fremdscham.

Fock und Sky bilden zweifellos das skurrilste Pärchen seit Plisch und Plum, Dick und Doof und vor allem Pat und Patachon.

Im Kino war das Gelächter natürlich groß. Könnte man den beiden keine eigene Comedyshow geben, ganz unabhängig von Wahlen? Darin dürfte Hinnerk Fock natürlich immer nur eine einzige Dialogzeile haben, und zwar „Herr du Mont!“

Immer nur „Herr du Mont!“, mit festgetackertem Grinsen. Der Brüller.

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29 Januar 2008

Tannenzapfenzupfen (8)

(Foto via FHS Holztechnik)


Manchmal reicht ein einziger Satz, um zu wissen: Dieses Buch wird niemals mein Freund, zumindest nicht in der deutschen Übersetzung. Glücklicherweise stand dieser eine entscheidende Satz schon in der Pressemitteilung zu Snoop Doggs autobiografischem Roman „Love don’t live here no more“. Ein Service, der einem viel Zeit spart.

Der Satz heißt: „Auf den Straßen hingen wir mit den Baby-Bitches aus der Hood ab, die für uns ihre T-Shirts lüfteten und ihre Titties zeigten.“

Wahrscheinlich sind solche Übersetzungen mitverantwortlich dafür, dass der deutsche HipHop (vor allem der aus Berlin) oft so merkbefreit peinlich ist.


Vielen Texten aus den Tiefen der Promoabteilungen geht es aber kaum besser. „Die zweite Compilation dieser Ausgabe wird compiled von Sofia Coppola“, meinte mir unlängst jemand mitteilen zu müssen. Doch nicht immer wird man mit Denglisch gequält. Fast noch peinigender: von Kompetenz ungetrübter Sprachehrgeiz.

„Die Band gründete sich, um sich selbst zu gründen. Und um zu ergründen, ob die Gründe die Band zu gründen, begründet werden können. Aus diesem Grund gründete sich die Band, die eigentlich keine Band sondern eine Bande ist.“

Eins von den zwei Kommas, die diesem Geschwurbel fehlen, hat der nächste Satz zuviel, doch er erreicht wenigstens semantisch eine gewisse Reflektionsebene. „Newsletter zu schreiben“
, räsoniert da ein Promoter, „macht immer noch soviel Spass, wie ein Stacheldrahtsalat zum Frühstück.“

Beim Newsletterlesen geht’s mir ganz ähnlich.

Was bisher geschah: 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1



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29 August 2007

Tannenzapfenzupfen (7)

(Foto via FHS Holztechnik)

Heute gibt es eine weitere Folge mit gruseliger Promoprosa und Pidginpoesie am Rande der Körperverletzung. Alles Blaugefärbte wurde Pressetexten zu neuen CDs entnommen und so belassen, wie der Promoter es schuf. (Woher der Rubrikenname „Tannenzapfenzupfen“ kommt, steht
hier
.)


1. „In der zur Zeit sehr kalten Jahreszeit Heizen heizen bei Punch It! die derzeit angenagtesten DJs ein.“(Ja, da steht wirklich „angenagtesten“. Und zweimal „heizen“. Ich kann doch auch nichts dafür.)

2.
„Schon allein der Name Tuomo Prättälä zergeht auf der Zunge wie schmackhaftes Kalakukko und schmiegt sich sanft in die Ohrmuschel wie ein finnischer Schneehase.“(Ja, der ist wirklich hübsch. Weiß jemand, was Kalakukko ist?)

3.
„Und als sie ihr erstes Lied zur elektrischen Gitarre anstimmt, öffnen sich Herz, Ohren und Augen in selten erlebter Klarheit. Uns gegenseitig am Ärmel zupfend, versuchen wir durch einen Wirbelsturm aus elektrischem Krach, maßlos schönem Gesang und nackter Emotion einander wissen zu lassen, dass wir hier gerade etwas Unglaubliches erleben dürfen. Da steht diese sehr junge Frau ganz bei sich selbst und ihren Liedern seiend. Wir schauen von kalten Fiebern geschüttelt zu ihr auf, mit geöffneten Seelen der nächsten Flutwelle aus unmaskiertem Gefühl und halsbrecherischer Virtuosität harrend.“ (Ein schönes Beispiel für Überehrgeiz, der vor Ernst und Bedeutung nur so zittert – und aus umso größerer Höhe in ein Jauchefass voll Lächerlichkeit platscht. Verdientermaßen natürlich.)

4.
„Erdmöbel waren schon in einer Menge Schubladen.“ (… dabei ist diese Bestattungsmethode eher im Mittelmeerraum verbreitet. Aber wenn’s der Promoter sagt. Wer’s nicht weiß: Erdmöbel nennt sich eine sehr gute Deutschpopband aus Köln.)

5. „Das Büro ist vom 23.9.–12.10. nicht besetzt. Mails werden nicht regelmässig gelesen, aber beantwortet.“(Das würde ich auch sehr gerne können.)

Was bisher geschah

6, 5, 4, 3, 2, 1


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31 März 2007

Ziviler Ungehorsam 2007 …

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22 März 2007

Ich glaub, es hackt

Eine der schönsten Preziosen im SZ-Magazin ist die Anagrammrubrik „Gemischtes Doppel“. Dort werden Worte bebildert, die bei vertauschten Silbenanlauten einen neuen Sinn ergeben, wenn auch oft einen recht absurden.

Beispiel: Ein Bild zeigt ein Stück Gras, darunter steht „Rasenheizung“; das Nachbarwort dreht die Silben um zu „Hasenreizung“, und man sieht einen genervten Mümmelmann, der durchs Käfiggitter mit einem Stock gepiesackt wird.

Das war selbstkreiert, nur um das Prinzip zu verdeutlichen, denn ich habe gerade kein SZ-Magazin zur Hand, und online enthält uns das Blatt die illustrierten Anagramme leider vor.

Egal, mir fallen eh ständig selber welche auf und ein: Gerade wird wie von selbst aus einer „Hackfresse“ (links) schwuppdiwupp ein „Frackhesse“ (rechts).

Und wenn mir jetzt irgendein beckmessernder Armanischlaumeier mit dem Einwand kommt, das, was Roland Koch da trägt, sei gar kein Frack, dann halte ich ihm entgegen: Mir doch egal! – und verwandle aus Trotz Beißschienen in Scheißbienen.
So.

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13 März 2007

Se Lieder of se Bändt

Der Ampelpfahl vorm Bahnhof Altona, an dem ich mich allmorgendlich während der üblichen Rotphase faul abstütze, um nicht vom Fahrrad steigen zu müssen, war schon oft ein Quell der Freude.

Das abgebildete Gesuch aber, schützend eingeschlagen in eine Dokumentenhülle aus Plastik, bot einen besonders aparten Anlass für jene spezielle Mischung aus Entzücken und Erschrecken, welche nur Ampel- und ähnliche Pfähle zu bieten in der Lage sind. Und irgendwie scheint mir dieses Gesuch das ganze Elend des Deutschrock auf den Punkt zu bringen, unfreiwillig zwar, aber doch umso nachhaltiger.

Sie, 31 und schrill, will also auf die Bühne, und zwar mit einer Bändt, die in
möglichst vielerlei Hinsicht körperlich verunstaltet sein sollte; musikalische Kriterien scheinen der Schrillen hingegen weniger wichtig zu sein.

Nun, ich bin ein Liebhaber des Rock und gestehe hiermit öffentlich: Ich habe das Blatt an mich genommen.

Und zwar nicht nur wegen der dabei kostenlos abfallenden Dokumentenhülle.

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10 März 2007

Birnen zu Eierbechern! (2)

Zwei Dinge im Zusammenhang mit dem Eintrag von vorgestern sind geradezu erschütternd. Zum einen der abgebildete echte Haushaltstipp, der in der aktuellen Ausgabe der „Frau von Heute“ auf der gleichen Seite steht wie mein gefälschter.

Wenn so etwas als ernsthafter Vorschlag unzensiert abgedruckt wird, brauchen wir uns um Fakes nicht mehr zu bemühen. Mit saurer Milch Kacheln putzen! Und danach nur noch mit Nasenklammer durch die Wohnung stromern, oder was?

Ja, das hat mich erschüttert. Und der Anruf bei meiner Mutter auch. Ich erzählte ihr fairerweise von meinem kleinen Scherz in ihrem Namen (Düngen mit Salatabtropfwasser, haha!), zumal sie ja die bald eingehenden zehn Euro Honorar richtig einstufen soll, und was antwortete sie? „Na hör mal, das mache ich schon immer so!“ Ich bin zerschmettert.

Nach diesen beiden Erschütterungen halte ich es jetzt auch für denkbar, bei der „Frau von Heute“ mit Boschs hintersinnigem Vorschlag aus den Kommentaren zum letzten Beitrag durchzukommen:

„Spinat schmeckt übrigens wesentlich besser, wenn man ihn kurz vor dem Servieren durch frittierte Pommes ersetzt.“

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09 März 2007

Birnen zu Eierbechern!

Haushaltstipps von Leserinnen für Leserinnen sind eine feste Rubrik in billigen Yellow-Press-Blättern. Da erzählen etwa mit allen Abwaschwassern gespülte Frauen, sie würfen Butterpapier nie weg, weil man die dran klebenden Fettreste ja immer noch dazu verwenden könne, ein Backblech einzuschmieren. Toll!

Und fantasieanregend. Vor einigen Wochen entschloss ich mich zu einem kleinen Scherz, der folgende Anforderungen zu erfüllen hatte:

a) Mein Haushaltstipp (den ich natürlich im Namen meiner Mutter einzureichen gedachte) musste angemessen absurd sein.
b) … aber nicht so absurd, dass er gar keine Chance auf Veröffentlichung hätte.
c) Der Ton des Briefes musste dem Duktus und Weltbild des Zielpublikums entsprechen; ich schlüpfte also mental in den Kopf einer Hausfrau jenseits der 50.
d) Das Schreiben durfte keinesfalls perfekt sein; gezielt eingeschmuggelte Eigenwilligkeiten der Wortwahl sowie kleine Rechtschreibfehler und komische Zeichensetzung sollten die Glaubwürdigkeit steigern.

Nach einigen Überlegungen schickte ich folgendes Schreiben an die Springer-Zeitschrift „Frau von Heute“:

Liebe Lesertipp-Redaktion,
abends mache ich meinem Mann und den Kindern oft einen Salat, meistens Rauke ("Rukola" ist mir zu "NEUMODISCH"!!). Jetzt mein Tipp: Ich nehme das Abtropfwasser aus der Salatschleuder als Gießwasser für die Blumen! Und zwar nicht nur deswegen, weil das Wasser sonst einfach weggeschüttet wird, sondern auch wegen der Nährstoffe, die beim Salatwaschen ins Wasser gespült werden, sie wirken wie Dünger!! Meine Blumen wachsen seitdem wunderbar! Allein was ich an Phosphat spare ist imens. Hoffentlich ist dieser Tipp nützlich für alle „FRAU VON HEUTE“-LeserInnen.
Ms. Columbo war nach der Lektüre skeptisch. Meine Rucola-Erörterung fand sie verräterisch, einfach zu starken Tobak. Reflektierte die „Frau von Heute“-Leserin jenseits der 50 wirklich über Sprachmoden?

Ich war nach dem Abschicken auch nicht mehr überzeugt. Stark fand ich dagegen weiterhin die kreischigen Ausrufezeichen an einigen Stellen, vor allem die verdoppelten. Auch auf die falsch eingesetzten Anführungsstriche war ich stolz.

Und das „LeserInnen“ am Ende schien mir eine ideale Schmeichelei für die „Frau von Heute“-Lesertipp-Redaktion zu sein, die in ihrem Frauenbild ja gewiss schon in den späten 70ern angelangt war, als das große, vermeintlich geschlechternivellierende I seinen unheilvollen Siegeszug durch Soziologiereferate, „Emma“-Texte und schließlich „taz“-Artikel anzutreten begann. Wobei man zuungunsten der Redaktion anmerken muss, dass die Rubrik „Lesertipps“ heißt und nicht etwa „Leserintipps“ oder gar „LeserInnentipps“.

Jedenfalls ging das Schreiben so raus. Dann geschah lange nichts. Bis heute – ich erhielt nämlich folgende Mail von „Frau von Heute“:

Sehr geehrte Frau Wagner,
vielen Dank für die Zusendung Ihres Lesertipps!
Der Tipp zum Thema Salatwasser hat uns so gut gefallen, daß wir ihn in der FRAU VON HEUTE Ausgabe 11 vom 9. März 2007 auf S. 37 veröffentlicht haben.
Ihre Bankverbindung hatten Sie uns ja bereits genannt, aber unsere Buchhaltung benötigt noch Ihre Postanschrift. Es kann dann bis zu vier Wochen dauern, bis Sie den Betrag über 10,- Euro erhalten. Wir möchten Sie daher um Verständnis und etwas Geduld bitten.
Mit den besten Grüßen aus Hamburg
Tja – bingo! Es ist ein gutes Gefühl, meine Mutter um zehn Euro reicher gemacht zu haben. Aus dieser Aktion würde ich nun gerne ein blogosphäreweites Stöckchen machen.


Also: Wem fallen schön bizarre Haushaltstipps ein, die trotz ihrer kaum verhohlenen Hirnrissigkeit die Firewalls der Yellow Press passieren und es wirklich bis zur Drucklegung schaffen? Übrigens haben alle einschlägigen Frauenzeitschriften aus dem Billigsegment diese Rubrik, es muss also nicht unbedingt die „Frau von Heute“ sein.

Bitte setzt mich bei jeder einschlägigen Mail auf BCC. Jede erfolgreich (am besten per Link) nachgewiesene Veröffentlichung belohne ich dann mit einer der legendär sagenhaften CDs aus meinem reichen Bestand.

Und nun auf, ihr tapferen Anarchisten des Web – zeigt ihnen, wie man aus kaputten Glühbirnen noch passable Eierbecher machen kann!


PS: Mein Tipp ist in der „Frau von Heute“-Datenbank noch nicht zu finden, aber lange kann’s ja nicht mehr dauern.

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08 März 2007

Vom Handeln mit Rezessionen

Promoterin: „Hallo, ich habe dir das neue Album von The Dingenskirchens geschickt. Planst du eine Rezession?“
Matt: „Du meinst wahrscheinlich eine Rezension.“

Promoterin: „Versteh ich jetzt nicht.“
Matt: „Eine Rezession ist ein wirtschaftlicher Abschwung.“
Promoterin (aufgeregt): „Genau das meine ich!“

Gut: Ich stelle mir also mal vor, wie es sein könnte, Rezessionen zu planen. Darin liegt, bei genauer Betrachtung, eine geniale Geschäftsidee: Ich könnte einen Im- und Exportservice aufmachen, mit Rezessionen. Man könnte sie ganz unkompliziert bei mir bestellen, und ich würde sie zeitnah liefern, sofern gerade eine geeignete auf Halde läge.

Aber wer wäre mein Zielpublikum, wer sollte mir welche abkaufen? Bin Laden vielleicht, die Taliban natürlich. Oder Hedgefonds, die prall und aufgeblasen sind vor lauter Put-Optionen.

Ich glaube, ich würde mich gleichwohl lieber teuer dafür bezahlen lassen, keine Rezessionen zu verkaufen. Ich würde mich fürs Stillhalten, fürs Wegschließen und Deponieren, vielleicht sogar fürs Entsorgen von Rezessionen bezahlen lassen, und zwar fürstlich. Von Leuten, die prall und aufgeblasen sind vor lauter Call-Optionen. Oder von Franz Müntefering.

Jau, ich glaube, so mache ich’s.

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09 Februar 2007

Suche der Sexpartner

Heute erhielt ich folgende Mail von „Wilfried Badorrek“:

Wir bedanken Sie fur die Registrierung an der Seite der intime Bekanntschaft. Wir bedanken Sie fur die Registrierung an unserer geschlossenen Seite "Suche den Sexpartner". Unser Fotograf wird innerhald 24 Stunden aufkommen, um ein frechen Foto zu machen.
499 euro wurde abgebucht. … Installieren Sie ein Zertifikat in der Anlage. Wir wunschen Ihnen viel Erfolg in der Suche der Sexpartner.

Ich freue mich schon auf den Besuch des Fotografen „innerhald“ 24 Stunden. Er wird sich mit der eindringlichen Bitte auf Rückgabe der 499 Euro konfrontiert sehen. Eventuell kann er danach seine eigene Suche der Sexpartner ein für alle mal abhaken.

(Natürlich nur Spaß. Ich bin harmlos wie ein Gänseblümchen – und lasse lieber gestandene Politiker für mich sprechen.)

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07 Februar 2007

Der Kulturstoffel

Oft treibt es uns mittags ins winzige italienische Café Centrale. Nachdem der Wirt, der uns längst duzt und mit jovialem Handschlag begrüßt, mir unlängst auf Nachfrage die Pluralform von „doppio“ erläutert hat, bestelle ich heute forsch „Zwei Espressi doppi, bitte!“

Während er sich eilfertig ans Werk begibt, nutzt der Franke die Gelegenheit zur harschen Kritik an meiner Bestellmethode. Er – ausgerechnet er, dessen seltsamen Sprachfehler man südlich des Mains völlig vergebens als „fränkischen Zungenschlag“ zu folklorisieren versucht – er also behauptet frech, sofern er geordert hätte, wäre das Ganze komplett italianisiert abgelaufen, nämlich inklusvie des Zahlworts „due“.

Ich brause sogleich auf. Nein, nein, das wäre ganz falsch gewesen, widerspreche ich erregt, zwar nicht grammatikalisch, aber aus einem anderen Grund: Gerade die komplett italienisch artikulierte Phrase, womöglich gar beendet mit einem geschnarrten „Per favore!“, hätte die Grenze zwischen höflichem Entgegenkommen und eitler, anbiedernder Affigkeit deutlich überschritten, und zwar ganz ohne Not.

Die von mir gebrauchte Mischform hingegen, so versuche ich dem Begriffsstutzigen mühsam beherrscht zu verklickern, habe dem Wirt einerseits meinen guten Willen signalisiert, ihm aber auch klar verdeutlicht, dass ich keineswegs vorgehabt habe, sein ureigenes Territorium zu okkupieren.

Von derart spitzfindigen theoretischen Unterfütterungen meines Vorgehens ist der Franke naturgemäß überfordert, weshalb er sturköpfig einfach noch mal wiederholt, wie er bestellt hätte: „Nein, duä Äsbräsi dobbi!“

Aha, also ohne „Per favore“? Banausenfranke, Kulturstoffel, Nichtsmehrmerker!, schießt es mir stakkatisch durch den längst zornesroten Kopf. Doch noch während wir uns kabbeln, bringt uns der Wirt zum Schweigen – mit zwei Doppelespressi und ebensovielen Stücken unfassbar guten Apfelmarzipanwalnusskuchens.


Die bisherigen Teile der Frankensaga
19. Der Kulturstoffel 18. Fußball auf Fränkisch! 17. Auhuuu! 16. Die Bettelblickattacke 15. Der Franke bleibt störrisch 14. Der unvollendete Panini-Coup 13. Duck dich, Sylt! 12. Auf Partypatrouille 11. Laggs auf vier Uhr 10. Der Franke ist überall 9. Die Greeb-Pfanne 8. Erste gegen dritte Liga 7. Die verspätete Riesenkartoffel 6. Der historische Tag 5. Der Alditag 4. Der Faschingskrapfen 3. Der Klozechpreller 2. Der Dude 1. Das Alte Land

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26 Dezember 2006

Die Tränen schlafender Vögel

Auf dem Weg ins Kino kommen wir am Stephansplatz an einem Buchantiquariat vorbei. Im Schaufenster fesselt uns neben dem gruselig interessanten „Röntgen-Atlas der Kriegsverletzungen“ von 1916 vor allem der „Chronologische Raupen-Kalender“.

Die augenscheinlich gut erhaltene vierte Auflage desselben stammt aus dem Jahr 1852, verheißt die „Naturgeschichte aller europäischen Raupen“ und kostet 420 Euro.


Das Schönste: Der Autor heißt ausgerechnet Christian Friedrich Vogel

Dabei fällt mir eine kleine wissenschaftliche Meldung aus der Sonntagszeitung ein. Auf Madagaskar nämlich, heißt es dort in unangemessen dürren Worten, lebten Nachtfalter, die tränken allnächtlich die Tränen schlafender Vögel.

Das geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Und wenn ich irgendwann wieder mal ein Gedicht schreiben sollte, dann werden die madagassischen Nachtfalter darin vorkommen.


Auch wenn sie natürlich nur versuchen, ihren Salzbedarf zu decken.

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20 September 2006

Die Fundstücke des Tages (26)

1. Die Raumfähre Atlantis wird gerade von mehreren unbekannten Flugobjekten begleitet, die zurzeit noch friedliche Absichten zu hegen scheinen. Vor allem das abgebildete Objekt befeuert die Fantasie. Die Nasa glaubt an eine Plastiktüte, ein Spon-Leser an eine Weltraumqualle. Unser Bürofaktotum Kramer indes vermutet, es handele sich ganz klar um eine Klobrille. Ich enthalte mich der Spekulationen, muss aber betonten, dass in dem von Ms. Columbo und mir betreuten Haushalt weder Tüten noch Klobrillen so aussehen wie auf diesem Foto.

2. Es ist immer wieder hübsch, automatische Übersetzungsprogramme an die Wand fahren zu sehen. Das putzige Worldlingo habe ich mal mit einigen Seiten dieses Blogs gefüttert. Besonders gut hat mir gefallen, wie nassforsch das Programm sogar Eigennamen übersetzt. Aus Herbert Achternbusch etwa wurde aus offenbar surrealistischen Gründen „Harsh ore figure eight shrubs". Herrlich auch „the joke has a Zottelbart".

3. Ich lese auf einer Doppelbank am Bahnhof Altona einen Artikel über Angst, es geht gerade um Kierkegaard und vor allem Martin Heideggers betrüblichen Begriff vom „Sein zum Tode“ – als mir plötzlich von hinten etwas Kleines, Feines auf die Schulter tatscht. Es ist das Händchen eines türkisches Babys, das mich quiekend anstrahlt, als ich mich umdrehe. Ich muss ebenfalls lächeln (wenn auch nicht quieken), und zwar nicht nur, weil ein Lächeln stets ein Lächeln hervorruft, sondern auch, weil dieser winzige Fratz hinter mir gerade Heidegger widerlegt.

4. Der Franke: „Ich kann Würste ohne Ende essen.“
Matt: „So? Dabei hat doch jede Wurst sogar zwei …“


Alle bisherigen Fundstücke des Tages:
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, Oh, my Google!

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06 Juli 2006

Alessandros falsche Fußballkarten

So sehr auch Fußball, Feiern, Völkerverständigung und Fahnenabsatz gewonnen haben in den letzten vier Wochen, so wenig kann die Herrin des ganzen Spektakels, die Fifa, von dieser Sympathie- und Euphoriewelle profitieren.

Nein, die Fifa ist mehr denn je der missmutige, argwöhnische, Big-Brother-hafte Krake, der uns nur dann Tickets geben wollte, wenn wir uns nackicht machten, und es selbst dann nur im Ausnahmefall getan hat (wobei ich nicht die zwei Ausnahmen für mich verhehlen will …).

Wer die Fifa veräppelt, darf deshalb auf viel Sympathie hoffen. Wie etwa der österreichische Radiosender Ö3, der – ähnlich wie das Hamburger Studio Braun – den arglosen Nutzern moderner Telekommunikation gern fiese Telefonstreiche spielt.

Auch viele andere Gags sind empfehlenswert – und nicht gar so erbarmungslos wie die des Studio Braun.

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07 Juni 2006

Die Schmäh von Cordoba

Kurz vor Beginn der Fußball-WM ist es angebracht, noch einmal einen hübsch bösen Comedyclip zu würdigen. Er ging zwar schon mal rund, aber irgendwer verpasst ihn ja immer, und das darf nicht sein.

Es ist übrigens ganz nützlich, sich zuvor noch einmal das Vorbild ins Gedächtnis zu rufen, jenes denkwürdige Spiel zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich bei der WM 1978 in Argentinien, welches als die Schmach von Cordoba in die Geschichtsbücher einging. Selbst Fußballfans, die selbige noch immer nicht verwunden haben, dürfte der Clip erfreuen – es sei denn, sie sind Nazis. Aber die stürzen sich ja nur auf meinen Blogeintrag vom 11. Februar.

Gut, hier ist sie also, die „Schmäh von Cordoba“:




Ex cathedra: Die Top 3 der satirischen Songs
1. „Everybody's makin' it big but me“ von Dr. Hook & The Medicine Show
2. „Bobby Brown“ von Frank Zappa
3. „I don't wanna sing Bob Dylan songs“ von Attersee

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05 Juni 2006

Ein ganz mieses Nie-Wo

Ich habe schon immer zum Kalauern geneigt, nicht nur über Pfingsten auf Rügen. Ein guter Kalauer ist so doof, dass er schon wieder gut ist. Natürlich muss er einen Sinn ergeben, l’art pour l’art macht ihn fad. Doppeldeutigkeit, vertrackter Hintersinn und ein inhaltlich intakter Bezug beim Verdrehen und Veräppeln eines Spruchs: All das muss ein Vertreter dieses zu Unrecht verpönten Genres schon leisten, wenn er als perfekt geadelt werden möchte. Das ist natürlich bockelschwer, und das meiste, was einem so aus dem Finger rutscht, ist höchstens schön doof, aber keinesfalls weltmeisterlich.

So ahnt man kurioserweise in der Stadt Calau, die angeblich doch seine Namensgeberin gewesen sein soll, nicht einmal, was ein Kalauer überhaupt ist. Das beweist die Rubrik „Kalauer des Monats“ auf ihrer Website, wo es viele miese Witze gibt, aber definitiv keine Kalauer. Hallo, Calau, das hier zum Beispiel ist ein echter: Was heißt Sonnenuntergang auf Finnisch? Hell-Sinki.

Zugegeben, der ist äußerst übel. Selbst ich wage mir dabei allenfalls ins Fäustchen zu lachen, obwohl ich glaube, ihn vor vielen Jahren selbst verbrochen zu haben. Oder nehmen wir den hier: Was sagte die betuchte Adlige, als sie noch einmal über ihre sündhaft teure Geschlechtsumwandlung nachsann? „Once I was rich – now I am Richard …“ Deutliche Steigerung, behaupte ich. Dennoch überlasse ich ihn gern der Beurteilung der Nachwelt. Oder: Wie könnte man die Suche nach jamaikanischen Gangstern nennen? Natürlich Rasta-Fahndung. Und so weiter.

Kalauer jedenfalls passieren mir ständig. Als wir am Freitag vor Pfingsten in Binz auf Rügen eintrafen, fiel mir als erstes ein kalauernder Werbeslogan ein, mit dem das Strandstädtchen junge Individualurlauber anlocken könnte: „Ich binz, wer sonz?“ Gut, der ist grauenhaft. Aber auch ein bisschen lustig. Für mich wenigstens. Selbst Ms. Columbo grinst meist höflich schief, wenn ich mal wieder ein Exemplar zum Besten gebe, was ungefähr täglich vorkommt. Manchmal lacht sie aber auch glöckchenhell auf, und dann weiß ich: Es war ein guter.

Die Kalaueritis wirkt sogar ansteckend. Wenn ich mich recht entsinne, ist der hier auf Ms. Columbos Dung gediehen: Wie nennt man vegetarische Rentner? Korn-Greise … Chapeau! Davon inspiriert kreierte ich – als intern Zuständiger für Schmuddeligkeiten – diesen Bruder im Geiste: Wenn alte Herrschaften Sex haben, nennt man das doch wohl … Greisverkehr. Harhar.

Der Fahrradverleih in Binz heißt übrigens „RADzfatz“. Finde ich zu bemüht, offen gestanden. Ich fühlte mich kalauertechnisch dank meines „Ich binz“ also sicher und überlegen auf der Insel. Doch kurz vor der Abreise musste ich mich düpieren lassen. Da parkte am Straßenrand ein Kleinwagen, der über und über mit Werbung vollgepflastert war, und mittendrin prunkte die Internetadresse www.ich-binz.info.

Jemand war also vor mir da gewesen. Es tröstete mich gar nicht – im Gegenteil –, als ich auf besagter Homepage auch noch diverse Volldeppenapostrophe entdeckte („Info's“, „FeWo’s“). Doch irgendwie passt das zum bisweilen abgrundtiefen „Nie-Wo“ (Arno Schmidt) dieses Beitrags. Gleichwohl möchte ich darum bitten, mir schweinische Elektropost zu ersparen. Also keine Iiiih-Mails, okay …?


(Foto: das schimpansenartige Gesicht des Fernrohrs auf der Binzer Seebrücke)

Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Inseln
1. „Island in the sun“ von Harry Belafonte
2. „Tiny island“ von Leo Kottke
3. „Bermuda“ von Jonathan Richman

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27 April 2006

Der Franke ist überall

Neulich bei der Aldi-Flanage faselte der Franke plötzlich etwas von einem „Karaoke-Sender“, und ich dachte sofort an eine Radiostation mit Instrumentalversionen gängiger Hits. Eine Horrorvorstellung, offen gesagt. Ich konnte mir auch nicht recht vorstellen, was der eigentlich für seinen zwar hoffnungslos verengten, doch akzeptablen Musikgeschmack (Giant Sand Calexico, Prince, und das war's) bekannte Franke an einem solchen Nullniveausender wohl finden könnte.

Wie immer aber war es optisch ganz anders, als es sich akustisch dargestellt hatte. Denn als ich mich umdrehte, stand der Mann vor einem großräumig verpackten HiFi-Gerät, welches in Großbuchstaben seine Funktionalität auf folgenden Punkt brachte: „Karaoke-Center“.

Warum falle ich immer wieder rein auf seine milieubedingten Zungenunfälle? Eigentlich müsste ich doch allmählich über ein eingebautes Übersetzungsprogramm verfügen, welches die verhunzten Silben, die tagtäglich aus des Franken Mund taumeln wie ein Schwarm betrunkener Dörrobstmotten, in verständliches Deutsch übersetzen. Das ist aber nicht der Fall.

Auch in meiner Abwesenheit hören die Unfälle nicht auf (warum auch?), wie mir der lebende Konsonantenverweichlicher unlängst berichtete. Diesmal stieß er allerdings an seine sprachlichen Grenzen, obwohl er sich sogar tapfer darum bemüht hatte, Weltläufigkeit zu simulieren. Wie so oft war die bedauernswerte Verkäuferin einer Konditorei im Mittelpunkt des Geschehens.

Die erstaunte Frau wurde konfrontiert mit folgender Frankenfrage: „Haben Sie Nuhgattgrosohngs?“ So weit, so viertelverständlich. Doch nicht das eigenwillig verfränkischte Französisch stieß bei der hanseatischen Verkäuferin auf Nichtbegreifen: Sie kannte das Produkt einfach nicht.


Schließlich klärte sich – mithilfe deskriptiver Annäherung und Gebärdensprache – die Sache auf. Hier in Hamburg nämlich heißt das Süßgebäck nicht Nougatcroissant, sondern angeblich Nusskipferl. Klingt zwar eher bayerisch, aber so erzählt’s der Franke. Und so verengt auch sein Musikgeschmack ist, so unverfälscht vermag er doch die kleinen Dramen seines Alltags wiederzugeben; deshalb will ich ihm mal glauben.

Selbst als wir vergangenes Wochenende in Berlin waren, gemahnte manches an das urige Redaktionsoriginal. Beispielsweise durchschritten wir schmunzelnd und seiner eingedenk eine gewisse Frankenstraße. Und wie hieß die Kneipe ebenda? Frankeneck. Wir fühlten uns gleich wie zu Hause, obwohl dies in Berlin, während man an einen nach Hamburg exportierten Würzburger denken muss, recht schräg anmutet.

Die Kneipe hatte übrigens noch nicht auf, sonst hätten wir uns dort Kaltgetränke einverleibt und gegenseitig „Dang-ge!“ zugerufen. Nächstes Mal.

Die bisherigen Teile der Frankensaga
19. Der Kulturstoffel 18. Fußball auf Fränkisch! 17. Auhuuu! 16. Die Bettelblickattacke 15. Der Franke bleibt störrisch 14. Der unvollendete Panini-Coup 13. Duck dich, Sylt! 12. Auf Partypatrouille 11. Laggs auf vier Uhr 10. Der Franke ist überall 9. Die Greeb-Pfanne 8. Erste gegen dritte Liga 7. Die verspätete Riesenkartoffel 6. Der historische Tag 5. Der Alditag 4. Der Faschingskrapfen 3. Der Klozechpreller 2. Der Dude 1. Das Alte Land

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05 April 2006

Die Greeb-Pfanne

Natürlich sind die extremen Methoden der Nahrungszufuhr das auffälligste Attribut des Franken. Doch er trägt eine weitere schwere Bürde mit sich herum, die ihn scharf trennt vom Rest der Zivilisation, zumindest der norddeutschen. Dabei handelt es sich um seine ungebrochen fränkisch eingetrübte Sprechweise. Während es den Hamburgern mit einfachen phonetischen Methoden im Lauf der Jahre gelang, mir die hessische Sprachfärbung weitgehend auszuwaschen, scheiterten sie damit beim Franken auf ganzer Linie.

Beweise dafür liefert das Faktotum täglich. Neulich standen wir mittags sinnierend vor einem Fressstand im Mercado, und der Franke orderte eine „Greeb-Pfanne“. Wir schauten ihn verwundert an, die Verkäuferin tat es uns gleich. Eine „Greeb-Pfanne“? Was sollte das sein – eine fränkische Spezialität? Doch wie konnte der Franke sicher sein, hier, im Reich des Labskaus und Frischfischs, einen Koch zu finden, der die Kunst der Zubereitung dieser exotischen Rarität beherrschte?

Alles war natürlich ganz anders, und zwar viel profaner. Allerdings konnte das Rätsel nur mithilfe einer Übersetzungstafel gelöst werden, die offenbar speziell für solche Fälle überm Tresen hing und als „Mittagskarte“ deklariert war. Eins der offerierten Gerichte war nämlich eine Crêpe-Pfanne …

Wir lachten schallend, wovon der dickfellige Franke sich natürlich nicht beeindrucken ließ. In der Regel wird die Öffentlichkeit übrigens selten Zeuge seines ethnologisch bedingten Handicaps. Wir hingegen, seine Bürokollegen, haben öfter das Vergnügen. Wie vor einiger Zeit, als der Ex-Katholik aus bis heute ungeklärten Gründen anfing, den ödesten Christenhit aller Zeiten vor sich hin zu singen.

Die meisten dieser von Vollsocken wie Manfred Siebald komponierten Langweiler sind schon beim ersten Anhören in der Lage, selbst den Gläubigsten am ewigen Leben zweifeln zu lassen. Ein möglicher Kirchenaustritt gewinnt augenblicks an Strahlkraft. Die ewige Nummer eins dieser Charts des Schreckens ist ohne Zweifel das sich seit Jahrzehnten lappig und müde durch Jugend- und Gebetskreise schleppende, offenbar unkaputtbare und selbst von den Ärzten mal gecoverte „Danke für diesen guten Morgen“.

Melodie und Refrain müssen nach dem Willen ihres unseligen Schöpfers Martin Gotthard Schneider auf einlullend leiernde Weise heruntergebrummelt werden. Warum dieser tote Strumpf von einem Lied trotzdem nicht längst als glaubenszersetzend ad acta gelegt wurde, wissen die Götter bzw. nur einer davon.

Jedenfalls überlebte das Stück, und der Franke hatte Gelegenheit, es an besagtem Morgen vor sich hin zu summen. Aber er tat es natürlich auf seine Art. „Dang-ge für diesen guden Morgen“, sang er, „dang-ge für diesen guden Tach …“


Es war, ganz ehrlich, die absolut geilste Coverversion, die ich je davon gehört habe.
Dang-ge, Frang-ge.

Die bisherigen Teile der Frankensaga
19. Der Kulturstoffel 18. Fußball auf Fränkisch! 17. Auhuuu! 16. Die Bettelblickattacke 15. Der Franke bleibt störrisch 14. Der unvollendete Panini-Coup 13. Duck dich, Sylt! 12. Auf Partypatrouille 11. Laggs auf vier Uhr 10. Der Franke ist überall 9. Die Greeb-Pfanne 8. Erste gegen dritte Liga 7. Die verspätete Riesenkartoffel 6. Der historische Tag 5. Der Alditag 4. Der Faschingskrapfen 3. Der Klozechpreller 2. Der Dude 1. Das Alte Land

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31 März 2006

Tannenzapfenzupfen (2)

(Foto via FHS Holztechnik)

Nach der erfreulichen Resonanz (Lyssa: „Gimme more!“) auf Beispiele gruseliger Promoprosa, die hier unlängst unterm Titel „Tannenzapfenzupfen“ zu lesen waren, folgt nun ein weiterer Teil.

Somit ist eine kleine Serie eröffnet; nennen wir sie einfach hinfort immer „Tannenzapfenzupfen“. So wissen Eingeweihte gleich, um was es geht. Und Novizen werden zwar die Rubrizierung nicht verstehen, sich aber doch amüsieren – sofern sie ihr täglich Brot nicht als Promoprosaverbrecher verdienen.

Wie stets gilt: Alles Blaugefärbte wurde Pressetexten zu neuen CDs entnommen; die Zitate sind komplett naturbelassen und unbehauen, stilistisch wie orthografisch. Alles andere wäre ja auch unfair gegenüber den Urhebern …

Denglisch
1. Von Burning Heart über Bad Taste über Universal bis hin zu Playground (die sie letztendlich gesignt hatten) geht das Interesse, aber auch in Künstlerkreisen sind alle angetan und pushen, supporten und featuren.

2. Chris Corner steht für persönliche face2face in Berlin und auf Tour, Phoner und mail-Interviews zur Verfügung. Genaue Interviewtage geben wir noch asap bekannt.

3. Joe Young lädt jeden 1000. Käufer nach New York ein, auf einem Beat von den "Drama Monks", die auch die Single "I Don´t Wanna Go Back" produziert haben, oder auf einen Beat von "Gambit Ent.", seine Parts zu kicken! Joe Young dazu: "Ich will mit den Leuten, die meine Alben kaufen teilen. Ich plane die Tracks, die wir in New York recorden zu Charity Zwecken zu releasen!"

Metaphern, schiefergelegt
Ein kalter Blitz schießt über den Himmel wie eine Hure, die Crack ausatmet und der vom Tod gemünzte Flügelmann gleitet von einer zur anderen Hütte und seine Mitternachtsbotschaft schmeckt nach ansteckenden Küssen.

Ex cathedra: Die Top 3 der ekligsten Bandnamen

1. Throbbing Gristle (= pulsierender Knorpel)
2. Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs
3. Kind Im Magen


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09 Februar 2006

Der Zahn della Roche

Die verehrungswürdige Fernsehfrau Charlotte Roche hat viele tolle Eigenschaften. Eine davon ist ihre Uneitelkeit.

Am Mittwochabend überzeugte sie bei Harald Schmidt auch die letzten Zweifler davon.

La Roche, 27 Jahre alt, nahm sich nämlich vor laufender Kamera ihre dritten Zähne raus. Genau gesagt: nur einen, aber einen sehr prominenten, einen Schneidezahn. Und dabei beließ sie es nicht, sondern führte noch ein kleines Kunststück vor.

Sie warf den Zahn samt anhängender Fixierungsschiene hoch in die Luft, fing das Ensemble höchst geschickt mit dem Mund auf und schob es mit ihrer offenbar voll austrainierten Zunge flugs wieder an die richtige Stelle. In ihrem nun wieder makellos restaurierten Lächeln mischten sich Verlegenheit und Stolz.

Den bemerkenswerten Clip dazu gibt es hier.


Ex cathedra: Die Top 3 der beruhigendsten Ambienttracks vor Zahnoperationen
1. „Troll valley“ von Wavestar
2. „Becalmed“ von Brian Eno
3. „Black cloud“ von Solitaire

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