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Die Rückseite der Reeperbahn

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Mein Foto
Name: Matthias Wagner
Standort: Hamburg, Germany

Schreiberling




25 Dezember 2009

Bousdoukos hat auch eine ruhige Seite

Die automatische Damenstimme in der U3 betont unsere Haltestelle irgendwie komisch.

„Nächste Station: Sankt P…AU…li“, flötet sie. Beim Diphtong hebt sie die Stimme, und zwar anzüglich. „Als wenn sie sagen wollte: ,Sie wissen schon …'“, analysiert Ms. Columbo. Ganz genau. Ein vokales Augenzwinkern. Die Hochbahn weiß eben, was sie dem Kiez schuldig ist.

Rund um die Reeperbahn herrschte heute überwiegend Feiertagsruhe. Allerdings haben wir die Herbertstraße dahingehend nicht überprüft. Allweihnachtlich sollen sich dort ja die Entrechteten und Geknechteten besonders ballen, um sich für – sagen wir – 150 Euro temporär die Einsamkeit abkaufen zu lassen.

Wir hingegen taperten quer durch die Stadt, um im Mundsburgkino Fatih Akins „Soul Kitchen“ zu gucken. Ein Film, der wirkt, als hätte er sich an einem Aufputschmittel verschluckt, so penetrant ballert er uns mit bedeutsam gemeinter Musik zu, so überdreht ramentert das Ensemble durch die Kulissen; vor allem Adam Bousdoukos
als bandscheibenvorfallgeschädigter Gastronom.

Übrigens war Bousdoukos am Dienstag, als ich mit dem Franken und Kramer beim Mercadoitaliener speiste, ebenfalls aufgetaucht und goutierte mit ein paar Freunden die hervorragenden (weil selbstgemachten) Nudeln. Allerdings machte er privat weit weniger Krach als im Film, und wäre mir „Soul Kitchen“ am Dienstag bereits bekannt gewesen, so hätte ich Bousdoukos dafür sicher ausdrücklich belobigt.

Denn kaum etwas ist mir unangenehmer, als wenn man mich beim Lasagneessen mit Deppenleerzeichen (Foto) oder Lärm behelligt, der über das eh schon dezibelintensive Geplapper und Gelaber Kramers und des Franken hinausgeht.

Zusätzlich erträglich wäre höchstens eine Damenstimme, die „Sankt P…AU…li“ flötet, doch in der U-Bahn esse ich so gut wie nie Lasagene, vor allem keine selbstgemachte.


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29 Januar 2009

Der rührende Fall des Benjamin Button

Die leicht futuristische Wippschaukel im Brauquartier erinnert mich jedes mal an ein Hündchen, das den Mond anschmachtet.

Und genauso saß ich neulich im Kino, als ich mir „Der seltsame Fall des Benjamin Button“ angeschaut habe.

Meine Herren! Das ist mal ein Film, der sogar mir – einem abgebrühten, hartherzigen, zynischen, sarkastischen Allesschongesehenhaber – dahin ging, wo andere Menschen das Herz haben.

Und danach habe ich sogar was darüber geschrieben.


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20 Januar 2009

Fundstücke (44)



Ein heißer Kinotipp für Kostenbewusste, denen es generell nicht so sehr darauf ankommt, wie ein Film ausgeht.

Das Abaton-Kino macht dieses selbstbewusste Angebot zu Clint Eastwoods Film „Der fremde Sohn““.



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13 November 2008

Das Gute an Gebrechen

Das Abatonkino liegt im Univiertel. Im großen Saal stinkt es, aber nicht eindeutig. Der Gestank ist ein hochkomplexer Mix, ein olfaktorischer Akkord.

Er setzt sich zusammen aus Käsefüßen, in den Ritzen verfaulter Nachoskäsesoße, einer Nuance von Schweiß sowie dem Haarfett adipöser Mittzwanziger.

Diesen Mix dünsten die Sesselfasern nun Molekül für Molekül wieder aus; der Vorrat reicht sicher für Jahrzehnte. Immerhin kann ich am Ekel, der mich im Abaton befällt, die tadellose Funktionsfähigkeit meiner Nase ablesen.

Anders hingegen verhält es sich mit meinen Augen: Sie funktionieren keineswegs mehr tadellos. Für Schwanzvergleiche in der Sauna etwa bin ich inzwischen zu kurzsichtig. Da könnte alles hängen, und ich fühlte mich nicht düpert.

So haben immerhin selbst körperliche Gebrechen ihr Gutes.

PS: Das Foto zeigt übrigens in Wahrheit gar nicht das Innere des Abaton, doch ich dachte, das merkt eh keiner außer ihm.


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18 August 2008

Unser Antikinokarma



Fotopingpong mit dem Don: Er stellt meiner Bilderstrecke von gestern eine eigene gegenüber, die eine idyllische Gartenszene zeigt, deren um sorglose Enten bereichertes Pendant ich wiederum just in Planten un Blomen vorfand.

Dort im Park, nur wenige Meter entfernt von Bettlern und Bordellen, wirkt St. Pauli wie eine andere Welt. Ich weiß nicht warum, doch niemals sieht man sozial inkompatible Heckenpinkler, dort lagern weder Punks noch Obdachlose, nie taumeln Betrunkene durch die Botanik, niemand missbraucht in Ermangelung einer heimischen Dusche die Wasserspiele.

Ja, es fährt nicht mal jemand Rad in diesem Park, und Hunde müssen draußen bleiben, was sie seltsamerweise auch tun – gut für alle, die mitten auf der Wiese ihr Lager aufschlagen, seien es Enten oder Picknicker.

Wir laufen stets durch Planten un Blomen, wenn wir ins Kino am Dammtor wollen, das dauert zu Fuß knapp 30 Minuten. Als wir auf den Kiez zogen, gab es hier noch diverse Kinos, und ich meine nicht die ganzen Pornoschuppen. Kurz nach unserer Ankunft aber schloss das Oasekino auf der Reeperbahn, wenig später das nicht weit entfernte Aladin.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt begann ich das Kinosterben mit unserer Anwesenheit in Verbindung zu bringen. Dabei sind wir sehr filmaffin. Nicht selten bin ich abends spontan noch rübergehuscht zur Reeperbahn, um mir als Betthupferl eine Spätvorstellung anzuschauen; ich war jung und hatte das Geld.

Doch damit war es bald vorbei; Kinos, die teils Dekaden hier überdauert hatten, sahen sich angesichts unseres Herzugs nach kurzer Zeit zum Schließen gezwungen, ein anticineastischer Fluch schien von uns auszugehen. Zuletzt erwischte es das Studio, womit sich unser schlechtes Karma also vorgekämpft hat bis in die Bernstorffstraße.

Übriggeblieben ist nur noch das gemütlich schmuddelige B-Movie, eine Schuhschachtel mit Sitzgelegenheiten, in der wacklige Edgar-Wallace-Streifen oder liebevoll zusammengeklebte und während der Vorstellung weiterhin unverdrossen reißende Trashfilme aus den 70ern oder so gezeigt werden.

Tolle Sache natürlich, doch für den neusten Film der Coen-Brüder müssen wir halt doch durch Planten un Blomen, vorbei an Enten, Kindern und kontemplativen Kiezianern, die sich hier erholen wollen vom Lärm und Ludentum um die Ecke.

Wahrscheinlich müssten wir wegziehen, um auf St. Pauli einen Kinoneugründungsboom auszulösen. Doch das kommt natürlich überhaupt nicht in Frage.


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21 März 2008

Die Farbe des Blutes



Wir haben gerade „No Country for old Men“ gesehen, einen Film mit vielen Toten, klaffenden Wunden und Knochen, die aus Unterarmen ragen.

So etwas sensibilisert. Und vielleicht fallen mir deshalb zum ersten Mal in all den Jahren die gesprenkelten roten Flecken am ansonsten weißen (nun ja: ehemals weißen) Türrahmen zum Schlafzimmer auf.

„Sag mal“, sinniere ich starren Blicks aufs corpus delicti, „ist das Blut?“ Ms. Columbo schaut hoch. „Quatsch“, sagt sie vielleicht eine Spur zu schnell, „die Türen waren doch alle mal rot. Da kommt nur die Farbe durch.“

Ich schaue immer noch hin. Die Flecken liegen ziemlich weit oben, direkt unterm Querbalken. Sie sehen aus wie eingetrocknet.

Ms. Columbo schaut auch noch mal hoch. „Ich hoffe mal“, sagt sie dann auffällig leise, „dass meine Theorie stimmt.“

Kino ist schon eine großartige Sache.

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09 März 2008

Ausverkauft

Zwischen Hamburg und Berlin herrscht herzliche gegenseitige Abneigung, das wissen wir alle. Doch auch zwischen Hamburg und dem jwd gelegenen München ist das so, wie wir gestern Abend rückschließen konnten.

Ms. Columbo und ich wollten im 3001-Kino den Tag ausklingen lassen. Wir standen in der Kassenschlange, als ein etwa 60-jähriges Trio vor uns die bittere Wahrheit mitgeteilt bekam: Ausverkauft. Die drei – zwei Herren und eine Dame – wollten sich jedoch nicht einfach so geschlagen geben.

„Aber die Herrschaften hier“, versuchte einer der Männer in scherzhafter Verzweiflung die Lage zu retten und zeigte auf das Paar an seiner Seite, „die sind extra aus München gekommen! Aus München!

Das 3001 liegt mitten im Schanzenviertel, der Hochburg der Alternativen, Hausbesetzer und Wasserwerferbewerfer. Und der Typ an der Kasse des 3001 ist ein durchaus typischer Schanzenviertler: Schlabberpulli, Haare auf dem Kragen, der erste Ansatz eines leicht aus dem Ruder laufenden Körperäquators.

„Aus München also“, grinst er das wahrscheinlich seit Jahrzehnten CSU wählende Trio mit liebenswertestem Hausbesetzerlächeln an. „Dann ist es ja umso erfreulicher, dass ausverkauft ist.“

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16 Februar 2008

„Herr Du Mont!“



Um mein Verhältnis zur Hamburger FDP komprimiert auf den Punkt zu bringen, wäre mir noch vor kurzem ein herzhaftes „Fock you!“ locker über die Zunge gegangen. Doch dann sah ich gestern im Kino diesen Wahlwerbespot mit Sky du Mont.

Er endet auf so erschütternde Weise unfreiwillig komisch, dass ich gar kurzzeitig erwog, am nächsten Sonntag aus purem Mitleid FDP zu wählen – wäre dieses Mitleid nicht noch überboten worden von einem unignorierbaren Schwall Fremdscham.

Fock und Sky bilden zweifellos das skurrilste Pärchen seit Plisch und Plum, Dick und Doof und vor allem Pat und Patachon.

Im Kino war das Gelächter natürlich groß. Könnte man den beiden keine eigene Comedyshow geben, ganz unabhängig von Wahlen? Darin dürfte Hinnerk Fock natürlich immer nur eine einzige Dialogzeile haben, und zwar „Herr du Mont!“

Immer nur „Herr du Mont!“, mit festgetackertem Grinsen. Der Brüller.

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