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Die Rückseite der Reeperbahn

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Mein Foto
Name: Matthias Wagner
Standort: Hamburg, Germany

Schreiberling




27 Februar 2010

Fundstücke (68): „Sie sparen: EUR 0,01“

1. Sehr merkwürdige Fehlermeldung meines Powerbooks:


2.
„Jeder Mensch sollte zu etwas gut sein. Manche verändern den Lauf der Weltgeschichte oder schreiben Sinfonien. Andere trinken Bier.“ Kramer über den Franken.

3. Aus der schriftlichen Einladung zur Mitgliederversammlung des FC St. Pauli: „Es unterbleibt vor und während der Versammlung der Ausschank alkoholhaltiger Getränke.“ Sag mal, FC St. Pauli, was denkst du eigentlich, wer wird sind – Prolls???

4. „Mich füttert keiner, ich kann in jede Hand beißen.“ Entdeckt bei Don Alphonso.

5. Geile Rabattaktion von Amazon, ein Killer:

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19 Januar 2010

Ein Schuss nach hinten

Zu den eher peinlichen Pannen, die man öffentlich unbedingt verschweigen sollte, gehört es, sich durch ein falsch angesetztes und danach fatal ausgeführtes Erkältungshusten eine ruckartige Verspannung im unteren Rückenbereich (vulgo: Arschbacke) zuzuziehen.

Sie, die ruckartige Verspannung, wäre allein freilich gar nicht sooo schlimm – wenn man davon absieht, dass Sitzen, Gehen, Stehen, Laufen, Bücken, Anlehnen, Treppensteigen, Reckturnen, Formel-1-Rennen-Fahren, Duschen und Sex praktisch unmöglich werden.

Nein, am schlimmsten ist es, nun nicht mehr dem Zwang zum Husten herzhaft nachgeben zu können, ohne dass einem Jack the Ripper augenblicklich einen rostigen Krummdolch in den Rücken rammt. Manchmal habe ich beim hochvorsichtigen, zaghaften Verzweiflungshusten auch das erfrischend unverbrauchte Gefühl, live einem Hüftknochenaustausch ohne Narkose beizuwohnen – und zwar bei mir selber.

Tagsüber zwingt mich dieses Handicap, dessen Auslöser – der Husten – ironischerweise zugleich seine größte Heimsuchung ist, immer wieder dazu, komplett würdelose Körperhaltungen einzunehmen, um möglichst den unteren Rückenbereich aus der Schusslinie zu nehmen. Kramer und den Franken amüsiert das selbstverständlich auf eine Weise, als gäbe ihnen Ricky Gervais eine Privatvorstellung.

Würdelose Körperhaltungen führen übrigens unmittelbar zur kompletten Entwürdigung des Betroffenen, da muss ich den beiden sogar rechtgeben. Mein lahmer Versuch, ihnen dozierend mit Artikel 1 GG zu kommen, wurde auf halber Strecke vom nächsten Huster torpediert – mit den entsprechenden Folgen (Jack the Ripper, Hüft-OP, würdelose Körperhaltung).

Neben allen oben aufgezählten Tätigkeiten geht übrigens so was wie auf dem heutigen Bild auch gar nicht, oh nein. Wann ist das denn wieder vorbei, Mama?

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25 Dezember 2009

Bousdoukos hat auch eine ruhige Seite

Die automatische Damenstimme in der U3 betont unsere Haltestelle irgendwie komisch.

„Nächste Station: Sankt P…AU…li“, flötet sie. Beim Diphtong hebt sie die Stimme, und zwar anzüglich. „Als wenn sie sagen wollte: ,Sie wissen schon …'“, analysiert Ms. Columbo. Ganz genau. Ein vokales Augenzwinkern. Die Hochbahn weiß eben, was sie dem Kiez schuldig ist.

Rund um die Reeperbahn herrschte heute überwiegend Feiertagsruhe. Allerdings haben wir die Herbertstraße dahingehend nicht überprüft. Allweihnachtlich sollen sich dort ja die Entrechteten und Geknechteten besonders ballen, um sich für – sagen wir – 150 Euro temporär die Einsamkeit abkaufen zu lassen.

Wir hingegen taperten quer durch die Stadt, um im Mundsburgkino Fatih Akins „Soul Kitchen“ zu gucken. Ein Film, der wirkt, als hätte er sich an einem Aufputschmittel verschluckt, so penetrant ballert er uns mit bedeutsam gemeinter Musik zu, so überdreht ramentert das Ensemble durch die Kulissen; vor allem Adam Bousdoukos
als bandscheibenvorfallgeschädigter Gastronom.

Übrigens war Bousdoukos am Dienstag, als ich mit dem Franken und Kramer beim Mercadoitaliener speiste, ebenfalls aufgetaucht und goutierte mit ein paar Freunden die hervorragenden (weil selbstgemachten) Nudeln. Allerdings machte er privat weit weniger Krach als im Film, und wäre mir „Soul Kitchen“ am Dienstag bereits bekannt gewesen, so hätte ich Bousdoukos dafür sicher ausdrücklich belobigt.

Denn kaum etwas ist mir unangenehmer, als wenn man mich beim Lasagneessen mit Deppenleerzeichen (Foto) oder Lärm behelligt, der über das eh schon dezibelintensive Geplapper und Gelaber Kramers und des Franken hinausgeht.

Zusätzlich erträglich wäre höchstens eine Damenstimme, die „Sankt P…AU…li“ flötet, doch in der U-Bahn esse ich so gut wie nie Lasagene, vor allem keine selbstgemachte.


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14 Dezember 2009

Wie ich meine Schokovorräte retten werde



Seit Jahren betätigt sich Kollege Kramer als skrupelloser Schokoripper. Und er wird immer schamloser.

Tagtäglich kommt er inzwischen hereingeschlurft, murmelt dumpf „Brauche Schokolade“ und öffnet hinter meinem Rücken umstandslos den Bisley, um aus der dritten Schublade von oben meine Tafel „Ritter Sport Voll-Nuß“ hervorzukrame(r)n. Davon bricht er mit der gleichen Hand, mit der er sich kurz zuvor im Schritt kratzte, eine ordentliche Rippe ab und verzehrt sie sogleich, und zwar mit der Emsigkeit eines ausgehungerten Eichhörnchens.

Das geht natürlich nicht, und ich tüftele seit längerem an Gegenmaßnahmen. Eine Zeitlang hatte ich recht großen Erfolg mit der Taktik, die Schublade, in der die Schokolade lagert, regelmäßig zu wechseln. Kramer zog die gewohnte auf, stierte dumpfen Blicks hinein, entdeckte nirgends die Süßigkeit, machte mir zeternd Vorwürfe und entfernte sich unter protestierendem Gebrabbel.

Das waren schöne Zeiten.

Irgendwann aber kam der Fuchs auf den Dreh, probeweise mal eine andere Schublade aufzuziehen, und bingo. Sein Vorgehen führt also letztlich immer zum Erfolg. Der Franke, seinerseits lange triste Jahre der bevorzugt von Kramer Gebeutelte, hat sich inzwischen gänzlich von der Schokoladenlagerhaltung verabschiedet. Er schnorrt jetzt bei Bedarf selbst ab und zu ein Stück bei der temporär anwesenden 400-Euro-Kraft.

Aufgrund dieser plötzlich versiegten Frankenquelle war ich es, der zunehmend in den Fokus Kramers geriet – mit den oben geschilderten Folgen. Allerdings glaube ich nun eine Taktik ausgetüftelt zu haben, die der Raffinesse des systematischen Mundräubers Rechnung trägt, ihn aber gleichwohl in eine psychologische Falle lockt.

In der als Ort der Verheißung fest etablierten dritten Schublade von oben nämlich deponiere ich neuerdings nur noch ein ganz klein wenig Schokolade, im Schnitt eine Drittelrippe. Die wahren Vorräte indes befinden sich nun – aufgemerkt – im vierten Schubfach.

Darauf wird Kramer nie kommen, da er ja wie üblich in der dritten fündig wird, wenngleich in einem frustrierenden Ausmaß. Er wird sich – so meine Hoffnung – im Lauf der Zeit derart über den empörenden Mangel ebenda ärgern, dass er seine Raubzüge nach und nach ganz einstellt, zumal ein bei ihm noch immer vorhandenes Quäntchen Anstand ihn erstaunlicherweise davon abhält, Reste ratzeputz zu verzehren.

Eine geniale Taktik, wie ich finde. Kramer darf nur nie erfahren, dass das Paradies inzwischen umgezogen ist und am üblichen Ort lediglich ein Köder deponiert wurde, der in gleichem Maße beschwichtigend wie frustrationssteigernd wirken soll.

Zum Glück liest er dieses Blog nicht. (Hoffentlich.)

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26 November 2008

Aug’ in Aug’ mit Muskeltürken



Auf der Balustrade der Zeisehallen (Foto) krame ich den iPod hervor. Er soll mir den Weg zum Fitnessclub mit Lieblingsmusik versüßen.

Noch während ich an den Ohrhörerkabeln nestele, sehe ich am Ende der Balustrade, wo ich vorbeimuss, eine Gruppe stiernackiger Jugendlicher herumsitzen und -stehen.

Es handelt sich um jene Art Heranwachsender um die 18, die Kramer gewöhnlich respektvoll als „Muskeltürken“ einzustufen pflegt. Sofort habe ich das Gefühl, das schneeweiße Leuchten meines iPods sei kontraproduktiv für ein schadloses Passieren des Trios, was ich natürlich innerlich sofort als paranoid missbillige.

Die Muskeltürken wiegen durchweg rund 90 Kilo bei jeweils gedrungener Statur, und ihre Gespräche ersterben, als ich mich nähere. Sie schauen mich stumm an. Einer sitzt rundrückig auf dem Boden wie eine missgelaunte Kröte und stiert zu mir hoch.

Mit einem forsch-jovialen „Hi“ versuche ich die Situation zu entkrampfen. Seine Reaktion ist vergleichbar mit der einer Wanderdüne im Winter: Er stiert mir weiter regungslos mitten ins Gesicht.

Nicht das kleinste Zucken umspielt seine Lippen. Und mein iPod liegt mir bleischwer in der Hand. Er leuchtet wie ein Halogenstrahler.

Das anhaltend stumme Stieren des Krötenähnlichen beschließe ich als Zusage für freies Geleit zu interpretieren. Betont gelassen und in mittlerem Tempo gehe ich vorbei, ohne aufgehalten zu werden. Auf der Treppe beschleunige ich den Schritt.

Gedeckte Farben würden einem iPod bestimmt auch sehr gut stehen. Ich bin mir sogar sehr sicher.

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02 August 2008

Gesichtsdrillinge (14)



Als mir jetzt das Foto links unterkam, dachte ich spontan: Wieso sitzt denn bloß Kirk Douglas in Den Haag auf der Anklagebank? Gut, an der Entstehung von Michael Douglas federführend beteiligt gewesen zu sein, war sicherlich ein böser Fauxpas, aber doch kein Kriegsverbrechen!

Kramer hingegen fragte sich: Warum sitzt denn bloß Sky du Mont in Den Haag auf der Anklagebank – oder handelt es sich doch um den Sohn von Jopi Heesters? Bei Letzterem gerieten wir immerhin in die allmähliche Nähe von Kriegsverbrechen, wenn wir uns seines Papas Rolle in einer gewissen Ära näher anschauten. Nur darf Sippenhaft heutzutage keine Option mehr sein, keinesfalls.

Am Ende atmeten wir beide erleichtert auf: Es ist doch nur ein gewisser Radovan Karadzic, der in Den Haag auf der Anklagebank sitzt. Trotzdem: Dieses entzückende Kinngrübchen, das ist eindeutig Kirk Douglas.


Oder doch Robert Mitchum?

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01 Juni 2008

Sex and the city

Als Kollege Kramer mich telefonisch zur Pressevorstellung von „Sex and the city“ anmeldete, fragte ihn die Promoterin: „Ist er schwul?“

Dennoch gelang es mir, vollkommen unvoreingenommen über dieses Erlebnis zu schreiben.


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23 April 2008

„Sie sind seltsam!“

Schon wieder einmal (neudeutsch: „einmal mehr“) habe ich mich aufgeregt. Das Ergebnis meiner Schnappatmung schlug sich umgehend hier nieder.

Auch Kramer regte sich gestern Abend auf, und zwar in einer Kneipe namens Goldfischglas. Das 2,60 Euro teure Bier wird dort in Gläsern serviert, auf denen lediglich der Kneipenname „Goldfischglas“ steht, aber nicht die Biermarke.

Kramer fragte deshalb nach der Sorte und erhielt als Antwort: „Oettinger.“ Das brachte den sowieso zum Extremismus neigenden Halsbartzausel völlig aus der Fassung. Noch heute im Büro war der arme Mann auf 180+.

„Oettinger? Diese Pisse aus dem Supermarkt? Für 2,60??? Ich will ein Becks!“, will er der Bedienung, einem Mann fernöstlicher Herkunft, hocherregt entgegengeschleudert haben.

Großartig war allerdings die Reaktion des stellvertretend beschimpften Asiaten. Zunächst entzog er Kramer das Bier. Dann sagte er: „Ich bediene Sie nicht mehl. Sie sind seltsam!“

Das freilich hätte ich dem Mann auch vorher sagen können.

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10 August 2007

Von Gefriertüten und Eiderenten

Dieser Artikel auf Spiegel online über das Glück auf einer kleinen norwegischen Insel ist fast zu kuschelig, um wahr zu sein. Doch er glänzt mit einem wunderbaren deppenbindestrichlosen Wort. Es heißt „Eiderentendaunenschulden“.

Das Wort ist nicht einfach erfunden, sondern sorgsam eingebetteter Bestandteil einer Geschichte, die fast zu kuschelig ist, um wahr zu sein.

Überraschenderweise muss man das Wort kuschelig neuerdings auch auf den sprichwörtlich rustikalen Franken anwenden. Der mit allen Weihwassern gewaschene Grobmotoriker hegt und pflegt zu Hause eine umfangreiche Sammlung von DVDs, und genau eine einzige davon hat er unlängst aus Gründen des besseren Staub- und Erosionsschutzes eingeschlagen – und zwar in eine Gefriertüte.

Für Außenstehende klingt das wahrscheinlich nicht sonderlich liebevoll; es hätte gewiss für mehr öffentlichen Applaus gesorgt, wenn der Franke eine Schmuckschatulle verwendet hätte.

Doch für uns, die wir das Pech haben, tagtäglich mit seinem landsmannschaftlich typischen Rumgepoltere und seiner unterfränkischen Stoffeligkeit konfrontiert zu werden, steckt in der übergestülpten Gefriertüte eine rührende Symbolik.

Irgendwo nämlich, tief versteckt unterm Unterfrankenpanzer, scheint doch so etwas wie ein Herz zu pochen, wenn auch sehr, sehr leise.

Die interessanteste Frage aber ist die, welcher Film denn nun in den Genuss seiner schier zärtlichen Anwandlung kam. Uns erwartet eine überraschende Antwort.

Denn weder handelt es dabei um eine Scheibe seines geliebten Harald Schmidt, noch wurde einem David-Lynch-Film die Gefriertütenehre zuteil. Nicht einmal seine „Twin Peaks“-DVDs erfreuen sich der Spezialunterbringung.

Nein: Es ist die „Sissi“-Box!

Kramer und ich starren ihn an, als übte er gerade im Baströckchen einen Balztanz für den nächsten Christopher-Street-Day. „Weil das Cover aus Samt ist!“, ruft der Franke in einem lächerlichen Versuch, sich zu verteidigen. „Alles andere kann man abwischen!“

Er hat ausgerechnet die „Sissi“-Box in eine Gefriertüte gesteckt. Das ist unglaublich kuschelig. Und hätte der Franke bei irgendjemand Eiderentendaunenschulden, ich würde sie bezahlen, eventuell.


Das Foto der Eiderentenfedern schoss Ian Walker.

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26 Juli 2007

Doping, überall

„Ich fahre nicht mehr Rad. Die sind ja eh alle gedopt“, hat Jan Ullrich der Zeitschrift L’Equipe gesagt. Er meinte das witzig. Doch der Wahlschweizer ist einfach kein Harald Schmidt – und sagt unfreiwillig nur was über sich selbst.

Apropos Chemie auf zwei Rädern: Ich plante heute bei der Leitung der Tour de France anzuregen, die beiden Führenden Rasmussen und Contador einfach allein fahren zu lassen, weil offenbar nur sie unter den absolut gleichen Voraussetzungen antreten.

Dummerweise wurde aber kurz vorm Klick auf den Sendeknopf Rasmussen rausgeschmissen, so dass mein hübscher Vorschlag verpufft. Natürlich könnte man auch Contador ganz alleine fahren lassen, was ebenfalls seine Reize hätte.

Nachteil: Die Zuschauer müssten sich um die dramatisch reduzierte Anzahl weggeworfener Trinkflaschen – die begehrtesten Toursouvenirs – geradezu prügeln. Und das kann keiner wollen; es gibt eh zu viel Gewalt auf der Welt.

Apropos Gewalt: „Ich mach das tot!“, droht der Franke lauthals dem Insekt, das gerade in einer Ritze der Fensterbank verschwunden ist. Kramer versucht die Kreatur zu retten, doch beeinflusst von jüngsten mittäglichen Diskussionen um Sein oder Nichtsein faselt der Franke sarkastische Sachen wie: „Es stirbt ja nicht, es wird nur eins mit dem Weltganzen!“

In diesem Moment wird mir klar, warum Esoteriker nicht einfach nur nette Spinner sind. Obwohl der Franke natürlich gar keiner ist, das muss hier klargestellt werden. Doch manchmal verhelfen einem auch Leute zu Erkenntnissen, die das Gegenteil derer sind, die einem eigentlich zu diesen Erkenntnissen verhelfen müssten.

Mann, was für ein mäanderndes Gefasel heute … Gerät dieses Blog etwa allmählich an seine Grenzen? Vielleicht sollte ich einfach nicht mich, sondern den Staffelstab übergeben, und zwar an Anna oder Olaf.

Obwohl auch die beiden manchmal wirken wie gedopt.

PS: Wie so oft seht das heutige Davidstraßenfoto in einem allenfalls krampfhaft herbeigebogenen Zusammenhang mit diesem Beitrag. Komischerweise ist mir das aber völlig egal.

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17 Mai 2007

Nichts als Blutgrätschen

Der Franke hat auf prominente Sportler die gleiche Wirkung wie eine professionell geworfene Bowlingkugel auf die Kegel am Ende der Bahn. Womit fing es an? Ich glaube, mit Mehmet Scholl.

Diesen von ihm verehrten Fußballer plante der Franke zu interviewen, und kaum lag der Antrag beim Management, verdrehte sich Scholl das Knie und musste eine lange Zeit damit überbrücken, Rocksampler zusammenzustellen. Außerdem verstärkte sich sein Haarausfall.

Wenig später traf der Franke den belgischen Powerbrocken Daniel van Buyten, damals noch beim HSV; nach dem Interview allerdings musste der sonst so robuste Riese sich monatelang der unnachgiebigen Strenge orthopädischer Fachleute unterwerfen.

Als Benny Lauth auf dem Höhepunkt seiner Fußballkunst nach Hamburg wechselte, bat ihn der Franke um ein Gespräch, was das sofortige Ende von Lauths Nationalmannschaftskarriere bedeutete; selbst beim HSV drückte er die Ersatzbank hinfort öfter als seine Freundin. Noch heute rätselt Lauth-Fan Kramer, warum dieser hochtalentierte Spieler sein Potential nie ausschöpfte. Ich sage dazu nur zwei Worte: DER FRANKE.

Viel furchtbarer noch traf es aber bald darauf den damaligen Shootingstar Patrick Owomoyela, der nach einem Date mit dem Würzburger Unglücksraben aus dem WM-Kader flog.

Inzwischen hat sich der voodoohafte Einfluss des Franken sogar zu einer fatalen Fernwirkung erweitert. Als ich ihn neulich fragte, wo ich Pressefotos von Bastian Schweinsteiger herbekäme, reichte das bereits aus, um den Jagdtrieb einer bayerischen Zecke zu wecken, die wie ferngesteuert Schweini biss und ihn so mit einer hartnäckigen Knieentzündung versorgte – Folge: Der FC Bayern vermasselte die Meisterschaft.

Es gibt mittlerweile sogar ernste Anzeichen für eine pandemische Ausweitung des Frankenfluchs auf nichtsportliche Bereiche: Den seit Januar spurlos verschwundenen Schriftsteller Michael Rudolf hat er nämlich auch interviewt. In diesem Fall gäbe es sogar ein Motiv: Im November 2006 verfasste Rudolf eine scharfe Polemik gegen die Franken (wie zuvor allerdings auch gegen alle anderen deutschen Volksstämme).

Bald kommt übrigens Dirk Nowitzki nach Hamburg. Ich Naivling wies den Franken heute – trotz der geschilderten Ereignisse – auf die riesengroße Chance hin, den Weltstar zu interviewen. Doch er hat nur komisch geguckt.

Der Franke könnte mit Sicherheit reich damit werden, sich von bisher verschont gebliebenen Sportlern fürs Nichtinterviewen bezahlen zu lassen. Mal sehen, wann er selbst auf diese Idee kommt.

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15 Mai 2007

Du Denkschnecke! (2)

Im Juli vergangenen Jahres versuchte ich an dieser Stelle, dem unübersehbar artikulationsschwachen Fußballer Zinedine Zidane ein Ensemble kreativer Beleidigungen an die Hand zu geben, die ihm ein für alle Mal die Peinlichkeit einer stets unfein wirkenden rein körperlichen Aktion ersparen sollten.

Bisher tat sich der feine Herr Zidane allerdings nicht als gelehriger Schüler hervor. Zizou schweigt. Offenbar gebraucht er seinen Kopf überhaupt nicht mehr, nicht mal zum Zustoßen.

Die wahrscheinlichste Erklärung: Er wartet immer noch auf bessere Vorschläge von mir und Kramer. Zum Glück wurde seither in der Tat wieder einiges zwischen uns ausgetauscht, was derart viel zur beiderseitigen Stressabfuhr beitrug, dass keiner von uns dem anderen an die Gurgel gehen musste.

Eigenartigerweise löscht Kramer aus seinen Beleidigungsmail übrigens nie seine Standardsignatur. Deshalb erhalte ich beispielsweise Schreiben folgenden Inhalts:

Du geistiges Scharmützel!

Viele Grüße

Kramer


Doch das nur nebenbei. Hier kommt nun ein komprimiertes Kompilat von Beleidigungen, für Zinedine Zidane zur gefälligen Verwendung – und natürlich auch to whom it may concern:

Kramer: Kettenölpascha!
Matt: Prallsack! Du Nanodenker!
Kramer: Sofalümmel!
Matt: Du Mopped!
Kramer: Klosteingourmet!
Matt: Wampenwölber!
Kramer: Bitchtitsblondine!
Matt: Tröpfelsitzer!
Kramer: BVB-Bumsbirne!
Matt: Sonnenbrillentussi!
Kramer: Milbenmobber!
Matt: Siffasyl!
Kramer: Du Röber!!! Du Metzelder! Du … du … du ……… Kehl!!!
Matt: Molluske!
Kramer: Freak!
Matt: Hirnsedierter Rumpeldenker!
Kramer: Fummeltriene!
Matt: Neandertalerkarikatur!
Kramer: Lachslutscher!
Matt: Intelligenzabzugshaube!
Kramer: Du Tankwart!
Matt: Bartstoppelsimulant! Du Glücksfalldenker!
Kramer: Bleistiftlutscher!
Matt: Klopapiereinsparer!
Kramer: Pinkelpause!
Matt: Sind dir jetzt alle Restsynapsen durchgebrannt, du Hirnzellenmissbraucher?
Kramer: Sprachaufrechterhalter!
Matt: Großstadthinterwäldler! Wirrling!
Kramer: Arschmondgesicht!
Matt: Du SloMo sapiens!

Wie einst im Juli lässt sich das alles hier praktisch nicht bebildern, weshalb ich mir erneut die Freiheit irgendeines Fotos nehme. Es zeigt Blumenbuchstabenreihen im Park an der Helgoländer Allee, aus denen ich aus irgendeiner dunklen Motivation heraus meine Initialen collagiert habe. Dr. Freud, übernehmen Sie (noch mal)!

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11 Mai 2007

Children of the revolution

Gestern nahm die Hamburger Polizei überall in der Stadt vorsorglich G8-Gegner hoch. Betroffen war auch der Freund eines Freundes von Kramer, was den vor Empörung sofort lodernd entflammten Kollegen solidarisch ins hart umkämpfte Schanzenviertel trieb.

Dort setzte sich Kramer umstandslos in ein Café und beobachtete die Lage bei einem Galão.

Beim Franken kann er mit dieser Vorgehensweise freilich nicht punkten. „Er hat eine Bahnsteigkarte für die Revolution gelöst!“, blökt der Würzburger heute resümierend. „Du Flaneur des Widerstands!“, falle ich ergänzend ein.

Bevor Kramer im Café seinen für jede Revolution zweifellos nütz- und dienlichen Beobachtungsposten eingenommen hatte, war er
allerdings sogar kurz in eine vergleichsweise heikle Lage geraten, das darf hier nicht verschwiegen werden.

„Ein Polizist hat mich barsch angepflaumt: Gehen Sie weiter!“, erzählt Kramer schaudernd und stolz, zumal er augenblicklich protestierend geschwiegen und sich dann betont langsam getrollt hatte; ins Café, wie gesagt. Dort begoss der tapfere Kramer seine Provokation der Staatsmacht dann mit besagtem Galão.

Derweil zogen die rund 2000 G8-Gegner mit im Schnitt 0,5 Polizisten Begleitschutz
pro Mann weiter nach St. Pauli; Ms. Columbo und mich riss die Revolution aus der Gemütlichkeit des gemeinsamen Abendessens. Vom Balkon aus sahen wir der inzwischen nur noch verbalen Schlacht zu.

Dort gab es leider keinen, bei dem wir einen Galão hätten ordern können.

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09 Februar 2007

Es stinkt

Heute geschahen merkwürdige Dinge. Zunächst waberte ein Gestank durch den Büroflur, der in mir die ernste Sorge weckte, eine Toilette könnte verstopft sein. Doch der Geruch kam nicht aus dem Sanitärbereich, sondern aus der Küche. Dort bereitete sich der Gourmetredakteur gerade ein Gericht in der Mikrowelle zu.

Praktisch parallel lief mir Kramer, der redaktionseigene Filmkritiker, über den Weg und warf mir Ungeheuerliches an den Kopf. „Mit deinem schwarzen Rollkragenpulli“, ächzte er und schaute derart angeekelt, als müsse er mit fixierten Augen Pasolinis „120 Tage von Sodom“ schauen oder das Mikrowellengericht des Gourmetredakteurs kosten, „siehst du aus wie ein FILMKRITIKER.“

Eine schlimmere Beleidigung fällt einem Filmkritiker nur in Ausnahmefällen ein. Übrigens kontrastierte mein schwarzer Rollkragenpulli heute aufs Aparteste die schimmernde Schneedecke, die gerade St. Pauli zart überzuckert. Der ganze Kiez scheint matt zu leuchten.

Er riecht auch besser als sonst.


Weitere Kramereien
Der Lacksack
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Kollateralschäden der Klimakatastrophe
Duck dich, Sylt!
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01 Februar 2007

Wie ein Lacksack

Kramer fragt sich, ob es nicht sein könne, dass der ganze Spam, der Tag für Tag auf uns einschwappt, in Wahrheit gar keiner ist.

Dass Viagra bei der Webapotheke XY wirklich nur einen Dollar pro Tonne kostet. Dass die drei geilen Schlampen, die dir den besten Sex deines Lebens versprechen – und zwar noch heute, in deiner Stadt! –, sich wirklich gerade im Nachbarhaus vorauseilend stöhnend nackich machen und auf dich warten.

Und du Idiot kriegst ihn nicht, den besten Sex deines Lebens – einfach nur, weil du glaubst, was alle Welt glaubt: Diese Mail sei Spam.

Wie gesagt: Kramers Gedankenspiel. Ich hingegen frage mich, wozu genau man eine Latex-Fruchtblase braucht, auf die ich unversehens beim Googeln nach Ichweißnichtmehr stieß und die mir im ersten Moment vorkam wie ein Lacksack. Aus den einschlägigen Sexshops an der Reeperbahn kenne ich so etwas nicht, daher mein Kompetenzmanko.

Und was macht eigentlich derjenige mit der Latex-Fruchtblase, der gerade nicht drinsteckt? Oder dient sie ausschließlich der einsamen Autoerotik? Aber wie kommt man dann wieder raus?

Ich glaube, Kramers Frage nach dem eventuell authentischen Wesen von Spam ist leichter zu beantworten.

Weitere Kramereien
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13 Dezember 2006

Der Schokoripper

Schokolade ist in der Redaktion eine bedrohte Spezies, vor allem dank Kramer. Stets schnürt er verschlagen durch die Räume auf der Suche nach der nächstbesten Rippe. Der Franke und ich leben in ständiger Alarmbereitschaft.

Ich liebe kalte Schokolade, doch sie im Eisfach zu deponieren, ist angesichts der Bedrohungslage fatal. Schließlich kann man nicht den ganzen Tag in der Küche Wache schieben. Es gibt zurzeit nur zwei halbwegs sichere Methoden, Kramer zu stoppen. Die eine: Leg eine frische Tafel ins Eisfach. Er wird sich nicht trauen, sie anzubrechen. Zu offenkundig wäre die Tat, zu klar die Spur
.

Die andere, diametrale Methode: Leg einen winzigen Rest hinein. Er wird sich nicht trauen, ihn völlig zu eliminieren. Offenbar denkt er, es fiele nicht auf, wenn er sich hie und da eine Rippe einverleibt, doch scheut er taktisch klug davor zurück, gar nichts mehr übrigzulassen; er befürchtet wohl unkalkulierbare Sanktionen seitens der Geschädigten. Zu Recht.

So belässt es Kramer beim sukzessiven, doch niemals irreparablen Mümmeln. Natürlich macht ihn jeder neu festgestellte Schwund zum Hauptverdächtigen. Genauer gesagt, gibt es überhaupt niemand sonst, auf den auch nur ein Fitzel des Täterprofils zutreffen würde. Er versucht mit diesem Generalverdacht offensiv umzugehen, wählt dabei aber oft plumpeste Methoden. Beispielsweise baut er sich vor mir oder dem Franken auf, inspiziert ungeniert unsere Bisleys und delektiert sich in aller Öffentlichkeit an den dort entdeckten süßen Schweinereien.

Damit hofft er wohl die Vermutung zu zerstreuen, er sei auch der gefürchtete Heimlichesser, und stünde hinfort nicht mehr im Fokus der Ermittlungen. Doch egal, wie Kramer agiert, er kommt immer auf sein Quantum Gummibärchen oder Halbbitter mit ganzen Nüssen.

Offene Aufforderungen, auch er möge gefälligst einmal – EINMAL! – die Vorräte auffüllen, tat er lange Jahre unwirsch ab, ehe er wirklich einmal eine Tafel mitbrachte, sie generös als vergesellschaftet deklarierte, selbst zwei Drittel davon verputzte und sodann davon ausging, er habe nun auf Jahre hinaus wieder das Recht, durch die Räume zu schnüren auf der Suche nach der nächstbesten von uns finanzierten Rippe.


Kramers Schnorrerei erreichte jüngst einen neuen Höhepunkt, und zwar, weil er seinen Begehrlichkeitskanon entscheidend erweiterte. Seit er einen neuen Rechner zu Hause hat, herrscht hier Alarmstufe Rot. Wozu CD-Rohlinge kaufen, so seine ökonomisch nachvollziehbare Überlegung, wenn doch auf Matts Schreibtisch ein ganzer Stapel davon herumliegt? Diesem Treiben, das wurde mir sofort klar, darf man keinesfalls mit der gleichen Toleranz begegnen wie dem Mundraub, der ja immer als minderschweres Vergehen galt; nein, Gleichmut ist hier keinesfalls eine Option.

So stellte ich ihn schon bald nach seinem Paradigmenwechsel (der allerdings keine Entlastung der Schokofront bedeutete, o nein) scharf zur Rede, nachdem er wieder einmal während meiner Mittagspause auf Rohlingseroberungsfeldzug gegangen war. Warum, fragte ich den Schädling schneidend, kaufe er sich eigentlich nicht selber welche, hm?

„Weil ich keine brauche“, hieß es patzig. Wenn das stimme, führte ich ihm scharfsinnig vor Augen, bräuchte er sich doch wohl kaum welche von mir zu – nun ja – borgen. Und er solle mich gefälligst bald mit Ersatzrohlingen versorgen.

Kramer, der schon während meiner Ausführungen deutliche Zeichen von Unwillen zeigte, begann ob dieses Anliegens empört zu schnauben. Dann dampfte er ab, doch nicht ohne mir Folgendes entgegenzuschleudern: „Du bist eine gierige Sau, gibt’s ja gar nicht!“

Hm. Warum habe ich jetzt bloß das Gefühl, ER sei ethisch auf der richtigen Seite? Zur Sicherheit habe ich jedenfalls eine frische, noch verschweißte Rohlingsspindel angeschafft. Wenn die Schokoladenerfahrung übertragbar ist, dann wird Kramer sich da erst mal nicht rantrauen.

Aber wahrscheinlich wächst er mit seinen Aufgaben.

Weitere Kramereien

Kollateralschäden der Klimakatastrophe

Duck dich, Sylt!

Null zu eins

Der Walabend

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01 August 2006

Kollateralschäden der Klimakatastrophe

Jetzt, wo die Hitze Atempause macht, ist die Gelegenheit günstig, über ihre Nachteile zu sprechen. Hitze nämlich ist gefährlich. Nicht nur unmittelbar, auch indirekt.

Kramer zum Beispiel schlurft seit Tagen nur noch barfuß durch die Räume, und gestern rollte ihm der Franke mit seinem Stuhl versehentlich über den linken großen Zeh.

Hätte Kramer Gummistiefel getragen oder eisenbeschlagene Straßenschuhe, wie es etwa winters durchaus Usus ist, nichts wäre geschehen. So aber brüllte er auf wie Godzilla, der gerade einen Panzerfausteinschlag im Schritt wegstecken muss.

Bestürzt stürmte ich rüber ins Nachbarbüro. „Nicht lachen“, mahnte der Franke bei meinem Eintritt beschwörend und mit ernster Miene, während Kramer durch wildes Fluchen und Herumspringen die Phase des akuten Schmerzgebrülls zu überbrücken suchte.

Keine Stunde später drang erneut ein urtümlicher Schrei aus diesem Abu Ghureib Ottensens, und wieder war unverkennbar Kramer das Opfer. Diesmal gemahnten Timbre und Ausdruckskraft seiner vokalen Eruptionen eher an King Kong auf dem Empire State Building (Remakefassung). Was war denn jetzt schon wieder passiert?

Gelassener als beim ersten Mal begab ich mich zur Erkundung der näheren Umstände hinüber. Der Franke hatte erneut diesen warnenden „Bloß nicht lachen!“-Blick, während Kramer durchs Büro marodierte wie eine amoklaufende Abrissbirne. Offenbar war er intuitiv zu der Überzeugung gelangt, es sei ein probates Mittel zur Linderung seines Leids, unschuldige Gegenstände wie Bücher, Sandalen oder halbplatte Minilederbälle in alle Büroecken zu pfeffern. Mir schien zwar spontan eine Packung Thomapyrin geeigneter, doch ich hielt schön den Mund.

Kramer jedenfalls hüpfte auf dem vor einer Stunde noch immobilen Fuß herum, was diesmal klar das rechte Pendant als geschädigt auswies. Allmählich kristallisierten sich auch vage die Details des Zwischenfalls heraus. Eine seiner Lautsprecherboxen war wohl durch letztlich unklärbare Umstände vom Tisch gerutscht und ihm dann direkt auf den rechten großen Zeh gedonnert – offenbar mit der Ecke voran, so dass sich die kinetische Energie der Box sehr effizient auf einer kleinen Stelle der Kramerschen Gesamtkonstruktion entladen konnte.

Den genauen Verlauf durch Rückfragen zu klären, kam keinesfalls in Frage. Dazu fehlte sowohl dem Franken als auch mir der Mut. So betrachteten wir stumm unser geschundenes Mitgeschöpf, welches seiner schmerzbefeuerten Wut auf Gott und die Welt und jedes Grad Celsius freien Lauf ließ und keinerlei Ansprache mehr zugänglich war.

Später, als ich noch einmal vorsichtig um die Ecke ins Nachbarbüro lugte, sah ich Kramer auf seinem Stuhl kauern und mit einem Eisbeutel hantieren. Für ein freundliches Wort war es aber immer noch zu früh. Und schuld ist wer? Die Klimakatastrophe.

Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Schmerz
1. „Hurt" von Johnny Cash
2. „Pain killer" von Turin Brakes
3. „A pain that I'm used to" von Depeche Mode

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13 Juli 2006

Du Denkschnecke!

Der Fall Zidane lässt mir keine Ruhe. Musste der algerische Dickschädel wirklich mit körperlicher Roheit reagieren? Vielleicht hat Zidane ja einfach der Wortschatz gefehlt, und sein Kopfstoß war Ausdruck artikulativer Hilflosigkeit.

Hier bieten mein Kollege Kramer und ich unsere Hilfe an. Um für ähnliche Fälle gewappnet zu sein, möchten wir dem besten Fußballer der Welt ein paar persönlich erprobte Beleidigungen an die Hand geben, die vielleicht auch einen Materazzi zum Klappehalten gebracht hätten.

Wir achten bei unseren Disputen übrigens stets darauf, nicht in die Phrasenfalle zu tappen. Eine von Generationen hochroter Streithähne totgebrüllte Beleidigung wie „Hornochse!“ ist natürlich unter unserem Niveau. Nein, es muss schon etwas origineller sein.

Und genau das – eine originelle und dennoch treffsichere Beleidigung – hätte vielleicht dem WM-Finale eine andere Richtung gegeben. Also, Zidane, aufgepasst, fürs nächste Mal:


mw: Du Merkbefreiter!

K.: Datenbankstreber! Problemredakteur!

mw: Blindie! Schlamper!

K.: Hohlspiegeldauergast!

mw: Glatzenschlumpf!

K.: Leck misch!

mw: Lieber nicht – mir fällt keine geeignete Stelle ein.

K.: Bloody Banause!

mw: Nasenbär!

K.: Lutscher!

mw: Tuckentröster!

K.: Hosenhuster!

mw: Nasenhaarvokuhila! Knautschsackfresse!

K.: Zitzenzieher!

mw: Hundehaufenbedufter!

K.: Nassauer!

mw: Gibt es Rabatt für Leute, die das Schicksal damit bestraft hat, dich lose zu kennen?

K.: Schnauze, du Mundschleimhautbakterienzüchter!

mw: Die zweite gute Tat heute wird sein, dir den Mümmeltrichter zu polieren!

K.: Wurzelsepp!

mw: Du Elendszecke! Geografielegastheniker!

K.: Weißweinsammelbesteller, Autoverkäufer!

mw: Hey, ich bestehe auf Beleidigungen, du Faktenaufzähler!

K.: Rap-Rüpel! Fliegenlandebahnkopf! Basmatireisumstülper!

mw: Standspurdenker! Bratwurst! Neidhammel! Missgönner! Glatzenkandidat!!!

K.: Du siehst aus wie ein Kilo Gehacktes!

mw: Du Halbsynapse! Du Sockenschuss! Du Denkschnecke!

K.: Textverhunzer!

mw: Alphabetschänder! Wortvermüller! Dudendilettant!

K.: Du Schüsselsprung! Du Flugangsttier!

mw: Noch ein Wort, und ich schiebe dir diese CD-Box so tief in den Enddarm, dass du kuckst wie ein adipöser Karpfen.

K.: Krämersfrau!

mw: Intelligenzamöbe! Denkvakuum!

K.: Blödmannsgehilfe!


Und so weiter. Das Foto zeigt zum Ausgleich den Vollmond von gestern Nacht, wie er einen Kran hinter der Reeperbahn umschmeichelt. Wenigstens die zwei mögen sich.

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03 Juli 2006

Duck dich, Sylt!

„Kramer, wie wär’s“, sage ich heute laut und verwegen zu Kramer, „lass uns am Wochenende mit dem Schleswig-Holstein-Ticket nach Sylt fahren und die Insel aufmischen!“

Kramer schaut mich an, als hätte ihm gerade Papst Benedikt XVI einen gemeinsamen Bordellbesuch vorgeschlagen. Denn bei ihm und auch beim Franken habe ich den Ruf einer Spaßbremse oder, anders ausgedrückt, eines ganz erbärmlichen Trinkers, und das zu Recht. Wenn andere gemächlich in Fahrt kommen, so nach drei, vier Bier, wird mir schon blümerant, und ich muss den chemischen Selbstversuch abbrechen, um nicht nachts von Übelkeit geplagt durch die Wohnung wanken zu müssen und Ms. Columbo in höchste Sorge zu stürzen.

„Wie willst du den Sylt aufmischen“, höhnt Kramer, „etwa mit zwei Bier?“ Für Kramer nämlich bedeutet feiern automatisch saufen, und aufmischen automatisch auch. „Wir könnten zum Beispiel“, rufe ich ihm unbeeindruckt zu, „Sandburgen bauen – und sie anschließend zerstören!“ Kramer kringelt sich. „Genau“, ächzt er, „Sandburgen bauen!“

„Oder“, ziehe ich den brutalsten Pfeil aus dem Köcher, „wir könnten Strandkrebse quälen! Ist das nicht aufmischen?“ Findet Kramer keineswegs. Ohne Pils keine Party – seine Meinung.

„Dann lass uns eben ins Stadtbad fahren“, dehne ich unterm Einfluss von Hochsommer und unmittelbar bevorstehendem Feierabend seine Fassungslosigkeitsgrenze bis zum Äußersten, „und Mädchen aufreißen!“ Kramer schaut den Franken mit diesem Hast-du-das-auch-gerade-gehört-Blick an, und der realisiert das alles mit zweisekündiger Verspätung, ehe er mir eine derart unverschämte Lache ins Gesicht schüttet, als sei es wirklich völlig unmöglich, in meiner Begleitung Mädchen aufzureißen.

Wahrscheinlich hat er sogar Recht.

Also trinken wir gemeinsam ein Bier, jetzt und sofort. Der Franke eine Flasche allein, ich teile mir eine mit A., nur Kramer verzichtet aus irgendeinem gegrummelten Grund. Ausgerechnet der!

Vielleicht fahren wir am Wochenende wirklich mit dem Schleswig-Holstein-Ticket nach Sylt, aber ohne Kramer. Definitiv.

Die bisherigen Teile der Frankensaga
19. Der Kulturstoffel 18. Fußball auf Fränkisch! 17. Auhuuu! 16. Die Bettelblickattacke 15. Der Franke bleibt störrisch 14. Der unvollendete Panini-Coup 13. Duck dich, Sylt! 12. Auf Partypatrouille 11. Laggs auf vier Uhr 10. Der Franke ist überall 9. Die Greeb-Pfanne 8. Erste gegen dritte Liga 7. Die verspätete Riesenkartoffel 6. Der historische Tag 5. Der Alditag 4. Der Faschingskrapfen 3. Der Klozechpreller 2. Der Dude 1. Das Alte Land


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11 Mai 2006

Null zu eins

Kramer und ich wollen unsere Fähigkeiten im Tischtennis wieder reaktivieren, wollen sie aus den Tiefen unserer neuronalen Netze hervorfischen. So etwas verlernt man ja nicht mehr, es ist nur verschüttet. Man muss das Körpergedächtnis wecken.

Entscheidend dafür ist eine Tischtennisplatte, und die haben wir unlängst auf einem Spielplatz in der Nähe der Redaktion entdeckt. Als wir mit Schlägern, Bällen und erwartungsfrohen neuronalen Netzen dort eintreffen, stellt die Platte sich als missbraucht heraus.

Eine Handvoll Erstklässlerinnen schubst darauf einen fußballgroßen Plastikball hin und her, und die Ansage eines der Mädchen („Eins zu null!“) minimiert unsere Hoffnung, in absehbarer Zeit die Spielfläche okkupieren zu können.

Trotzdem warten wir eine Weile, während der Punktestand enervierend langsam fortschreitet. Die Kinder sind offenbar angetan von ihrem öden Spiel. Also beschließen wir, den Spielplatz suchend zu umrunden – in der Hoffnung auf eine weitere, am besten freie Platte, finden aber nichts.

Alles ist da: Rutschbahnen, Drehscheiben, Reifenschaukeln, krakeelende Bälger aller Sprachen und Nationen, doch kein weiteres Rechteck mit aufgespanntem Netz. Wir postieren uns wieder in Plattennähe, um sofort einschreiten zu können, wenn die rücksichtslose Brut für eine Sekunde das Territorium freigeben sollte. „Eins zu null!“, schallt es schon wieder herüber, und wir sacken innerlich zusammen. Sie haben offenbar von vorne angefangen.

Mir wird kurz bewusst, wie die Situation auch missdeutet werden kann. Zwei erwachsene Männer mit deutlichen Alterungserscheinungen lungern an einem Kinderspielplatz herum und beobachten Vorschulmädchen beim elastischen Körperspiel. Ich versuche, möglichst antipädophil dreinzuschauen. Kramer auch.

„Eins zu null!“

Wir geben auf. Im Weggehen passieren wir eine ungefähr Vierjährige. „Du wirst irgendwann unsere Rente bezahlen müssen“, eröffne ich ihr freundlich und bestimmt, doch die Göre heuchelt Unverständnis.

Ein Tag der Niederlagen. Dabei haben wir keinen einzigen Ball geschlagen.

PS: Nein, das Bild hat keinen Bezug zu dieser Geschichte. Aber ich konnte die Kinder ja schlecht fotografieren. Spätestens dann hätte irgendjemand die Polizei gerufen.


Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Sportbezug
1. „Rummenigge all night long“ von Alain & Denise
2. „Football“ von Iggy Pop
3. „In Zaire“ von Johnny Wakelin

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17 Januar 2006

Der Walabend

Schon wieder ins Aurel, auf ein Feierabendbier. Der Dude ist nicht da. Wir warten zwei Runden, doch er kommt einfach nicht. Außer dem Franken ist diesmal auch Kollege Kramer an Bord. Da er erst noch zur Bank muss, gehen der Franke und ich schon mal vor und ordern zwei Große Freiheit.

Der endlich geldschwer dazustoßende Kramer beschwert sich sofort, weil wir ihm kein Bier mitbestellt haben. Ich erkläre ihm, wir hätten ihm schlicht ein Glas mit geschrumpfter Schaumkrone ersparen wollen. „Du hast mir also kein Bier bestellt, um mir einen Gefallen zu tun?“, argwöhnt Kramer.

Kramer ist einer jener Typen, die erheblich mehr gps (= Gedanken pro Sekunde) produzieren, als ihre Stimmbänder zu formen in der Lage sind. Entsprechend überfordert reagiert oft seine Umwelt, also meistens der Franke und ich. Eine logisch aufgebaute Argumentationskette zu entwickeln, ist in Kramers Gegenwart unmöglich. Nach dem ersten Halbsatz meint er bereits den kompletten Strang vorwegzuahnen und haut in Highspeed die vermeintliche Widerlegung raus, bei der er sich allerdings vokal völlig verfranst, weil seine Zunge einfach dem Takt seiner Synapsenexplosionen nicht folgen kann.

Dessen ungeachtet lässt Kramer verbale Interventionen keineswegs zu; zur Not bringt er mich einfach zum Schweigen, indem er mir aus nächster Nähe ein langgezogenes „Thoeeeeeeeeeeelke!“ ins Ohr blökt. Die Älteren unter uns werden sich jetzt an die Fernsehsendung „Der Große Preis“ erinnert fühlen, und sie liegen richtig. Ein von Loriot erfundener Zeichentrickhund namens Wum pflegte sein Herrchen Wim exakt so zu begrüßen – mit „Thoeeeeeeeeeeelke!“. Ich ertrage also Kramers Blöken gelassen, weil der hierarchich deutbare Subtext mir schmeichelt.

Draußen schneit inzwischen Hamburg zu. Bevor wir gehen, suche ich die karmesinrot getünchten Aurel-Toiletten auf. Walgesänge empfangen mich. Manche klingen so, wie man es von esoterischen Wohngemeinschaften oder weihrauchdurchwaberten Heilsteinläden kennt: irgendwie quiekend. Andere sind deutlich tieffrequenter und gemahnen unschön an Flatulenzen sehr großer Säugetiere. Für Toiletten ein kongenialer Sound. Und in seiner schier riechbaren Bräsigkeit ein erholsamer Ausgleich zu Kramers hibbeligem Silbenstakkato. Vorm Toiletteneingang passiert man übrigens bemalte Kirchenfenster, warum auch immer.

Große Musik, die heute durch den iPod floss: „You are my sister“ von Antony & The Johnsons, „All I have to do is dream“ von The Everly Brothers und „Trouble“ von Tortoise.


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20 November 2005

Der Friseur

Am U-Bahnhof Feldstraße gibt es den „U-Bahn-Friseur“. Er frisiert trotz seines Namens Menschen und keine Waggons. Einen Termin braucht man dort nicht, sondern stiefelt einfach rein, und wenn gerade Kunden behandelt werden, wartet man halt ein Viertelstündchen und liest den vorvorletzten Stern. Meistens aber sind Chef und Gehilfin allein im Laden, also kommt man gleich dran.

Ich bin genetisch bedingt sehr haararm und daher ein klasse Kunde, wie ich finde. Kriterium: Bitte einmal alles auf monotone zwei Millimeter, rundum und ausnahmslos. Zehn Minuten später bin ich durch, Chef sagt: „So, hätten wir’s mal wieder“, ich zahle einen Zehner, gebe einen Euro Trinkgeld, und das war's.

Neulich schor mich ausnahmsweise seine Gehilfin. Als sie fertig war, kam Chef extra aus dem Nebenraum, wo er pausierte, um es zu sagen: „So, hätten wir’s mal wieder“. Kleine Rituale des Alltags.


Doch die sind jetzt passé. Denn Kollege Kramer hat mich überredet, einen Clipper zu kaufen. Bei meiner Frisur, meint er, der selbst diese Frisur hat, könnte ich das schließlich auch selber. Und er hat Recht. Das Gerät wird sich nach sechsmal Scheren amortisiert haben. Ich muss mir nur noch angewöhnen, danach „So, hätten wir’s mal wieder“ zu murmeln.

Nicht weit entfernt vom „U-Bahn-Friseur“ liegt übrigens die Loungebar Mandalay, wo ich interessante Farb- und Formenspiele an Decken und Ecken ausgemacht habe. Voilà.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „I wish I would I would know how it feels to be free“ von John Fahey, „Somewhere in England in 1915“ von Al Stewart und „The ocean“ von Richard Hawley.


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25 Oktober 2005

Dylan (2)

Gestern nachmittag ging ich ins Büro von Kramer und dem Franken und sagte: „Liebe Kollegen, ich möchte euch darum bitten, mal für einen Moment innezuhalten. Lasset uns innehalten und der Tatsache gedenken, dass eins der größten Genies, das je unter der Sonne wandelte, sich just in dieser Sekunde ganz in der Nähe von uns aufhält und wir die unverdiente Ehre haben, diese Stadt mit ihm zu teilen.“

Die Kollegen schauten irritiert, einer zieh mich sogar eines pastoralen Tons. Doch die beiden hatten ja auch keine Karten für das abendliche Konzert von Bob Dylan. Aber ich. Auf dem Weg durchs hässliche CCH begegnete ich kurz dem Blick von Bap-Chef Wolfgang Niedecken und war recht froh, dass er nicht wusste, mit welchen Worten ich vor einiger Zeit seine Hörbuchfassung von Dylans Memoiren auseinandergenommen hatte.

Ich saß im Hochparkett (alle saßen, leider), und dennoch bekam ich die volle Ladung jener Auradusche ab, die Dylan stets aufdreht, wenn er einen Saal betritt. Näher als bei einem Dylan-Konzert kann man der Geschichte der Populärkultur nämlich nicht sein. Er spielt sein „All along the watchtower“, und diese mythosbildende Maschine namens Gehirn lässt die ganze Historie des Rock innerlich abschnurren und sagt dir, dass Jimi Hendrix ohne diesen Song um ein paar Nummern kleiner ins kollektive Menschheitsgedächtnis eingesunken wäre. Hendrix!


Und genau jener Typ, der dafür verantwortlich ist, steht in nur wenigen Metern Entfernung vor dir, ganz in schwarz und mit einem hellen Hut auf dem notorischen Wuschelkopf, er patscht auf dem Keyboard herum, raunzt „the wind began to howl“ und schickt dich unter die Auravolldusche. Und weil wir, wir alle, seine Songs okkupiert und sie in Folklore, Volksgut, Allgemeinbesitz verwandelt haben, holt er sie sich zurück, indem er sie verbiegt und zerkrächzt, indem er alle Melodien in eine fließen lässt, ob von „Simple twist of fate“ oder „Lay lady lay“, und so ihr Zombiedasein beendet und sie wieder zum Leben erweckt. Ja, er holt seine Kinder heim.


Dylan spielt keine verschiedenen Stücke mehr (obwohl seine Band die Harmonien heute abend sehr originalnah angeht und sie mit überraschendem Countryflair versieht), sondern er singt einen einzigen großen, großen Song. Am Ende steht er stumm da, wiegt sich vor und zurück, wischt sich kurz über die Nase mit unbewegter Miene und versucht es einen weiteren Tag auszuhalten, im Körper einer Legende gefangen zu sein, im Körper von BOB DYLAN.


Hinterher geht es in der
Weltbühne weiter, wo Kollege Max Dax aus Berlin Dylan-Raritäten auflegt, und der aus dem Eintrag von gestern bekannte Zeiser vom Prinz erzählt, wie er mal Dylan auf Europatour hinterher reiste und dem Sänger an einer Tankstelle in der Nähe von Wien leibhaftig begegnete. Er stand zwischen den Zapfsäulen herum, trug eine Kapuze über dem Kopf und blickte in den Wagen, aus dem heraus ihn Zeiser & Co. anstarrten. Dann ging er weg.

Lasset uns innehalten
.

Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Ringing bells“ von Mando Diao, „Valdez in the country“ von Donny Hathaway und „Sans Soleil“ von Kreidler.

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