Ständig öttelt der Sternekoch Christian Rach durch die deutsche Provinz, um kulinarische Katastrophen zu beheben und lausige Restaurants vorm Ruin zu retten. Doch wie geht es bei Rach selbst so zu, nämlich im Tafelhaus?
Mal schauen. Sein Restaurant, das in der Boulevardpresse reflexhaft unter „Gourmettempel“ subsumiert wird, liegt an der Elbe, hat einen Michelinstern und lässt ihn sich auch bezahlen, holla …
Als wir reinkommen, sitzt Cheffe auf einer Bank an der Wand, wo er traute Gespräche mit einem jungen Paar führt, offenbar Freunde. Im Gastraum herrschen dezenter Barjazz und dunkle Holztöne, hier schummert’s schön, damit das Hafenpanorama auch abends nicht von den Fensterscheiben weggespiegelt wird. Von der hohen Decke zielen Punktstrahler auf die Tischmitte; so bleiben die Gesichter der Gäste im mysteriösen Halbdunkel.
Wir stellen uns ein Drei-Gänge-Menü zusammen, die Kellnerin lächelt und notiert sich … nichts. Mich macht so etwas immer nervös. Stets bange ich bis zum erfolgreich absolvierten Serviervorgang ums Gedächtnis des Bedienpersonals. Heute Abend jedoch grundlos; schließlich sind wir hier bei Sternekoch Rach, das ist keiner, der sich sein Personal an der Unipinnwand zusammensucht, nein, wahrscheinlich hat hier jede Kellnerin mindestens Philosophie und Mathe studiert (wie er selbst).
Drüben bespaßt Rach noch immer seine Freunde. Manchmal lacht er derart laut auf, dass wir denken, wir seien im Fernsehen.
Die Portionen sind überschaubar, doch das ist nicht schlimm, denn Rach verfolgt ein raffiniertes Prinzip: Zahl drei, krieg acht. Denn immer, wenn man gerade nicht damit rechnet, eilt eine Kellnerin herbei und entrichtet einen kleinen Gruß aus der Küche. Mal ist es Brot mit Aalbutter, mal Gänseleberpastete, mal ein Champagnersüppchen mit Minze und Mango, mal ein Sortiment feinster Chocolaterie, und der Rest fällt mir nicht mehr ein.
Den Hauptgang serviert dann Rach persönlich, mit schlenkernden Armen und Fernsehstimme erläutert er Kombinationen und Ingredienzen. Was also liegt überhaupt im Argen hier im Tafelhaus? Nach langem Sinnieren fällt mir etwas ein: der Fauxpas beim Fischbesteck!
Eine Kellnerin legt es Ms. Columbo hin, obwohl doch ich den kross gebratenen Zander mit Kraut, Knöpfle und Traubenchutney bestellt habe (Foto o.) und sie die Roulade vom Kaninchen mit Backpflaumen, Rahmwirsing und gebackenem Sellerie.
Abzug in der B-Note, Herr Rach! So nicht!
Wir nehmen schließlich ein Taxi zum Kiez und werden noch lange an diesen Abend denken – das ist schon jetzt so sicher wie der kühn geschwungene Tafelhaus-Schriftzug an der roten Wand zum Klo.Labels: elbe, essen, hafen, ms. columbo, promis, tv