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Die Rückseite der Reeperbahn

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Name: Matthias Wagner
Standort: Hamburg, Germany

Schreiberling




21 Juli 2009

Der Mann im Mond und Hildegard (Wiederholung/Remaster)



Damals betrieb Hildegard die einzige Wirtschaft im Dorf. Sie war eine burschikose Wirtin, die ihre eisgraue Struppigkeit gerne schwarz eingefärbt trug. Ihr mächtiger Busen wogte über dürren, zum Oval gebogenen Beinen – ein asymmetrischer, gleichwohl imposanter Anblick. Zweimal im Jahr wackelte Hildegard zur benachbarten Kirche; an den restlichen 363 Tagen bot ihre Kneipe die Alternative zu klerikalen Pflichten.

Im Juli 1969 aber bekam Hildegard Konkurrenz vom Fernsehen, das damals noch schwarzweiß war. Wir Kinder saßen davor und machten „Ooooh!“. Verschwommen war nämlich ein Raumschiff zu sehen, dessen Spinnenbeine fast an die von Hildegard erinnerten. Es stand in einer Wüstenei, und überm Horizont hockte ein böser schwarzer Himmel. Überall fraßen harte Schatten an gleißenden Lichtkanten.

Da war eine Leiter. Und ein Mann im weißen Raumanzug, der zu schweben schien. Auf der Scheibe seiner Helmkugel spiegelte sich die Sonne. Sein Gesicht sah man nicht. Der Mann hüpfte flink die Sprossen hinab, das sah lustig aus. Mit jeder Bewegung schlierte er Lichtbögen auf unseren Bildschirm, sie verblassten nur langsam. Stimmgewirr war zu hören, Gebrabbel wie aus einem gestörten Telefonhörer – Geisterstimmen der Moderne, von quiekenden Funksignalen durchzuckt.

Der Mann schwebte sachte von der Leiter auf den Boden, er schien leicht wie eine Feder. Staubwölkchen spritzten silbrig auf und sanken schläfrig wieder hinab. NEIL ARMSTRONG: der Mann im Mond trug endlich einen Namen. Abends liefen wir raus und starrten den Trabanten an, doch er sah aus wie immer.

Es war der 21. Juli 1969. Vor 40 Jahren.

Noch lange danach nahm ich Science-Fiction-Filme nicht ernst, wenn die Bilder scharf und bunt waren. Das Wahre und das Alte: Beides hat keine Farbe. Nehmen wir die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts: Sie war schwarzweiß. „Vom Winde verweht“ in seinem obszönen Technicolor war ein Irrtum in der Zeit. Sich Chaplin oder Hitler rotwangig vor blauem Himmel vorzustellen, das hat etwas Falsches, trotz Guido Knopp.

„Das Leben ist in Farbe“, hat Wim Wenders mal gesagt, „aber Schwarzweiß ist realistischer.“ Hildegard kannte Wim Wenders nicht, aber den Unterschied zwischen Appel- und Doppelkorn. Das reichte, um an jenem Julitag zur Zweiflerin zu werden. „Aich glaawes net!", rief Hildegard im breiten Dorfdialekt, den ich mir damals gerade abzugewöhnen begann, weil man in der Schule nur mit Hochdeutsch weiterkam. „Ich glaube es nicht!“

Wir lachten uns tot. Hildegard glaubte nicht an Neil, den Mann im Mond? Dabei war er doch im Fernsehen gewesen, verhuscht und verwischt zwar, aber schwarz auf weiß! Nein, Hildegard glaubte es trotzdem nicht. Niemand fliegt einfach so zum Mond, so hoch wie der im Nichts hängt über Kneipe und Kirche, so „far far away“, wie die Slade kurz darauf aus Hildegards Jukebox plärren sollten, ehe man über Brandt und Punk und Ölkrisen, über Kohl, Cobain und Irak die Mondlandung allmählich vergessen sollte.

Nein, Hildegard glaubte es nicht. Heute, nach 40 Jahren mit falschen Hitler-Tagebüchern und echten Videokriegen, nach virtuellen Welten, dem „Unternehmen Capricorn“ und Cybersex, heute würde sich keiner mehr totlachen über Hildegard. Sie, die unbewusste Kassandra vom Dorf, misstraute dem schon früh, dem damals alle noch bewusstlos trauten: dem Bild.

Im Moon-Register des Reiseveranstalters Thomas Cook haben sich schon Zehntausende eingetragen, um baldmöglichst eine Pauschalreise zum Mond anzutreten.


Hildegard ist nicht dabei.

PS: Alles über Wahrheit und Lügen zur Mondlandung gibt es auf dieser außergewöhnlich großartigen Website von Uwe Rexin.


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29 Juni 2009

Ein Abschiedsbrief

An:
Premiere Fernsehen GmbH & Co. KG
Kundenmanagement

22033 Hamburg

Lieber Pay-TV-Sender Premiere, der du ab Juli Sky heißen wirst,

ich bin seit über zehn Jahren Abonnent deines Bundesligapakets. Dafür zahle ich momentan 19,90 Euro im Monat. Das ist nicht wenig, aber man muss Prioritäten setzen. Andere rauchen, ich gönne mir die Bundesligakonferenz. Ist trotzdem billiger – und gesünder.

Ab Juli heißt du, Premiere, nun „Sky“, und damit ändert sich einiges. Zum Beispiel kann ich, wenn ich deinen Brief richtig deute, nach Vertragsablauf mein isoliertes Fußballabo nicht mehr fortführen. Denn du, Sky, hast die schrullige Idee, mich nur noch dann Fußball gucken zu lassen, wenn ich zuerst etwas anderes von dir kaufe, was mich aber überhaupt nicht interessiert: das Sky-Basispaket.

Das ist ungefähr so, als würde ein Autohändler zu mir sagen: „Klar können Sie den Smart haben, kein Problem – aber nur, wenn Sie als Basismodell erst mal den Audi 80 kaufen.“

Ein Audi 80 ist mir aber ungefähr so pimpe wie das Sky-Basispaket. Wenn ich Filme sehen will, dann gehe ich ins Kino. Oder ich kaufe mir die DVD oder die Blu-ray, mit Untertiteln, Soundformaten, acht Sprachen, Bonusmaterial und Booklet. Dich wegen des Filmprogramms zu abonnieren, das wäre für mich genauso sinnvoll wie einen Audi 80 zu kaufen oder mit dem Rauchen anzufangen.

Der Effekt deiner schrulligen Idee wäre sehr unschön: Statt 19,90 Euro müsste ich bald monatlich knapp 33 Euro zahlen, obwohl ich auch künftig nur genau das bei dir schauen möchte, was ich seit über zehn Jahren schaue: Bundesligafußball.

Dieses neugeschnürte Angebot finde ich aber nicht nur für mich persönlich kontraproduktiv, sondern auch für dich und deine Zukunft. Denn hat nicht Premiere seit vielen Jahren das Problem stagnierender Abonnentenzahlen? Und hast du nicht genau deshalb jahrelang mit über einer halben Million Geisterabonnenten die Bilanz geschönt, was – als es aufflog – deinen Börsenkurs in den Keller und einige deiner Führungskräfte in die Wüste schickte?

Und trotzdem glaubst du, Sky, mit einer Preisverdoppelung den dümpelnden deutschen Pay-TV-Markt rocken zu können …? Das kommt mir so vor, als wollte eine Partei im September die Bundestagswahl gewinnen, indem sie einen Mehrwertsteuersatz von 38 Prozent ankündigt. Ich sag dir was, Sky: Das wird nicht klappen. Im Gegenteil: Viele Nichtgeisterabonennten, darunter auch welche, die seit mehr als zehn Jahren dabei sind, werden dir leise servus sagen. Du wirst dich nicht nur von den erstunkenen und erlogenen Kunden verabschieden müssen, sondern auch von einem Großteil deiner Stammkräfte.

Denn mal ehrlich: Die Sportschau ist auch eine schöne Sendung. Und wenn die Bundesligakonferenz wirklich mal spektakuläre Parallelbegegnungen verspricht, dann stehen mir hier auf dem Kiez ungefähr hundert Kneipen hilfreich zur Seite. Selbst wenn ich dort jede Woche hinginge und pro Halbzeit ein Astra zischte, käme ich im Monat immer noch erheblich billiger weg als mit deinem neuen Paketzwangsabo.

Und noch etwas macht mich stutzig, Sky: deine allgemeinen Geschäftsbedingungen (Foto). Die hast du in einer Schriftgröße drucken lassen, für die man eine Lupe braucht, aber auch die würde nichts nützen, denn als Farbe erwähltest du ein heimtückisches Blassgrau, das dieser Winzschrift auch noch eine Tarnkappe überstülpt.

Wer seine Geschäftsbedingungen derart vorsätzlich verschleiert, der macht sich hochverdächtig. Diese zwei eng bedruckten Seiten signalisieren mir nämlich nur eins: Du sollst uns nicht lesen können, denn hier stehen lauter Sachen drin, die dich über den Tisch ziehen sollen. Wahrscheinlich verpflichten diese Geschäftsbedingungen jeden, der sie akzeptiert, zum Verkauf seiner Großmutter. Allerdings ist das nur eine Theorie, denn ich kann sie ja nicht lesen.

Was ich mit all dem sagen will: Ich kündige.

Mit wehmütigem Gruß

Matt

(Edit 21.7.2009) Nachdem ich die oben dokumentierte ellenlange Begründung für meine Kündigung abgeschickt hatte, passierte erst mal wochenlang gar nichts, so dass ich noch einmal per Mail nachfragte. Heute nun erhielt ich auf meine
oben dokumentierte ellenlange Begründung endlich einen Brief von Sky mit der Kündigungsbestätigung, mitsamt dem absurden Satz: „Wir würden uns freuen, wenn Sie uns den Grund für Ihre Kündigung mitteilen.“ WTF???


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14 Januar 2009

Kungelchamp

Morgens erhielt ich eine Spammail mit dem verblüffenden Betreff: „So Billig Wie Noch Nie - Teure Uhren“. Eine Suchabfrage, die heute auf meine Seite führte, hieß: „iche will gehen hamburg nah stockholm mit u-bahn“.

Und die neue Band Bakkushan, von der wir alle bestimmt noch viel hören werden, begrüßte uns Montagabend im Knust mit den Worten: „Seid ihr mit uns?“

Ja, ja, jeder darf furzfröhlich rumrumpeln mit der Sprache, nur ich muss mir eine hübsche Idee verkneifen, die mir beim Fernsehgucken kam.

Denn gar zu gern schriebe ich jetzt und sofort, Nico Schwanz sei der Kungelchamp vom Dschungelcamp, doch dazu müsste der kreuzbrave Thüringer Friseur auch endlich mal damit anfangen, Intrigen zu spinnen.

Dem ist nicht so. Deshalb muss ich diesen weltmeisterlichen Wortdreher in der Schublade lassen, und kein Mensch wird je davon erfahren.

Foto: RTL/Stefan Gregorowius


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06 Januar 2009

Fernsehtipp

Die praktisch immer geöffnete Pennyfiliale an der Reeperbahn kommt hier im Blog öfter vor.

Warum das notwendigerweise so sein muss, zeigt die Spiegel-TV-Reportage „Auf der Reeperbahn nachts um 11 – Ein Supermarkt in Hamburg St. Pauli“ recht anschaulich.

Der erste Teil läuft heute Abend um 23:10 Uhr (wieder mal) auf Vox.


Foto: Spiegel TV

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15 Oktober 2008

Matt, der Restauranttester



Ständig öttelt der Sternekoch Christian Rach durch die deutsche Provinz, um kulinarische Katastrophen zu beheben und lausige Restaurants vorm Ruin zu retten. Doch wie geht es bei Rach selbst so zu, nämlich im Tafelhaus?

Mal schauen. Sein Restaurant, das in der Boulevardpresse reflexhaft unter „Gourmettempel“ subsumiert wird, liegt an der Elbe, hat einen Michelinstern und lässt ihn sich auch bezahlen, holla …

Als wir reinkommen, sitzt Cheffe auf einer Bank an der Wand, wo er traute Gespräche mit einem jungen Paar führt, offenbar Freunde. Im Gastraum herrschen dezenter Barjazz und dunkle Holztöne, hier schummert’s schön, damit das Hafenpanorama auch abends nicht von den Fensterscheiben weggespiegelt wird. Von der hohen Decke zielen Punktstrahler auf die Tischmitte; so bleiben die Gesichter der Gäste im mysteriösen Halbdunkel.


Wir stellen uns ein Drei-Gänge-Menü zusammen, die Kellnerin lächelt und notiert sich … nichts. Mich macht so etwas immer nervös. Stets bange ich bis zum erfolgreich absolvierten Serviervorgang ums Gedächtnis des Bedienpersonals. Heute Abend jedoch grundlos; schließlich sind wir hier bei Sternekoch Rach, das ist keiner, der sich sein Personal an der Unipinnwand zusammensucht, nein, wahrscheinlich hat hier jede Kellnerin mindestens Philosophie und Mathe studiert (wie er selbst).

Drüben bespaßt Rach noch immer seine Freunde. Manchmal lacht er derart laut auf, dass wir denken, wir seien im Fernsehen.

Die Portionen sind überschaubar, doch das ist nicht schlimm, denn Rach verfolgt ein raffiniertes Prinzip: Zahl drei, krieg acht. Denn immer, wenn man gerade nicht damit rechnet, eilt eine Kellnerin herbei und entrichtet einen kleinen Gruß aus der Küche. Mal ist es Brot mit Aalbutter, mal Gänseleberpastete, mal ein Champagnersüppchen mit Minze und Mango, mal ein Sortiment feinster Chocolaterie, und der Rest fällt mir nicht mehr ein.

Den Hauptgang serviert dann Rach persönlich, mit schlenkernden Armen und Fernsehstimme erläutert er Kombinationen und Ingredienzen. Was also liegt überhaupt im Argen hier im Tafelhaus? Nach langem Sinnieren fällt mir etwas ein: der Fauxpas beim Fischbesteck!

Eine Kellnerin legt es Ms. Columbo hin, obwohl doch ich den kross gebratenen Zander mit Kraut, Knöpfle und Traubenchutney bestellt habe (Foto o.) und sie die Roulade vom Kaninchen mit Backpflaumen, Rahmwirsing und gebackenem Sellerie.

Abzug in der B-Note, Herr Rach! So nicht!

Wir nehmen schließlich ein Taxi zum Kiez und werden noch lange an diesen Abend denken – das ist schon jetzt so sicher wie der kühn geschwungene Tafelhaus-Schriftzug an der roten Wand zum Klo.

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14 Oktober 2008

50 Prozent SEINER Gene



Man kann von keinem Sänger der Welt erwarten, Bob Dylans künstlerisches Gewicht zu erreichen, warum also sollte ausgerechnet sein Sohn dazu in der Lage sein?

Dank dieser Überlegung prophylaktisch milde gestimmt, kommt mir das Konzert von Jakob Dylan in der Fabrik gar nicht mehr so mittelmäßig vor, obwohl es das natürlich weiterhin ist.

Wir stehen zunächst oberhalb, dann neben der Bühne, vielleicht vier Meter von ihm entfernt, und mir wird klar, dass ich wohl niemals näher an Bob Dylan herankommen werde als an die dort drüben Gitarre spielenden 50 Prozent seiner Gene.

Zurück vom Konzert, das wir vorzeitig verlassen, rege ich an, als Betthupferl noch ein wenig „24“ zu schauen. „Aber nur eine Folge“, mahnt Ms. Columbo.

„Okay, aber eine ist keine, also können wir noch eine zweite schauen, das ist dann eine, und dann geht auch noch eine dritte, weil die zweite ja genau genommen auch keine ist“, erwidere ich.

„Wir können’s auch ganz lassen“, sagt Ms. Columbo.


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15 September 2008

Guckt Kerner!

Ich erkenne mich selbst nicht wieder und tue es trotzdem: Hiermit fordere ich weböffentlich zum morgigen Kernergucken auf.

Ja, da staunen Sie. Doch ich bin weder Masochist, noch geistig umnachtet, sondern mit Gründen gut bestückt: Denn die legendär trinkfeste Autorin Jutta Vey ist dort nicht nur zu Gast, sondern auch jetzt schon saunervös.

Dabei habe ich ihr längst den Killerratschlag schlechthin gegeben: Laaaaaaangsam sprechen. Dass er bei Frau Vey kaum Euphorie auslöste, liegt wohl an meiner lückenhaften Kompetenz auf diesem Gebiet.

Ich bin nämlich das öffentlichkeitsscheuste Geschöpf diesseits des Grottenolms und verstehe von Fernsehauftritten so viel wie eine Trottellumme vom Staubsaugen. Also: Kerner gucken! Dienstagabend um 23 Uhr, ZDF.

Lobpreisungen der Teilnehmerschar dann bitte hier in den Kommmentaren.

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31 Januar 2008

Vorboten der nächsten Klinsmania

Die Pannen der heute-Sendung werden immer süßer. Sie gewinnen sogar eine persönliche Note.

Sportmann Wolf-Dieter Poschmann saß da und wartete aufs Stichwort seiner Kollegin Petra Gerster. Die sagte auch im Grunde alles richtig auf, nur seinen Namen nicht.

Sie nannte ihn nämlich „Jürgen“, nicht „Wolf-Dieter“.

Vielleicht ist das schon ein Vorbote der nächsten Klinsmania, keine Ahnung. „Jürgen“ jedenfalls zuckte kurz, als hätte er auf eine heiße Herdplatte gefasst, ohne das zeigen zu dürfen, und grinste dann gequält.

Gerster war natürlich jetzt in einer grässlichen Lage: Livesendung, Namen des Kollegen nicht gewusst, ganz übel. Doch keine Lage ist so grässlich, dass man sie nicht mit einem kleinen Rettungsversuch noch gründlich verschlimmbessern könnnte.

„Entschuldigung“, lächelte Gerster gezwungen, „HANS-JÖRG Poschmann“.

Diesen Augenblick zeigt das Foto. Hans-Jörg. Die Würde, mit der Wolf-Dieter die finale Zerschmetterung ertrug, muss man praktisch schon wieder bewundern.

Richtig gute Freunde werden Petra und Poschi aber jetzt nicht mehr.

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11 Dezember 2007

Neuigkeiten zum Zusammenbrechen

Auf einem der Fernseher im Fitnessclub läuft n-tv. Aus der Ferne sehe ich: Das Laufband leuchtet rot, und das verweist auf sensationelle Neuigkeiten.

Was also mag passiert sein? Ist der Yellowstonevulkan endlich ausgebrochen? Die Kanzlerin zurückgetreten? Rollt ein Tsnunami auf Hamburg zu? Kehrt Michael Schumacher in die Formel 1 zurück? Hat Stoiber Nacktfotos im Playboy zugestimmt?

Neugierig eile ich hin. „BREAKING NEWS“ schreit mich das Laufband alarmistsch an; der Begriff „Eilmeldung“ ist n-tv wohl zu popelig. Aber das ist mir egal, solange die Sensation nur groß genug ist für ein ROTES LAUFBAND.

Und dann erfahre ich sie, die unfassbare breaking news, die Neuigkeit zum Zusammenbrechen: Das Spaceshuttle Atlantis startet NICHT. Sondern erst im Januar.

Muss manchmal echt hart sein, das Leben als Nachrichtensender.


(Natürlich werde ich den Teufel tun und nach den neusten Erfahrungen hier das Logo von n-tv oder etwas Ähnlichem abbilden – sondern lieber ein selbstgeschossenes unscharfes Foto von einem Spiegel, der im Fitnessclub hängt.)


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20 Oktober 2007

Ihr Logo ist gefährlich!

Von: matt
Betreff: Ihr Logo ist gefährlich
Datum: 20. Oktober 2007 02:50:16 MESZ
An: info@3sat.de



Liebes 3Sat,

seit einiger Zeit verfüge ich über einen Plasmafernseher. Er hat eine Bildschirmdiagonale von 106 Zentimetern und macht mir und Ms. Columbo viel Freude.

Es gibt nur ein Problem: Ausgerechnet beim längeren Kucken Ihres Senders, was ich gerne tue, brennt sich das 3Sat-Logo oben links in den Bildschirm ein. Wenn die weiße Drei und das brutale Rot des Kastens über Stunden die gleiche Stelle des Monitors beackern, dann verträgt das der Plasma ganz schlecht. Das geht nicht mehr richtig weg, selbst wenn ich umschalte. RTL zum Beispiel – was ich allerdings auch viel weniger kucke – macht das meines Wissens nicht mit meinem Plasma. Aber Sie, 3Sat.

Jetzt habe ich Angst, dass mein Plasma kaputt geht. Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten, das zu vermeiden: Ich muss weniger 3Sat kucken, aber das können Sie ja nun wirklich nicht wollen. Oder Sie gestalten ein dezenteres Logo. Noch besser wäre es, das Logo schliche gemächlich über den Bildschirm, so dass es einmal oben links zu sehen ist wie momentan, ein andermal aber oben rechts und dann wieder zurück. Wenn Sie mich fragen, wäre eine schneckenhafte Kriechbewegung über die ganze Breite des Bildes die beste Lösung. Also eine Art Wanderlogo.

Ich nehme stark an, Sie präferieren nach diesen Ausführungen meinen zweiten Vorschlag. Bitte sagen Sie mir doch, ab wann Sie ihn umsetzen werden, damit ich weiß, wann ich wieder stundenlang 3Sat kucken kann. Das tue ich nämlich sehr gern, vor allem Nano, Kulturzeit und diese ganzen Dokumentationen. Ich bräuchte im Grunde gar kein anderes Programm als 3Sat, aber nur, wenn es meinen Plasma nicht kaputtmacht.

Auf Ihre Antwort freut sich
Matt

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19 September 2007

Ein feuchter Eckenpinklertraum

Als ich heute auf eine CD stieß, die der Praktikant in der Datenbank als „mongolisches Obertonjodeln“ kategorisiert hatte, wusste ich: Ich brauche Urlaub. Dringend.

Zum Glück geht es übermorgen los. Weg, nichts wie weg, nach Süden, wenn auch nur den Süden Deutschlands. Doch noch ist es nicht so weit, und ich sitze abends einsam im Kiezbeach auf der Reeperbahn, weil meine Verabredung A. absagt. Er muss „länger arbeiten“. Klassiker.

Dann verliert auch noch der SV Werder Bremen in Madrid, vom Nebentisch weht zusammenhanglos der Satz „Ich bin kein Linker, aber ich mag diese Musik“ herüber, und ich schlurfe alsbald mäßig begeistert um die Ecke nach Hause.

Dort lässt mir ein kurzer TV-Check den Atem stocken. Auf DSF sind sie offenbar wild erpicht, das 9Live-Niveau zu pulverisieren. Eine der DSF-Abzockshows ist nämlich in der Rolle der Erwartungsmoderatorin besetzt mit einer umgerechnet zwei Cent billigen Blondine, die sie in der Davidstraße glatt zum Teufel jagen würden – derart nuttig in einem rosa Bikini herumhängende Brüste zur lila Lackhose gingen selbst auf den Strich nicht durch, niemals.

Doch es wird noch schlimmer: Diese Karikatur eines feuchten Eckenpinklertraums ist schwer erkältet. Sie krächzt vor sich hin. Sie muss ständig husten. Und man fragt sich automatisch und bang: Wohin soll das alles noch führen? Zu Leprakranken, die uns ihr Schamlippenpiercing entgegenstrecken, während sie hirntote Quizfragen vor sich hinbrabbeln und ein paar Kröten ausloben, die allenfalls in einem Paralleluniversum ausgezahlt werden?

Mit diesen Gedanken lege ich mich schlafen und hoffe wider besseres Wissen auf angenehme Träume. Halleluja.

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23 Juli 2007

Fundstücke (34)

1. Neulich schlenderte ich durch die Kastanienallee, wo auch das bezaubernde Bordell Leierkasten seinen triebgenerierten Betrieb betreibt. Im Schaufenster meines Whiskyhändlers bemerkte ich im Vorübergehen ein hübsch dekoriertes Flaschenarrangement. Allerdings war mir die Marke des Alkoholikums völlig unbekannt: Es hieß „Ficken“.

Das Stöffche dürfte unabhängig von seiner objektiven Qualität vor allem in die Mallorquiner Schinkenstraße passen wie die Faust aufs Maul – Sangria war gestern. Auf der Webseite des Hersteller wird übrigens gerade ein „Rückenetikettenspruchwettbewerb“ durchgeführt, was ich vorbehaltlos unterstütze, weil der Fickenlikörhöker es mit dieser Schreibweise überraschend schafft, in keine der aufgebauten Deppenbindestrichfallen zu tappen. Kompliment.

2. Arne Beekmann vom Hannoveraner Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung sucht für eine wissenschaftliche Studie Leute, die schon einmal private oder kommerzielle Blogs genutzt haben. Betroffen sind also quasi alle, die hier mitlesen. Wer mag, kann den Fragebogen ausfüllen; habe ich auch getan. Und warum? Weil’s der Wahrheitsfindung dient.

3. Neulich lieferte GP mit dem Satz des Tages auch zugleich eine neue Diagnosemethode: „Ich vergesse immer, wo ich parke – Parkinson!“ Genial.

Dazu passt ein hübscher Patzer der Sportstudiomoderatorin Katrin Müller-Hohenstein vom letzten Samstag. Im Interview mit dem Formel-1-Küken Sebastian Vettel informierte sie ihn so gekonnt wie nebenbei über ihre Sachkenntnis in Sachen Motorsport: „Immer nur testfahren ist auch nicht gut – irgendwann braucht man auch mal Fahrpraxis.“

Sie weiß offensichtlich nicht, dass wahrscheinlich niemand auf der Welt mehr Kilometer runterreißt als ein Formel-1-Testfahrer. Zu Vettel fällt mir übrigens sofort der passende Song ein: Paul Simons „Baby Driver“, hier auch zum Reinhören.

4. Als ausgewiesener Kalauerfan muss ich diesem Schlusssatz einer Promotermail von heute höchsten Respekt zollen: „Yehudi desto Menuhin!“ Doch genug des Lobes – demnächst gibt es zum Ausgleich wieder mal eine Reihe von Fehlleistungen jener Berufsgruppe. Freut euch drauf.

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01 Juli 2007

Warum ich nicht in einer Dokusoap mitspiele

Morgen um 18 Uhr startet auf RTL II eine neue tägliche Dokusoap über den Alltag auf St. Pauli. Sie heißt „Mein Kiez“.

Das erwähne ich nicht nur, weil sie eine hübsche Ergänzung zu diesem Blog sein könnte, sondern auch, weil ich vor einigen Wochen gefragt wurde, ob ich nicht selber mitspielen möchte.

Wollte ich nicht. Mein Durchschnittsgesicht gehört mir, da gehört es hin, und das kriegt auch in diesem Blog niemand zu sehen.

Der wichtigste Grund aber war der: Ich hätte angesichts einer Kamera bestimmt nur hochrot rumgestottert, idiotisch gegrinst und insgesamt gewirkt wie ein grenzdebiler IQ-Abstinenzler.

Vor allem mir selber mochte ich das nicht zumuten (für den Rest der Welt wäre das womöglich unterhaltsam gewesen). „Aber stell dir mal die explodierenden Zugriffszahlen auf dein Blog vor!“, charmierte mich Andreas, über den die Produzentin von „Mein Kiez“ mich kontaktiert hatte.

Ja, wirklich reizvoll. Wenn man aber meine Abneigung in Relation setzt zu vielleicht tausend Klicks mehr, dann verhält sie sich wie der Pazifik zu einer Urinpfütze am Rande der Reeperbahn.

Und nicht weit davon entfernt – nämlich in der Wohlwillstraße – ist das heutige Foto entstanden.

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21 Februar 2007

Streit um den Pornobalken

Während der Fußballübertragung Madrid gegen Bayern streite ich mich mit meinem Begleiter A. über die genaue Ausformung jenes Bartes, den man gemeinhin als „Pornobalken“ bezeichnet. Für mich ist das etwas Buschiges, Horizontales, welches eine scharfe Begrenzung zwischen Nase und Oberlippe bezeichnet, wobei es den Verlauf der Letzteren recht exakt nachzeichnet, sie aber keineswegs umschließt (links).

A. allerdings beharrt störrisch auf etwas Kuranyihaftem (rechts), also auf einem Bartverlauf, der auch das Kinn umrandet. Noch während ich mich echauffiere über diese ungeheuerliche Behauptung, reklamiert A. eine Kernkompetenz für sich, die aus gewissen beruflichen Erfahrungen herrührt.

Er habe nämlich, führt er aus, einst in dem Film „Trommelfeuer aus der Sackkanone“ den plötzlich versagenden Hauptdarsteller würdig vertreten, und zwar zur Zufriedenheit aller, vor allem der Hauptdarstellerin. Daher wisse er sehr genau, was unter einem Pornobalken zu verstehen sei, jawohl.

Von soviel Sack- … äh, Sachkenntnis überwältigt, erwäge ich einen Augenblick lang, klein beizugeben, doch das ist einfach nicht meine Art. So steht es in Ermangelung einer objektiven neutralen Instanz am Ende Remis. Zu Hause muss ich natürlich trotzdem zwanghaft googeln nach dem „Trommelfeuer aus der Sackkanone“ – vor allem um herauszufinden, unter welchem Pseudonym A. damals den Hauptdarsteller gedoubelt hat. Dirk Diggler? Bud Naked? Benny Behind?

Allerdings stoße ich nur auf Seiten, die lustige Filmtitel auflisten, darunter „Der Greis ist heiß“, „Kuck mal, wer da schluckt“, „Vegetarierinnen zur Fleischeslust gezwungen“ oder „Kung Fu Fisting“. All das hilft mir natürlich nicht entscheidend weiter. Ich muss wohl das Remis akzeptieren. Wikipedia allerdings gibt mir qua Beschreibung recht, obwohl auch dort die „smoking gun“, also die Abbildung, fehlt.

Ich muss jetzt unbedingt diesen Film auftreiben, aus diversen Gründen.


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16 Februar 2007

Axel Schulz hatte wirklich ein Problem

Heute enthüllte der 38-jährige Boxerimitator Axel Schulz etwas Unfassliches: einen Schlaganfall.

In diesem Blog kamen schon im November, nach seiner fürchterlichen Ringblamage, bestimmte Verdachtsmomente auf, und zwar anhand der Fernsehbilder.

Natürlich gelang mir keine korrekte Diagnose, ich bin ja kein Arzt. Die Fehlstellung seiner rechten Hand aber erinnerte mich damals an Gicht oder Rheuma. Doch es war, wie sich heute herausstellte, noch viel schlimmer: ein Apoplex.

Vielleicht sollte ich umsatteln – vom Bloggen zur Ferndiagnose.

Ist auch viel lukrativer.

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15 Februar 2007

Attacke auf Senait

Heute Abend kam das NDR-Magazin Zapp mit einer Sensation um die Ecke: Senait Mehari, die mit ihrer grausigen Lebensgeschichte als Kind im Krieg zwei Buchbestseller gelandet hat („Feuerherz“, „Wüstenlied“), habe nie geschossen oder an der Front gestanden.

Ja, unfassbar – nur steht das genauso auch in Senaits Büchern. Offenbar ist das Zapp aber nicht genug. Ein bisschen Töten hätt’s wohl schon sein dürfen, damit sie den gruseligen Adelstitel „Kindersoldatin“ auch führen darf. Zapp hat sogar generelle Zweifel – und Zeugen.

Ominöse Leute, die einst mit ihr zusammen waren, behaupten nun, das sei damals gar kein militärisches Lager gewesen, wo Kinder zu Soldaten gemacht wurden, sondern eine Art Schule. Und Senait, die heute kochend vor Wut in der Redaktion auftauchte, wo ich ihr die NDR-Pressemeldung zu lesen gab, Senait also würde diese Zeugen sehr gerne sprechen, sie herausfordern, in aller Öffentlichkeit. Aber die wollen nicht oder sind unabkömmlich, sagt Zapp.

Dabei wären ihre Interessenlagen vielleicht hochbrisant. Einer etwa soll laut Senait der islamistisch geprägten Rebellenorganisation EFL (Eritrean Liberation Front) angehören. Dass dieser Mann die Glaubwürdigkeit eines Ex-Models, das frei herumläuft und gegen die einstige EFL-Praxis wettert, Kinder zu Soldaten auszubilden, liebend gerne pulverisieren möchte, dürfte klar sein.

Leider war so etwas Zapp egal. Lieber hat die Redaktion in hübscher Kleinarbeit Interviewfetzen von Senait so perfide zusammengeschnipselt, als hätte sie gleichsam ein Geständnis abgelegt.

Zur Klarstellung: Ich kenne Senait seit zwei Jahren, ich mag diese temperamentvolle „Buschtante“ (sie über sich), ich bin auf ihrer Seite. Nicht jede ihrer Erinnerungen mag exakt stimmen – wie könnten sie das auch? Die Ereignisse liegen mehr als ein Vierteljahrhundert zurück, sie war damals ein kleines Kind, und ja, sie verwechselt in ihrem Buch Koyoten mit Hyänen.

Doch das, ein paar dubiose Zeugen, die sich vor ihrer Wut verstecken, und ein tendenziös geschnittener Zehnminutenfilm können nichts daran ändern: Dass ich ihr glaube – und froh bin, dass sie niemals einen Menschen erschossen hat.

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02 Februar 2007

Fundstücke (32)

1. „Wir hatten Glück in der Liebe und Spiele im Pech“ heißt es wunderschön verquer in Tom Liwas Song „Apfelkern“, den der tolle Songschmied fürs Comebackalbum seiner verschrobenen Indieband Flowerpornoes geschrieben hat. Die CD heißt „Wie oft musst du vor die Wand laufen, bis der Himmel sich auftut?“, und genau das habe ich mich auch schon mehrfach gefragt, wenngleich in etwas anderer Wortwahl. Wer übrigens wissen will, bis zu welchem Alter die männliche Pubertät anhält, erfährt das in meinem (leicht angejahrten) Liwa-Interview.

2. Während des Fitnesstrainings schaue ich MTV und muss mir anhören, wie Popsternchen Christina Aguilera ihren neuen Lieblingswitz erzählt. Er geht so: Wie ruft man einen Hund ohne Beine? Gar nicht – er kommt ja eh nicht. Die unterirdische Qualität dieses Witzes hat seine Verbreitung kaum behindert, wie man in manchem Blog nachlesen kann. Und jetzt auch in meinem, Shit.

3. Kein Wunder, dass mir bei Aguilera Kurt Tucholsky einfällt: „Der Mensch ist ein Lebewesen, das klopft, schlechte Musik macht und seinen Hund bellen lässt. Manchmal gibt er auch Ruhe, aber dann ist er tot." Hat Tucho gesagt, ohne Aguilera zu kennen. Ein Visionär.

4. Bayern München sollte nach dem heutigen 0:3-Desaster in Nürnberg sofort den Trainer wechseln. Ich wüsste auch den richtigen: Thomas Doll.

5. Bei jenem Zeitgenossen aus dem westfälischen Holzwickede, der um 18:41 Uhr über die Google-Suche „lange gespreizte Frauenbeine“ auf meinem Ritzen-Eintrag stieß, habe ich mich gefragt, warum er nicht lieber die Google-Bildersuche bemüht hat. Gleichwohl hatte er Glück, denn mein Eintrag offerierte ihm wirklich lange gespreizte Frauenbeine in Wort und Bild. Dennoch zog er, offenbar unbefriedigt, schon nach 54 Sekunden wieder von dannen. Wie kann ich bloß die Menschen mehr an mich binden? Ich weiß es nicht.

Alle bisherigen Fundstücke: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, Oh, my Google!

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28 Januar 2007

Jarvis kann Deutsch

Ein knallbunter Konzertsamstag, wie er nur auf St. Pauli möglich ist. Er beginnt nachmittags gegen 16 Uhr. Ich schaue mir die Berliner Prollrapper B-Tight und Sido im Grünspan an, was sich merkwürdig anfühlt, weil die meisten im Publikum meine Kinder sein könnten.

Trotzdem packt mich der Beat, denn wenn Drums und Bass rhythmisch mit den wilden Wortkaskaden der Rapper verschmelzen, hat das eine seltsame archaische Kraft, der man sich physisch kaum entziehen kann.

Intellektuell schon, denn Sido rotzt Sachen raus wie: „Ich behalt alles für mich, ich geb nie ab, ich scheiß auf Mitleid und Gefühl, ich geb nen Fick, ich bin unberechenbar.“ Vor allem stört mich natürlich der Anglizismus „Ich geb nen Fick“, doch das ahnten hier manche sicher schon.

Schon Freitagabend war ich von Fußballreporter Oliver Forster entsprechend geeicht worden. Kurz vor Schluss hatte er nämlich gruselig herumanglisiert: „Noch zwei Minuten zu gehn.“ Ein Deutschlehrer täte ihm gut, dem Forster (der übrigens in meiner Tipprunde mitspielt).


Abends erzählt uns Pulp-Legende Jarvis Cocker beim Konzert in der Großen Freiheit dann von seinem Deutschpauker. Der trug angeblich eine einzelne weiße Strähne im Haar, die aussah wie Vogelschiss. Immerhin brachte dieser Lehrer ihm Begriffe bei wie „Spiekley mid Bradkardoff'ln“.

Übrigens ist Jarvis auch schlagfertig. Er braucht keine Zehntelsekunde, um den Ruf „Don’t fuck it up!“ aus dem Publikum lakonisch mit „Too late“ zu kontern. (Ich frage mich gerade, wie Sido „Don’t fuck it up“ übersetzen würde – vielleicht mit „Verfick’s nicht“?)

Danach geht es ins Knust, wo ein kleines Festival stattfindet. Die erste Band ist schon durch, doch alsbald betritt der spröde Schwede Kristofer Åström die Bühne, um ein 90-minütiges Vollkonzert zu zupfen, was mir – ausgelaugt von B-Tight, Sido und Jarvis – zusehends die letzten Kräfte raubt. So sieht man mich in den letzten 20 Minuten vor der Theke auf der Couch sitzen, wo ich Bier trinke und versuche, im Halbdunkel Hinnerk zu lesen.

Irgendwelche transferierbare Erkenntnisse für mein Heteroleben gewinne ich nicht, und ich radele nach Hause und gucke noch stundenlang „Schlag den Raab“. Erkenntnisgewinn dort: Raab kann nicht rechnen – was ProSieben satte 1,5 Millionen Euro kostet. Autsch.

(Dieser Eintrag ist übrigens nichts anderes als eine ebenso latente wie wortreiche und absolut überzeugende Rechtfertigung dafür, gestern nichts gebloggt zu haben.)

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20 Januar 2007

Weg mit den Wischmopps!

Statt dezent herausgeputzten Privatiers vorauseilenden Alters begegnen wir nun wieder torkelnden Schnorrern in Kapuzensweatshirts – ja, wir sind zurück auf dem Kiez.

Zuvor waren wir im Karlsruher Bahnhof auf einen Stand gestoßen, der neben allerlei badischen Spezialitäten auch „Schmalz ohne Schwein“ darbot. Und unterwegs, im Zug irgendwo zwischen Frankfurt und Kassel, hatte der Himmel an einer mächtigen Skulptur gebaut; einer Drohkulisse aus Sturmerinnerung und Frühlingsahnung.

Nach der Fernseherfahrung der letzten drei Tage fordern wir übrigens ultimativ, mindestens ein Jahr lang keine zerzausten Außenreporter mehr sehen zu müssen, die phallische Wischmopps zutexten und vor der Schalte extra ihren Pferdeschwanz gelöst haben, um sich während der Übertragung ständig die Haare aus dem Gesicht fuchteln zu müssen.

Wäre das möglich, ihr n-tvs und RTLs und wie ihr alle heißt? Selbst wenn's mal wieder weht?

Danke SCHÖN.

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09 Januar 2007

Das Gekrissel ist weg!


Stolz wie Charles Lindbergh nach seinem Atlantikflug verkünde ich feierlich den erfolgreichen Anschluss einer DVBT-Antenne, führe debil lächelnd die unfassbare Bildverbesserung vor und erwarte das Tosen frenetischen Beifalls.

Ms. Columbo guckt und sagt: „Ich sehe keine Verbesserung.“ Dann wendet sie sich wieder ihrer Lektüre zu.

„Moment mal!“, empöre ich mich, „das Gekrissel ist weg! Aber so was von! Das Bild ist scharf wie ein japanisches Samuraischwert, schau doch mal hin!“

Mir zu Gefallen tut sie es noch mal. Doch sie sieht nichts. Auch vorher, in der dumpfen Ära des analogen Kabelempfangs, hat sie schon kein Gekrissel gesehen. Wie also soll sie was Nichtgesehenes jetzt erst recht nicht mehr sehen?

Grrmpf. Muffelnd wende ich mich wieder der schmerzhaft kristallinen Klarheit des Plasmabildschirms zu, doch ein wenig ist mir der Spaß verdorben. Ein spezielles Mädchen-Gen verhindert offenbar die Wahrnehmung technischer Quantensprünge. Deshalb sind Frauen niemals die treibende Kraft hinter Mondflügen, 7-Gang-Rücktritträdern, Highendboxen oder dem iPhone (Foto). Sondern wir. Menschen wie Steve Jobs.

Immerhin sind Mädchen so nett, uns die Gunst des Mitbenutzens all dieser Dinge zu erweisen. Und mehr dürfen wir einfach nicht erwarten, das schützt vorm Grrmpf.

Trotzdem: Nächstes Jahr kaufe ich mir einen HDVD-Player. Den Unterschied wird sie einfach sehen müssen. Wegger als dann nämlich wird das Gekrissel in der Geschichte des Sehens nie gewesen sein.

(Für so einen bestussten Satz wie den letzten braucht es mit Sicherheit eins: ein Männer-Gen.)

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08 Januar 2007

Der eierlegende Tobis-Hahn

Heute Abend, als wir uns noch einmal das wunderbar melancholische Gefühlsdrama „Brokeback Mountain“ auf dem neuen Plasmafernseher anschauten, fiel mir eingangs wieder einmal etwas auf, was mich im Stillen schon seit Jahren wundert. Und jetzt will es endlich verbalisiert werden, schließlich habe ich ein(en) Blog.

Es geht um den Tobis-Hahn, das Markenzeichen der Filmfirma. Er schreitet zu Anfang eines jeden Tobis-Films krähend und gravitätisch von links nach rechts über die Buchstaben T, O und B, verharrt dann aber – nachdem er die linke Kralle auf das abschließende S gesetzt hat – mit deutlichen Anzeichen der Irritation und Unschlüssigkeit.

Es ist offenkundig die breite Lücke zwischen B und S, die ihm missfällt. Doch plötzlich weiß er, was zu tun ist: Er schließt sie, indem er … ein Ei hineinlegt. Es verformt sich im Hinunterfallen zu einer Säule, die ein I bildet und somit den Firmennamen elegant vervollständigt.

Das Problem aber, und das ist es, was ich die ganze Zeit sagen will: Der Vogel ist wirklich ein Hahn, kein Huhn – und als solcher höchstens in der Lage, vorbereitende Maßnahmen zur Produktion von Eiern zu ergreifen. Sie allerdings zur Reife heranwachsen und sodann fallen zu lassen, dazu ist ein Hahn weder befugt noch anatomisch in der Lage.

Zunächst suchte ich die Schuld bei mir und nahm bescheiden an, Tobis wäre schlauer als ich und wüsste besser Bescheid über die Physiognomien von Hähnen und Hühnern. Ich glaubte, die prachtvollen Schwanzfedern und der feurige Kamm auf dem Kopf des Vogels könnten eventuell auch bei bestimmten weiblichen Ausformungen dieser ornithologischen Spezies vorkommen.

Doch da war ja dieses Krähen. Und eine kurze Recherche ergab: Der Tobis-Vorspann zeigt eindeutig einen Hahn. Und Hähne, liebe Tobis, können viel, aber definitiv keine Eier legen. Erst recht keine, die sich im Fallen zu I-Säulen verformen.

Meines Erachtens muss die Filmgeschichte umgeschrieben werden.

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11 Dezember 2006

Saturday Night Fever

Die Julklappparty bei unserem Freund GG begann turbulent. Schon nach einer Viertelstunde versuchte eins der herumtollenden Kinder, sich im Fallen an meinem Weinglas abzustützen. Der Gastgeber musste mir mit einem seiner Hemden aushelfen.

Nach einer neuen Unterhose wagte ich nicht zu fragen; ich hoffte einfach, der riesige dunkle Fleck in meinem Schritt bliebe dank des Schummerlichts verborgen. So war es wohl auch. Nehme ich mal an.

Mit C., einem Musikjournalisten aus Berlin, der Bob Dylan schon 60-mal live gesehen hat, geriet ich in einen kleinen Disput. Er behauptete, Dylan betrachte Studiofassungen seiner Songs immer nur als Anfang einer langen Weiterentwicklung, worauf ich ihm triumphierend entgegenwarf, die definitive Fassung zumindest von „Desolation Row“ sei ja wohl die im Studio entstandene, oder etwa nicht.

„Nein“, widersprach er kühl, „die definitive Version war Glasgow. Oder Aberdeen.“ Merke: Man hat keine Chance gegen einen, der schon 60 Dylan-Konzerte gesehen hat, während man selbst gerade mal fünf zusammenkratzen kann.

Dafür wusste C. nicht, wer „Quincy“ gespielt hat. Auch zwei in die Diskussion verwickelte Texaner konnten meine etwas unsicher vorgetragene Theorie („Jack Klugman?“) nicht verifizieren, und ich musste mindestens fünf Leute mit diesem Problem behelligen, ehe A. sie endlich bestätigte.

Aus dem Julklappsack fischte Ms. Columbo für uns eine Rolle Designerklopapier („Topi“, 3-lagig, 200 Blatt). Auf der Heimfahrt strich ich die Vorzüge dieser Ziehung heraus. Normalerweise muss man beim Julklapp damit rechnen, irgendetwas total Unbrauchbares mit nach Hause zu nehmen, was allenfalls dank eines weiteren Julklapps wieder vom heimischen Interieur subtrahiert werden kann. Eine Rolle Designerklopapier aber, so führte ich aus, löse sich über kurz oder lang restlos auf und sei somit ein Julklappgeschenk geradezu idealen Zuschnitts.

Ms. Columbo war inzwischen längst zu müde, um zu widersprechen.

Ex cathedra: Die 3 definitiven Studiofassungen von Dylan-Songs
1. „Desolation Row“
2. „Hurricane“
3. „I want you“

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30 November 2006

Mitten in der Arena

Die Agentur Arena, Inhaberin der Übertragungsrechte für die Fußballbundesliga, mailte mich diese Woche an, weil ich mal Premierekunde war. Jetzt möchte sie mich auch gern als Abonnenten.

Lieber nicht, gab ich in meiner Antwort zu verstehen. Erläuternd führte ich aus, ihr Geschäftspartner Premiere sei m. E. ein nicht ganz seriöser Verein, der möglicherweise zurückgeschickte Entschlüsselungskarten hat verschwinden lassen, um ein bisschen Schadensersatz zu kassieren. Und das würfe doch ein seltsames Licht auf Pay-TV-Anbieter generell und somit auch auf sie, Arena, weshalb ich die Entwicklung zunächst einmal mit gesunder Skepsis beobachten wolle.

So weit, so gut. Dachte ich. Doch am Tag darauf erhielt ich eine weitere Mail von Arena. In einer einleitenden Floskel zeigte man sich bestürzt über meinen Anlass zur Klage. Gleichwohl, hieß es dann aber unvermittelt weiter, freue man sich, mich vielleicht doch bald wieder als Kunden gewinnen zu können und hoffe, mir mit dieser „Information“ weitergeholfen zu haben.

So, so. Ich schrieb sinngemäß Folgendes zurück: Mit ihrer Mail hätten sie, Arena, bewiesen, wie pimpe ihnen ein ernsthafter Kundenkontakt sei; sonst hätten sie wohl kaum einfach nur ein paar dämliche Textbausteine wahllos und widersprüchlich auf einen Haufen geschmissen. Das Bekunden eigener Freude nämlich, so fuhr ich stichhaltig fort, ginge nirgendwo als „Information“ durch; allenfalls sei ihr Sichfreuen schön für sie, aber keineswegs nützlich für mich.

Alles in allem, signalisierte ich beherzt, habe sich meine Skepsis gegenüber Premiere nun auch ein wenig auf sie, Arena, ausgeweitet, und an meinem Beobachterposten sei vorerst erst recht nicht mehr zu rütteln.

Eine erneute Arena-Mail steht noch aus. Wenn sie noch kommt, erhoffe ich mir als Absender einen Menschen und keinen Computer.

Ob der's besser machen würde, ist allerdings nicht sicher.

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25 November 2006

We can only lose

Klar, Axel Schulz ist ein tapsiger Bär mit Berliner Zungenschlag, und man mag den Burschen gern. Aber er sollte nicht boxen.

Und wenn er schon ein Jahr lang trainiert, um doch wieder zu boxen, obwohl alle Welt sich vor den Kopf schlägt und sagt: Axel, tu das nicht, dann sollte Axel keinesfalls zu einer akustischen Latinsoulversion des Doors-Songs „Light my fire“ einmarschieren.

Klar, er gilt als „weicher Riese“, weil er entscheidende Kämpfe immer verliert, und die weiche Version eines Riesenhits passt da gut ins Bild. Aber warum um alles in der Welt sucht sich ein Boxer, der immer verliert, einen Song aus, in dem es klipp und klar heißt: „We can only lose“ …?

Auch das restliche Umfeld stimmte hinten und vorne nicht, vom Kirmessender RTL mal ganz abgesehen. Schulzens Interviewer nämlich war Kai Ebel, und der hat vielleicht Ahnung von der Formel 1, aber vom Faustkampf so viel wie ein Nacktmull von Quantenphysik.

Und obwohl alle Welt sich vor den Kopf schlägt und sagt: Kai, tu das nicht, interviewt der Kai Boxer, die nicht boxen sollten, und dann kommen Fragen dabei heraus wie diese: „Axel, wie geht's jetzt weiter? Was denken Sie: Erst mal in der Nacht schlafen?“

Nein, die Doors hatten Recht.
Wir konnten nur verlieren heute Abend.

Ex cathedra: Die Top 3 der Doors-Songs
1. „Love street“
2. „Love her madly“
3. „L. A. Woman“

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24 September 2006

Tortour mit Intermezzo


In den letzten 48 Stunden verbesserte sich meine Konzertstatistik im gleichen Maße, wie sich meine körperliche Verfassung verschlechterte.

Am Donnerstag in Berlin begann die Live(tor)tour mit
Shawn Colvin, Fionn Regan und Maximilian Hecker, ehe es in Hamburg ab Freitag beim Reeperbahnfestival weiterging mit The Rifles, Kajak, Minor Majority, Maplewood, Nerina Pallot, Paolo Nutini, The On Offs, Dominic Miller sowie Epo 555.

Samstagnachmittag lief ich zur Auflockerung auch noch bei der offiziellen
Beatlestour mit, die Stadtteilführerin Stefanie Hempel mit enthusiastischem Dauerlächeln moderierte. Wie ernst sie ihren Job nimmt, zeigten die Intermezzi. Zur Ukulele (und Verwunderung der Touristen) schmetterte die Musikerin illustrativ Beatlessongs über den Kiez.

Während der Führung begleitete uns ein Kamerateam von Tide TV; und das hatte vor allem am Ende richtig was zu filmen. Denn auf dem Gelände des alten Star Clubs in der Großen Freiheit saßen ein paar saufende britische Kleiderschränke mit Glatzen herum, die Stefanies formidable „Twist and shout“-Fassung um euphorisches Mitgrölen bereicherten. Riesenbeifall am Ende, für Stefanie und die Engländer.


Am Mittwoch soll das Ganze auf Tide TV laufen; hier gibt es vorab schon mal Stefanies liebenswerte Fassung von „In my life“.

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20 August 2006

Schweinchen gehabt


„Wie?“, ruft Ms. Columbo perplex ihrem Monitor zu, „keine einzige Mail? NICHT MAL SPAM?“

Ja, das ist schlimm. Im Rahmen eines spontanen Tröstungsversuchs führe ich einfühlsam aus, dass eine Nachricht der Nigeria-Connection ihre Lage auch nicht entscheidend verbessert hätte. Sie sieht das ein und schwenkt um auf einen gesunden Fatalismus: „Dann hat die Welt mich halt einfach mal vergessen.“

Abends läuft auf 3Sat eine Sendung über Tiertelepathen. In Worten: TIERTELEPATHEN. Das sind Leute, die Herrchen und Frauchen beibringen, die Gedanken ihrer Lieblinge zu verstehen. (Diese Gedanken werden übrigens immer in klar verständlichem Deutsch formuliert, was eine sehr gute Einrichtung ist.)

Unter anderem sehen wir die weinende Besitzerin eines Meerschweinchens. Sie ist zutiefst erschüttert, weil der Nager sich telepathisch über Frauchens mangelnde Selbstkritik beklagt hat.

Das sind Schicksale! Da kommt einem ein Tag ohne Spam doch gleich viel weniger deprimierend vor.

Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Tiere
1. „Me and you and a dog named Boo" von Lobo
2. „Human guinea pig" von Suicidal Tendencies
3. „Lone wolf" von Jerry Jeff Walker


(Foto: petwebsite.com)

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28 Juni 2006

Zwischen den Spielen

Ein bewölkter Tag bedeckt die Stadt wie ein altes schlaffes Haarnetz. Auf dem Mittelstreifen der Reeperbahn sterben die ersten frischgepflanzten Bäume schon wieder ab.

Ich starre ins Halbdunkel der Zimmerecke, zu keinem Gedanken fähig. Was tun? Keine Ahnung.

Dort steht er, dieser große Kasten. Es ist der Fernseher, ein graues, graues Nichts. Er ist aus. Klar. Denn es läuft … kein Fußball.

Die Weltmeisterschaft macht Pause.
Und das Schrecklichste: Auch morgen noch.

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16 Juni 2006

Günter Netzer ist ein Außerirdischer

„Sie hatten eigentlich keine Chance“, lobt heute Abend ARD-Mann Gerhard Delling die tapferen Angolaner, „und die haben sie genutzt.“

Ganz klar ein Mottenkistenfund von seltener Muffigkeit. Das mit der keinen Chance ist nämlich ungefähr der älteste Spontispruch der Welt, seit 1969 das gleichnamige Buch von Herbert Achternbusch auf den Markt kam; der Witz hat einen Zottelbart länger als der von Hồ Chí Minh und löste schon anno 1970 durch seine Omnipräsenz auf öffentlichen Gebäuden Mordfantasien bei der Stadtreinigung aus.

All das muss man wissen, wenn man die Reaktion von Dellings Kompagnon Günter Netzer beurteilen will. Der prustet nämlich völlig baff los, er kringelt sich geradezu, schaut dann den Delling verdattert an und sagt mühsam beherrscht so was wie: „Na, Sie haben aber eine Ausdrucksweise!“

Wie man weiß, galt
Netzer zu der Zeit, als dieser Spruch als Graffito auf jeder Wand stand, als linker Hippie mit Ferrari, als Rebell am Ball und irgendwie auch in der Politik. Kann es wirklich sein, dass dieser Mann den Gag noch nie gehört hat?

Seine Verblüffung jedenfalls war unmittelbar und echt, und ich nehme deshalb an, der echte Günter Netzer wurde irgendwann Anfang des Jahrtausends gegen ein physiognomisch identisches, aber lausig ausgebildetes Alien ausgetauscht, das die Invasion der Erde vorbereiten soll – ähnlich wie im Film „Invasion of the body snatchers“.

Heute Nacht kriegt E. T. Netzer wahrscheinlich einen Rüffel und dann ein Update auf Alpha Centauri, weil bestimmt auch seinem Führungsoffizier die Wissenslücke schmerzlich aufgefallen ist.

Zu dieser ganzen Alienproblematik erzähle ich demnächst eventuell auch noch eine weitere kleine Geschichte, wenn mir danach ist.

Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit SciFi-Bezug
1. „A spaceman came travelling“ von Chris de Burgh
2. „Silver machine“ von Hawkwind
3. „2000 lightyears from home“ von The Rolling Stones

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14 Mai 2006

Cottbus und die Formel 1

Nein, ich bin wirklich kein Fußballjunkie. Bundesliga, Champions League und Länderspiele: Da komme ich allerdings nicht dran vorbei. An der zweiten Liga aber schon. Doch am letzten Spieltag, wenn es um die Dramatik von Ab- und Aufstieg geht, dann darf es auch mal eine als Konferenz aufgezogene Zusammenfassung beim DSF sein. Natürlich weiß ich keine Ergebnisse, schließlich will ich mir die Spannung erhalten.

Kaum habe ich mich indes in den Freischwinger gefläzt und fiebere den Entscheidungen entgegen, kommt Ms. Columbo herein, verbreitet sich elegant auf der Couch, schaut zwei Minuten zu und sagt: „Ich finde es doof, dass Cottbus aufgestiegen ist.“

Super. Resigniert schalte ich den Fernseher aus, checke online die Ergebnisse und führe Ms. Columbo zum Sushi aus, eine Stunde früher als geplant.


Überhaupt war es ein Sonntag der problematischen Aussagen. Nachmittags im Fitnessclub verfolgte ich während des Trainings die Formel-1-Übertragung aus Barcelona. Und was erzählten mir verblüffenderweise die RTL-Reporter Heiko Waßer und Christian Danner? Dass die Formel 1 eine ziemlich öde Veranstaltung sei. Die Wagen, winkten sie müde ab, führen doch eh nur noch hintereinander her, ohne dass auch nur irgendeiner überholen könne oder wolle. Ja, der ganze Sport sei zum schematischen Schachspiel verkommen, Rennen würden nur noch per Boxenstrategie entschieden, und trotzdem wolle Bernie Ecclestone immer mehr Geld.

Erstaunlich! Selten hat man im deutschen Fernsehen – zumal im privaten – zwei Reporter ihr eigenens Produkt derart madig machen gehört. Heiko Waßer und Christian Danner übten sich in Mäkelei, während die Wagen fein hintereinander her fuhren, das Geschehen an ein schematisches Schachspiel erinnerte und alles durch die Boxenstrategie entschieden wurde, zugunsten von Fernando Alonso. Ob Bernie Ecclestone auch heute wieder mehr Geld wollte, war die einzige Info von Waßer und Danner, die nicht unmittelbar verifizierbar war.

Die beiden hatten natürlich in allem Recht, was sie sagten. Aber es war ungefähr so, als hielte der Präsident des WM-Organisationskomitees, Franz Beckenbauer, öffentlich das Vergabesystem der Tickets für hirnrissig, die Sicherheit in den Stadien für unterirdisch und die Fans in ihrer Mehrzahl für grenzdebile Suffköppe.

Natürlich: All das stimmt höchstwahrscheinlich. Doch Beckenbauers Produkt ist die WM; da müsste er schon so tun, als sei das Ticketing gottgesandt, die Stadien unbrennbar und die Fans Shakespeare-Leser mit Gandhi-Buttons am Fanschal.

Ich wüsste gern, wie RTL-Werbekunden die Übertragung so gefunden haben. Tolle Leistung jedenfalls vor
Waßer und Danner. Bei Ms. Columbo überlege ich noch.

Allerdings finde ich es, ehrlich gesagt, auch doof, dass Cottbus aufgestiegen ist.

Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Fahren
1. „Let’s get some drugs and drive around“ von Michael Hall
2. „Cadillac walk“ von Mink de Ville
3. „Me and Bobbie McGhee“ von Kris Kristofferson

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21 März 2006

Die Fundstücke des Tages (12)

1. „Presserat verteilt Rügen an Tageszeitungen“, stand unlängst im Kress-Report. Nach dem Vogelgrippenhype der letzten Wochen dachte ich natürlich sofort, nun gingen die Kreidefelsen an die WAZ-Gruppe und Binz an BILD. Aber das war gar nicht gemeint. Eine Rüge ist etwas ganz anderes als eine Insel. BILD war natürlich trotzdem im Zentrum des Geschehens, wie immer, wenn der Deutsche Presserat Rügen verteilt.

2. Beim Privatsender Sat1 ist eine Stelle frei, und zwar in der Redaktion der Sendung „Sat1 am Mittag“. Zu den Anforderungen gehört das „Beobachten aktueller Entwicklungen in allen Bereichen“. Puh, alle Bereiche – also auch Molekularbiologie, Mikororganismen auf Yakfellen im südlichen Himalaya und neue Methoden beim Entsorgen entfernter Furunkel? Außerdem Fußball, Erklärungslücken in nordkoreanischen Konversationslexika, neue Kampsbrötchen und Grab-Bepflanzungstrends am Hindukusch? Ich glaube, ich bewerbe mich da doch nicht. Zumal der Job in Berlin vergeben wird.

3. Neue Google-Suchabfragen, die zu meinem Blog führten:

„dickste hure deutschlands“ (Köln) So etwas wird öfter nachgefragt, zuletzt sogar von einem einschlägig Interessierten aus dem Hamburger Stadtteil Eilbek. Zu den propersten ihrer Art gehörte ohne Zweifel die späte Domenica, die aber seit einigen Jahren nicht mehr auf dem Kiez lebt, sondern in der Eifel. Ich bin ihr manchmal auf dem Postamt in der Seilerstraße, aber nie auf dem Feuerschiff (Foto) begegnet und muss sagen: i-m-p-o-s-a-n-t.

„schmerz im schulterblatt wie eine murmel bewegt es sich“ (Burk, Bayern) Es klingt, als würde dieser Burker mit seinem Arzt sprechen (was auch die richtige Entscheidung gewesen wäre), doch seine Schilderung verpufft im großen weiten Googlenirwana. Ferndiagnose: Schultereckgelenkssprengung.

„plural von gemüse“ (ein Anwaltsbüro aus Frankfurt, Hessen) Möglicherweise wüchsen mir als Mandanten ernste Zweifel an meiner Advokatenwahl, hätte ich Kenntnis von dieser Suchabfrage erlangt. Gemüsen? Gemüsese? Einspruch, euer Ehren.


Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Prostituierte
1. „Tecumseh“ von Townes van Zandt
2. „Christmas card from a hooker in Minneapolis“ von Tom Waits
3. „Sammy's song“ von David Bromberg

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17 Februar 2006

Die Fundstücke des Tages (7)

Achtung, an alle, die wegen „rache an der ex“ und ähnlichem hier sind: Bitte unbedingt das hier lesen!

1.
Neue Google-Suchabfragen, die zu meinem Blog führten:

– „annett louisan nacktbilder“ (Hausen, Bayern. Nur zur Info, du Hausener: So richtig viel wäre nicht zu sehen, selbst wenn es diese Bilder gäbe.)
– „link:sex.com“ (Irancheh, Region Chahar Mahall va Bakhtiari, Iran. Es gibt in Ahmadinedschad-Country also noch andere Bedürfnisse als die nach der Bombe. Irgendwie beruhigend.)
– „meine ex heimlich fotografiert“ (Bechen, Nordrhein-Westfalen) und „rache fotos der ex“ (Valsonne, Frankreich) Die beiden sollten Adressen austauschen.

2. Die neue Fifa-Weltrangliste ist da – und vor allem für jene Neonazis interessant, die sich noch immer im Kommentarbereich meines Eintrags über Gerald Asamoah tummeln. Denn was sagt ihr Braunen dazu, dass du, Deutschland, hinter Ägypten liegst, auch hinter Japan und sogar, ihr fasst es nicht, hinter Nigeria?!

3. Der Bezahlsender Premiere hat ein Herz für Zapper: Am 10. März startet er einen neuen Kanal, der die ganze Zeit nichts weiter tut, als automatisch alle acht Sekunden durch die anderen 16 Premierekanäle zu springen. Ein toller Service für hochprofessionelle Couchpotatoes der ersten Stunde, deren Muskelabbau inzwischen auch die Finger erreicht hat. Sie brauchen trotzdem immer noch jemand, der ihnen die Bierflaschen öffnet. Verflixt.

4. Unauffindbar bleibt bisher die elfte Mail, die mir verrät, welches Gebäude sich auf dem Foto des letzten Beitrags befindet; sie berechtigt zum postalischen Empfang eines umwerfend emotionalen Privatsamplers. Nur so als Tipp: Es ist nicht das St. Pauli Theater.

Ex cathedra: Die Top 3 der Lieder, bei denen mir mal körperlich schlecht geworden ist
1. „Downtown“ von Petula Clark
2. „48 Crash“ von Suzi Quatro
3. „Hier kommt der Eiermann“ von Klaus & Klaus

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09 Februar 2006

Der Zahn della Roche

Die verehrungswürdige Fernsehfrau Charlotte Roche hat viele tolle Eigenschaften. Eine davon ist ihre Uneitelkeit.

Am Mittwochabend überzeugte sie bei Harald Schmidt auch die letzten Zweifler davon.

La Roche, 27 Jahre alt, nahm sich nämlich vor laufender Kamera ihre dritten Zähne raus. Genau gesagt: nur einen, aber einen sehr prominenten, einen Schneidezahn. Und dabei beließ sie es nicht, sondern führte noch ein kleines Kunststück vor.

Sie warf den Zahn samt anhängender Fixierungsschiene hoch in die Luft, fing das Ensemble höchst geschickt mit dem Mund auf und schob es mit ihrer offenbar voll austrainierten Zunge flugs wieder an die richtige Stelle. In ihrem nun wieder makellos restaurierten Lächeln mischten sich Verlegenheit und Stolz.

Den bemerkenswerten Clip dazu gibt es hier.


Ex cathedra: Die Top 3 der beruhigendsten Ambienttracks vor Zahnoperationen
1. „Troll valley“ von Wavestar
2. „Becalmed“ von Brian Eno
3. „Black cloud“ von Solitaire

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21 Dezember 2005

Der Fußball

Ah, er tobt, der Kiez, Freude schäumt durch die Straßen! Hertha ist geschlagen im Pokal, in dramatischer Manier nach 0:2-Rückstand, mit Verlängerung, Schlammbädern auf dem Fußballacker und finalem Astra unter der Dusche. Und der nächste Gegner heißt Werder Bremen, da wird man ausscheiden, aber mit Glanz und Gloria und vielleicht ja doch nicht. Kann das Leben schöner sein?

Doch hier kommt Waldi. Der entweder sardonische oder bloß sedierte ARD-Hartmann erzählt dem bis zum Beginn des Interviews noch quietschglücklichen St.-Pauli-Trainer Andi Bergmann, das nächste Pokalspiel seiner Kiezkicker fände im Bremer Weserstadion statt. Bergmann ist baff, er wirkt schlagartig wie eine ausgeblasene Kerze. Denn er dachte, Amateure hätten gegen Profis immer Heimrecht – und so ist es ja auch. Das weiß jeder, vielleicht sogar Thomas Hässler.

Nur Waldi nicht. Und als er dann noch Oliver Bierhoff dafür lobt, seine Sache bei der Auslosung der nächsten Runde „als Debütant ganz fantastisch“ gemacht zu haben, und Bierhoff ihn irritiert lächelnd darauf hinweist, schon einmal in dieser Sache tätig gewesen zu sein, da ist Waldis Tag endgültig von einer Konsistenz, die an Schonmalgegessenes erinnert.

Werden wir ihn bei der WM wiedersehen?

Apropos Fußball: Heute erkundigten sich diverse „Freunde“ mit hämischer Pseudobesorgtheit bei mir, was denn nun aus meinem Premiere-Abo würde, wo der Pay-TV-Sender doch jetzt die Bundesligarechte verloren habe. Nun, was schon? Ich werde mir „aus dem Decoder ein Vogelhäuschen basteln“ (Harald Schmidt).

Warum hat sich die Fifa beim WM-Ball-Design eigentlich von Slipeinlagen inspirieren lassen? Das ist eine viel wichtigere Frage als die nach meinem Premiere-Abo. Verstanden?

Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Marseille“ von Roy Budd, „Love theme“ von Seductive Souls und „Some velvet morning“ von Nancy Sinatra & Lee Hazlewood.

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07 Dezember 2005

Die Frauennamen

Ach ja, Männergespräche in der Umkleidekabine … Heute im Fitnessstudio unterhielten sich zwei meiner Geschlechtsgenossen, natürlich über Frauen. Genauer gesagt: über eine bestimmte.

„Wie heißt die noch mal?“, fragt der eine.
Der andere: „Karina.“
„Wie?“
„Na, Karina. Wie die Damenbinden.“

Schon war die Sache klar, und das Gespräch konnte recht unfallfrei fortgeführt werden.


In einer „Seinfeld“-Folge hat Titelheld Jerry den Namen der Frau vergessen, mit der er ausgeht. Er weiß nur noch, dass ihr Name sich auf einen Teil der weiblichen Anatomie reimt. Am Ende ahnt sie seine Amnesie und stellt ihn ultimativ zur Rede. Seine Lage ist natürlich vollkommen verzweifelt und hoffnungslos, und er setzt kleinlaut alles auf eine Karte: „Mulva …?“

Sie hieß natürlich Uschi.

Der auf dem Foto vorbeihuschende Bus am Bahnhof Altona brachte mich übrigens nicht zum Fitnessstudio. Aber der nächste.

Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Mysterious ways“ von U2, „Feels like teen spirit“ von Makrosoft und „I'm never gonna sleep tonight“ von Asche & Spencer vom „Stay“-Soundtrack.


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06 November 2005

Die bösen Überraschungen

An der U-Bahnstation Rödingsmarkt hat es eine Taube erwischt. Sie muss auf dem Gleis gesessen und den herannahenden Zug mit taubentypischer Gleichmut betrachtet haben. Doch das übliche Wegfliegen in letzter Nanosekunde klappte diesmal nicht. Effekt: Den dummen Vogel hat's säuberlich zweitgeteilt. Auf dem Gleis selber waren komischerweise keine Spuren der Katastrophe zu sehen, doch links und rechts davon gab es eine große Schweinerei.

Uns erinnerte das an eine
„Seinfeld“-Folge. George Costanza hält wohlgemut mit dem Wagen auf Tauben zu, die mit taubentypischer Gleichmut mitten auf der Straße sitzen, und als es plötzlich Federn auf die Windschutzscheibe schneit, ruft er entsetzt und empört: „Ich dachte, wir hätten einen Deal!“ (In Ermangelung eines Tote-Taube-Fotos greife ich übrigens heute auf eine festgefrorene Möwe zurück, die ich letzten Winter in Gesellschaft eines Einkaufswagens im Parksee entdeckte.)

Eine böse Überraschung muss auch ein alter Freund von mir verdauen. Seine neue (und sehr junge) Freundin hat ihm nach einigen Monaten Karenzzeit zunächst gestanden, dass sie vor einer Webcam strippt und diese Show im Internet abonnierbar ist; allerdings war das noch nicht die böse Überraschung, denn das fand mein bekannt toleranter Freund eher anregend (immerhin kriegt er regelmäßig das, wovon die Abonnenten nur feucht träumen). Doch dass sie nach einer weiteren Karenzzeit damit herausrückte, sich ihr Studium nebenbei auch noch als Domina zu finanzieren, die ihre Kunden zu Hause besucht – das hat er nicht mehr locker weggesteckt.

Jetzt ist er wieder solo und hält Ausschau nach etwas Soliderem und nicht mehr ganz so Jungem. Tipps leite ich gerne weiter.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Pony ride on“ von Katja Werker, „New World Order“ von Galliano und „Once“ von Laid Back.

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