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Die Rückseite der Reeperbahn

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Mein Foto
Name: Matthias Wagner
Standort: Hamburg, Germany

Schreiberling




31 August 2009

Ohne Worte (57): Summer in the city



Dock 10

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15 August 2009

Revolution ist auf Dauer langweilig



Wenn man sich samt Fahrrad vom Autoaufzug abseilen lässt an den Eingang des Elbtunnels, dann den Fluss unter– und auf der anderen Seite am Deich lang die Insel Wilhelmsburg überquert, ist man in weniger als 30 Minuten beim …



… Dockville-Festival. In weiter Ferne, so nah – zumindest mit dem Fahrrad. Verblüffend. Ich sehe mir in der Nachmittagssonne die Band Junopilot an, die einen hübsch psychedelischen Chilloutpostrockdub mit Mitwackelzwang spielt, und nicht weit davon …



… steht ein Verkaufsbus, der „Kaffee für den täglichen Aufstand“ verkauft, was mir echt zu viel wäre. Jeden gottverdammten Tag eine Revolution anzetteln? Das wird auf Dauer so langweilig wie täglich Kartoffelbrei, und man sehnte sich gewiss bald nach stinkgemütlichem Spießertum.

Deshalb lieber kein Kaffee. Stattdessen verspüre ich eine aufwallende Begehrlichkeit nach einem anständigen Milcheis und betrete den Aufstandsbus. Drinnen steht ein Typ, der mich merkwürdig anschaut, keine Ahnung warum. Er erklärt es mir: Ich habe die falsche Tür benutzt und stehe jetzt hinterm Verkaufstresen statt davor. Ups. Doch wo auch immer man steht in diesem Bus, man bekommt kein Milch-, sondern nur Wassereis, wegen der Salmonellen.




Draußen streckt derweil eine kopflose nackte Schaufensterpuppe die Beine hoch in den Himmel …



… also genau dahin, wo es sich eine dicke fette Wolke störrisch vor der Sonne gemütlich gemacht hat, was den Wilhelmsburger Gewerbebauten eine Aura aus postindustriellem Licht um die verdüsterten Häupter legt.



Auf der Rückfahrt prangt die Köhlbrandbrücke am Horizont wie ein Rieseninsekt, doch meine Speicherkarte ist voll, und ich muss ein Archivfoto aus einer ganz anderen Perspektive hervorkramen, das nicht mal ansatzweise etwas Insektenhaftes hat.

Wahrscheinlich glaubt man mir jetzt auch den ganzen Rest dieses wild zusammengestoppelten Blogeintrags nicht. Und womit? Mit Unrecht!


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06 März 2009

Ohne Worte (33)



Entdeckt am Elbufer bei Teufelsbrück


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02 März 2009

Der Hammer

Vorm Haus fotografierte ich Sonntagmittag übliche Reste einer St.-Pauli-Nacht: eine achtlos zurückgelassene leere Sektflasche und die in friedlicher Nachbarschaft bläulich schimmernden Splitter einer eingeschlagenen Autoscheibe.

Insignien eines typischen Kiezstilllebens, das stets anspielen muss auf Suff und Sachbeschädigung; meistens ist das eine übrigens die Folge des anderen.

Wir passierten diese Stelle gleichwohl ungerührt, fuhren mit dem 36er runter bis Teufelsbrück und liefen elbaufwärts zurück in die Stadt. (Hamburgtouristen: Das war ein Geheimtipp!)

Unterwegs diskutierten wir im diffusen Licht des Beinahfrühlings die Schwierigkeiten idiomatischer Übersetzungen. Im Web war ich nämlich auf eine Beschreibung des bekifften Sam Phillips gestoßen: „He was high as a kite“, hatte der Autor ein sehr schönes, aber nicht direkt übertragbares Bild gefunden.

Nach einigem Überlegen einigten wir uns auf „Breit wie ein Hammerhigh“.

Der Tag – vom gemeinsamen Spaziergang mit Ms. Columbo eh mit güld’nem Schimmer überzuckert – war endgültig gerettet.


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26 Januar 2009

Ohne Worte (25): Siehe Ohne Worte (24)



Blick von der Elbchaussee auf den Hafen.


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Ohne Worte (24): Winter in Hamburg oder Warum wir hier nicht mehr wegwollen



Elbstrand in Neumühlen mit Hafenpanorama


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15 Oktober 2008

Matt, der Restauranttester



Ständig öttelt der Sternekoch Christian Rach durch die deutsche Provinz, um kulinarische Katastrophen zu beheben und lausige Restaurants vorm Ruin zu retten. Doch wie geht es bei Rach selbst so zu, nämlich im Tafelhaus?

Mal schauen. Sein Restaurant, das in der Boulevardpresse reflexhaft unter „Gourmettempel“ subsumiert wird, liegt an der Elbe, hat einen Michelinstern und lässt ihn sich auch bezahlen, holla …

Als wir reinkommen, sitzt Cheffe auf einer Bank an der Wand, wo er traute Gespräche mit einem jungen Paar führt, offenbar Freunde. Im Gastraum herrschen dezenter Barjazz und dunkle Holztöne, hier schummert’s schön, damit das Hafenpanorama auch abends nicht von den Fensterscheiben weggespiegelt wird. Von der hohen Decke zielen Punktstrahler auf die Tischmitte; so bleiben die Gesichter der Gäste im mysteriösen Halbdunkel.


Wir stellen uns ein Drei-Gänge-Menü zusammen, die Kellnerin lächelt und notiert sich … nichts. Mich macht so etwas immer nervös. Stets bange ich bis zum erfolgreich absolvierten Serviervorgang ums Gedächtnis des Bedienpersonals. Heute Abend jedoch grundlos; schließlich sind wir hier bei Sternekoch Rach, das ist keiner, der sich sein Personal an der Unipinnwand zusammensucht, nein, wahrscheinlich hat hier jede Kellnerin mindestens Philosophie und Mathe studiert (wie er selbst).

Drüben bespaßt Rach noch immer seine Freunde. Manchmal lacht er derart laut auf, dass wir denken, wir seien im Fernsehen.

Die Portionen sind überschaubar, doch das ist nicht schlimm, denn Rach verfolgt ein raffiniertes Prinzip: Zahl drei, krieg acht. Denn immer, wenn man gerade nicht damit rechnet, eilt eine Kellnerin herbei und entrichtet einen kleinen Gruß aus der Küche. Mal ist es Brot mit Aalbutter, mal Gänseleberpastete, mal ein Champagnersüppchen mit Minze und Mango, mal ein Sortiment feinster Chocolaterie, und der Rest fällt mir nicht mehr ein.

Den Hauptgang serviert dann Rach persönlich, mit schlenkernden Armen und Fernsehstimme erläutert er Kombinationen und Ingredienzen. Was also liegt überhaupt im Argen hier im Tafelhaus? Nach langem Sinnieren fällt mir etwas ein: der Fauxpas beim Fischbesteck!

Eine Kellnerin legt es Ms. Columbo hin, obwohl doch ich den kross gebratenen Zander mit Kraut, Knöpfle und Traubenchutney bestellt habe (Foto o.) und sie die Roulade vom Kaninchen mit Backpflaumen, Rahmwirsing und gebackenem Sellerie.

Abzug in der B-Note, Herr Rach! So nicht!

Wir nehmen schließlich ein Taxi zum Kiez und werden noch lange an diesen Abend denken – das ist schon jetzt so sicher wie der kühn geschwungene Tafelhaus-Schriftzug an der roten Wand zum Klo.

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30 August 2008

Nur sechs Stunden

Das vorletzte Mal, dass ich im kleinen St. Paulianer Live- und Indietanzclub Grüner Jäger war, lernte ich morgens gegen 3 unversehens einen aufgeräumten jungen Burschen kennen, und zwar auf der Toilette.

Als ich die Kabine verließ, sprach er mich recht verschwommen an, ohne auch nur im geringsten die intensive Nutzung des Pissoirs zu unterbrechen. Seine Absichten mir gegenüber freilich waren nichtwasihrdenkt, sondern hehr, er wollte nur jemand von seinem Schicksal erzählen, und wahrscheinlich war ich eher der zwölfte als der erste.

Sechs Stunden habe er noch, erklärte er mir zungenlahm und pimmelschwenkend, dann ginge es unvermeidlich hinaus auf hohe See für viele, viele Wochen. In diesen sechs Stunden, so fuhr er fort, müsse er unbedingt noch eine weibliche Bekanntschaft machen, von deren zwar kurzem, doch hoffentlich um so süßerem Verlauf er draußen auf See wochenlang erinnernd zehren könne.

Ich wünschte ihm viel Glück dabei und empfahl mich. Sechs Stunden später tuckerte er vorbei an Teufelsbrück (Foto) Richtung Westen, hinaus auf hohe See, und ob ihm eine süße Erinnerung im ankerschweren Kopf herumspukte oder nicht, werden wir nie erfahren.

Die Chance war aber eher klein.

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05 Juni 2008

Das folgenreiche Kurzarmhemd

Heute Abend treffe ich mich mit dem Stilterroristen GP im Hamburg City Beach Club. Ich weiß, er hasst Kurzarmhemden, deshalb suche ich den Kleiderschrank danach ab und werde schließlich hinten links fündig.

In ganzer karierter Kurzarmhemdpracht tauche ich im Beach Club auf. Ein voller Erfolg. Mein Anblick führt bei GP zu einem ästhetisch induzierten Schock, den er mit gespielter Agilität und einem mühsam inszenierten Grinsen zu übertünchen versucht. Erst die eilends beschaffte Currywurst, in die er temporär starren kann, löst seine Verkrampfung halbwegs.

Dann tritt der Schlagerveräppeler Alexander Marcus auf. In einer rosa Hose singt er „Papaya“ – eine Performance, die GP mit nicht abreißendem Carlsbergnachschub vergleichsweise souverän zu überstehen weiß.

Um meinen Anblick halsabwärts zu meiden, stiert er mir blinzellos in die Augen wie ein Replikant und versucht das Gespräch auf seinen geplanten Fitnessclubeintritt zu lenken. Ich soll ihn werben dürfen.

Seine ersten laienhaften Fragen beschäftigen sich aber nicht mit den angebotenen Kursen, der Sauberkeit der Sauna oder den Knackärschen der geilen Trainerinnen, nein: Er will wissen, was man anziehen muss beim Trainieren.

Kurzarmhemden, sage ich. Man darf nur in Kurzarmhemden trainieren. Er erstarrt und springt in die Elbe.

Zumindest in einer idealen Welt wäre das so abgelaufen, doch ich erzähle ihm irgendetwas von Indoorsneakers, Shorts und T-Shirts, und dann holt er auch schon das nächste Carlsberg, während Alexander Marcus bei „Ciao ciao bella“ angekommen ist.

Ja, das Leben kann so schön sein an einem Sommerabend am Elbstrand in der besten aller Städte und im Kurzarmhemd.



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16 April 2008

Wohl wahr



Heute kam mir eine wichtige Erkenntnis, natürlich auf der Arbeit. Sie lautet:

Wenn man nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht,
kann man ihn wenigstens nicht verlieren.

Eine Erkenntnis, die keinesfalls durch weitere Erörterungen verwässert werden darf. Höchstens buchstäblich – durch ein Foto der Elbe bei Blankenese.


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29 März 2008

Wohl doch ein Dobermann

Wer auf der Südseite der Elbchaussee wohnt, gilt gemeinhin als zu viel reich und verschwiegen, um sich auch noch mit so etwas Lästigem wie Humor abgeben zu können.

Umso erstaunter waren wir beim Anblick des abgebildeten Schildes, welches uns eingangs einer wuchtigen, vielleicht einem Gynäkologen gehörenden Elbchausseevilla vor allzu großer Nähe warnte und dies zugleich persiflierte.

Beim sprichwörtlichen Understatement der Elbhangbewohner ist dennoch nicht mit einem Pekinesen als Wachhund zu rechnen, sondern mit einem aus taktischen Gründen verniedlichten Dobermann. Wir wagten es daher nicht, in die Villa vorzudringen, um vom Südbalkon aus einen besseren Hafenblick zu gewinnen.

Heute übrigens gaben die Kollegen (und Kolleginnen!) der Stiftung Warentest bekannt, 50 Gynäkologen unter die – ähem – Lupe genommen zu haben.

Vielleicht war ja zufällig der Besitzer des bisschen Hunds dabei, aber das werden wir natürlich nie erfahren.


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23 März 2008

Letzte Geheimnisse: Das Herrenklo (8)



Warum der Bistrobetreiber im Jenischpark einen Gag namens „Toilettentennis“ für eine gute Idee hielt: keine Ahnung. Es ist nämlich eine dumme Idee. Dadurch verbringt man viel mehr Zeit auf dem Lokus, dabei sollte man doch mehr Zeit im Bistro verbringen, konsumierend.

Der Aufforderung an den Kabinenwänden, doch mal nach links zu schauen, dann nach rechts und so weiter und so fort, folgt man als höflicher Mensch nämlich allzu bereitwillig. Und irgendwann ruft die Gattin die Feuerwehr, weil man festhängt im Höflichkeitsloop. Ich freilich konnte mit eiserner Willensstärke und der Hilfe meines Fotoapparates den Teufelskreis innerhalb eines vertretbaren Zeitraums durchbrechen.

Trotzdem haben wir im Bistro nichts konsumiert. Das Wetter war einfach zu schön, um etwas anderes zu tun als unter Bäumen einherzuwandeln und über Wiesen zu streunen, während im Süden die Elbe funkelte wie die zu einem Riesenhaufen milchiger Scherben zertrümmerte Scheibe einer Bushaltestelle an der Susettestraße.

Das wussten wir aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht, die Haltestelle erreichten wir erst zwei Stunden später.

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11 November 2007

Nach der Flut



Wenn die Elbe in die Stadt hineinströmt, dann strömen die Hamburger Richtung Elbe. Natürlich auch ich, Sturmflut kucken.

Am Fischmarkt war Land unter, dort zog man Autos aus den graugrünen Fluten. Oben am Pupasch hatte man Flutschutzmauern hochgezogen, man musste drübersteigen, um auf die Landungsbrücken zu gelangen.

Dort freilich sah alles aus wie immer; sie schwimmen ja, die Landungsbrücken, sie gehen seit eh und je auf und ab mit Ebbe und Flut, und man musste sich schon bewusst machen, dass man sich dreieinhalb Meter höher aufhielt als gewöhnlich, um dem Thrill der Sturmflut nachhängen zu können.

Doch wie hoch das Wasser auch stieg, wieviele Autos auch absoffen, wie durchweicht meine Turnschuhe auch waren nach dem Waten über den Fischmarktparkplatz: Die beschissene Gegenwart ist immer die gute alte Zeit von übermorgen.

Das war das Wort zum Sonntag.


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29 Oktober 2007

Nichts einfaches als das



Weiß gar nicht, was alle gegen Vattenfall haben. Uns hat die Firma gerade ohne jede Vorwarnung 329,76 Euro zurückerstattet, weil wir in den vergangenen zwölf Monaten zuwenig Nachtstrom verbraucht haben.


Noch mal zum Mitschreiben: „zuwenig Nachtstrom“ und „zurückerstattet“.

Heute gingen wir auf Vattenfalls Kosten gleichwohl noch nicht groß essen, sondern tuckerten mit Wolfsburger Verwandten über die Elbe, stiegen am Dockland aus und die Freitreppe hoch, von wo aus ich (wieder mal) die Skyline der Hafenkräne fotografierte.

Als ich abends Schutzfolien für den neuen iPod kaufen wollte, stieß ich auf folgende Produktbeschreibung, der vermutlich eine werbende Absicht zugrunde liegt:
„Für iPod Bildschirm und 2. Erzeugung Nano, schlagen Sie einfach die Taste auf dem MicroMemo, um, für das neuere iPod zu notieren, das klassisch ist und 3. Erzeugung Nano, verwenden errichtet in der Schnittstelle auf dem iPod, um zu notieren, es ist einfaches das!“
Ja, nichts einfaches als das. Ich habe trotzdem bei jemand anderem gekauft. Und hätte Vattenfall außer Nachtstrom auch iPod-Schutzhüllen im Angebot, wer weiß, was passiert wäre.

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03 Oktober 2007

Mittwochs frei: Wer ist dabei?

Die Elbe vor Teufelsbrück glitzerte an diesem gloriosen Mittwoch wie flüssiges Silber, als wir auf der Fähre nach Finkenwerder übersetzten.

Man sollte, finde ich seit heute, generell Mittwoche zu Feiertagen erklären. Zwei Tage arbeiten, einen Tag frei, wieder zwei Tage arbeiten und dann zwei Tage frei: Irgendwie kommt mir das vor wie ein verdammt guter Plan. Kann sich vielleicht eine Partei dafür erwärmen? Die erwöge ich zu wählen.

In Finkenwerder stießen wir auf einen Bootshafen, wo abgetakelte Yachten und kleine Fischkutter herumlagen und vom Meer träumten. An einer Rampe, die ins Hafenbecken führte, standen die abgebildeten Warnschilder, und ich schiebe es einfach mal auf den Einfluss meines liederlichen Stadtteils St. Pauli, beim Wort „Slipbetrieb“ an etwas ganz anderes gedacht zu haben als wahrscheinlich die Finkenwerder Behörde.

Später fanden wir einen unbemannten Obststand mit Tüten voller Äpfel und Birnen und einer Blechbüchse, in die man einsfünfzig pro entnommener Packung einwerfen sollte. Wieder fiel mir St. Pauli ein, während wir den Obolus entrichteten. Dort wäre dieser menschenlosen Form des Verkaufens wohl wenig Erfolg beschieden. Am Ende wäre das Obst vielleicht noch da, doch gewiss keine Büchse mehr.

Trotzdem fuhren wir wieder zurück, mit der Fähre von Finkenwerder bis zu den Landungsbrücken, durch flüssiges Silber. Vielleicht sollten wir sie einfach selber gründen, die Mittwochsfreipartei.

MFP klingt jedenfalls ziemlich unverbraucht.

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10 September 2007

Douglas Adams’ späte Rache

W., dem ich versprochen habe, ihn niemals in diesem Blog zu erwähnen, lenkte meine Aufmerksamkeit auf eine schöne Veranstaltung, ohne selbst daran teilnehmen zu wollen: einen Barkassenausflug auf der Frau Hedi durch den Hafen zu Countrymusik und Bier, mit DJ Chief Brody und der Liveband Oklahoma Ranch. Pro Törn acht Euro, stündlich Zustieg an Brücke 10.

Also rief ich A. an, und der war gleich begeistert, obgleich ihn Country kaum, das Schippern durch die Fleete aber umso mehr reizte. Doch der Abend schien zu Ende, noch bevor er begonnen hatte. Denn als wir um neun Uhr an Brücke 10 die Barkasse auf uns zutuckern sahen, rief uns ein hagerer Mensch mit Dreispitz auf dem Kopf schon vom Boot aus zu: „Das war die letzte Fahrt, zu wenig Leute!“ Also kein „Lost highway“ auf der Elbe – Schiet.

Wir enterten das Schiffchen trotzdem, auf ein Bier. Plötzlich aber legte es ansagelos doch ab. Wir strahlten, und A. holte zur Feier der Fahrt die nächsten zwei Bier. Der Mann mit dem Dreispitz erklärte die überraschende Weiterfahrt mit der Generosität der Band, die spontan auf ihre Abendgage verzichtet hatte.

Das war sehr honorig von Oklahoma Ranch, obgleich ihr außergewöhnlich mäßiger Auftritt, der bald darauf folgte, auch kaum mehr als keine Gage wert gewesen wäre. Doch die Darbietungen schimmerten im sanften Licht ihrer Mildtätigkeit, und wir beklatschten sie ausgesucht höflich.

Wieder an Land verschlug es uns ins Komet zur Veranstaltung „Top oder Flop“, wo normalerweise Schallplatten, heute aber VHS-Cassetten zur Versteigerung ausgelobt wurden. Wenn niemand bot, wurde der arme Tropf von Film mit einem Hammer zerstört und in die Runde geworfen. Ein großer Spaß. Man darf nur nicht im Wurfradius sitzen, denn auch eine kaputte Videocassette entwickelt beträchtliche kinetische Energie.

Doch in dieser Nacht wurden nur wenige Tapes zerstört; selbst letztklassiger Trash wie der sehr blutige Berliner Untergrundfilm „Operation Unterarm“ fand für 50 Cent oder so seinen Käufer – obwohl gerade dieser Steifen dermaßen no budget war, dass die Macher notgeboren auf Spezialeffekte verzichtet hatten und dem Bereitsteller des im Titel erwähnten Unterarms kurzerhand eine echte Nadel quer durchs Fleisch stachen.

Von diesem Film nahm ich vorsorglich Abstand, zumal ich die Durchstechszene (Foto) ja jetzt schon gesehen hatte. Dafür ersteigerte ich nach einem sehr harten Bietduell mit dem Wirt beide Tapes der englischen TV-Verfilmung von Douglas Adams „Per Anhalter durch die Galaxis“ – und beglich so eine Schuld, die mich exakt seit dem 5. Mai 2001 latent drückte.

An jenem verfluchten Samstag nämlich war mir auf dem Flohmarkt am Schlachthof die gleiche VHS-Edition für 15 Mark zu teuer erschienen, und ich hatte von einem Kauf abgesehen. Nur eine Woche später, am 11. Mai 2001, starb Douglas Adams, wahrscheinlich an gebrochenem Herzen, wofür niemand anderes verantwortlich war als ich elender Geizhals.

Nun also konnte ich, mehr als sechs Jahre später im Komet, diese Schuld endlich begleichen – für 8,50 Euro, was umgerechnet 16,62 Mark entspricht, also sogar mehr als damals.

Wenig später übersah ich auf dem Weg zur Toilette eine geschickt versteckte Stufe und verstauchte mir zurecht böse den linken Knöchel, der sich nunmehr seit Tagen im lähmend langsamen Abschwellen übt.

Wenn man alles zusammennimmt – Adams’ Abgang, sechs Jahre schlechtes Gewissen, eine schlechte Countryband, ein verstauchter Knöchel –, dann bin ich insgesamt noch sehr glimpflich davongekommen.


Sofern nichts mehr nachkommt natürlich.

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23 August 2007

Ich Raschelhufer

Heute Morgen kam ich zum Rad und fand es ums Rücklicht dezimiert vor. Auch die Birne fehlte.

Dafür hielt immerhin die vordere Lampe noch die Stellung. Auch Lenker, Räder, Kette, Schaltung und Bremse waren nicht auf nennenswertes Interesse gestoßen. Jetzt bin mir nicht ganz sicher, ob ich dem aufkeimenden Gefühl der Dankbarkeit wirklich nachgeben sollte.

Zum Glück gab es heute auch heitere Momente. Verantwortlich war etwa jene Spammail, die mich mit folgenden Worten zu ködern versuchte: „Energy fur ihren Schwanz, kaufen!“ Oder Sibylle Bergs turnusmäßiger Rundbrief, der stets mit einer derart niedlichen Anrede eingeleitet wird, dass ich mich aktiv dran erinnern muss, wirklich mitgemeint zu sein.

Heute besäuselte Frau Berg u. a. mich mit „liebe kleine raschelhufer“. Wenn man so angesprochen wird, ist ein eingebüßtes Rücklicht samt Birne spürbar leichter zu verschmerzen.

Ja, ich musste sogar feststellen: Wenn man mich „lieber kleiner raschelhufer“ nennt, kommt mir ein Dieb überhaupt nicht mehr wie ein Dieb vor, sondern eher wie ein Stibitzer oder noch was Putzigeres.

Als Ms. Columbo und ich abends am Fischmarkt entlangspazierten, strömten bereits wieder Menschen ans Elbufer, die sich dem Auslaufen der Queen Mary 2 entgegenfreuten. Ich wandte dem Schiff den Rücken zu und fotografierte die Straßenlampe vorm Abendhimmel, und noch ehe das Auslauffeuerwerk losging, waren wir schon wieder zu Hause.

Man stumpft einfach ganz schön ab mit der Zeit.

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21 April 2007

Im Aidadivawahn

Es ist ein Witz. Hunderttausende strömen an die Landungsbrücken, drängen sich an den Weinstöcken am Stintfang, treten sich am Fuß des Hafenhotels auf die Füße, und alle haben nur ein Ziel: 68 500 Bruttoregistertonnen namens Aidadiva beim trägen Elbabwärtsfahren zuzusehen.

Was wollen diese Menschen hier? Interessiert sie die Lasershow? Das Feuerwerk? Oder wirklich nur das monströs dicke Schiff, das ihrer wildesten Träume verkörpert von Müßiggang und Fernweh?

Es ist ein Witz. Und ich bin mittendrin.

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18 April 2007

Der Himmel über St. Pauli

Manchmal laufe ich durch die Stadt wie ein Aborigine, dann ist alles voller kartierter Erinnerungen.

Das Bankhochhaus am Bahnhof Altona mit dem einst zerbrochenen Fenster unterm Dach, durch das der Einbrecher in den Tod sprang. Das Zeisekino, auf ewig verbunden mit dem ersten Sehen von „Fargo" (mit Frances McDormand, die den North-Dakota-Ausruf „Jesus!“ immer verkürzt herauszischt, als spräche sie von Käse: „Cheese!“).

Die Sonne, die sich im Winter durch die schwarzen Wolken wühlt, um einen Blick auf die Hafenkräne zu werfen. Oder jener nicht fixierbare, doch ideale Ort mitten auf der Elbe, wo unser Ausflugsschiff lag, als das Feuerwerk überm Hafen losging.

Ja, wie ein Aborigine, der uralten Songlines folgt, laufe ich manchmal durch die Stadt, und sie erzählt mir hundert Geschichten im konspirativen Timbre persönlicher Erinnerungen. Und wenn ich Glück habe, kommt jede Woche eine neue Geschichte, ein neues Bild hinzu.

Eins davon sehen wir fast jeden Abend: wie die Illumination St. Paulis die über uns hinwegziehenden Abendwolken einfärbt. Das Rotlichtviertel, das sich im Himmel spiegelt: ein schönes, melancholisches Bild für den Trost, den auch eine entmystifizierte Welt zu spenden vermag.

Islamisten werden das nie verstehen.

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15 April 2007

Alle Vöglein sind schon weg

Touristen schieben sich schwarmartig über die Landungsbrücken, die eklen Dieselschwaden der Schiffe hängen träg im traumhaften Tag, und wir suchen einfach nur Enten. Gerne auch Möwen.

Denn wir haben Brotkanten dabei, und Vögel sollen sie fressen, solange es keine Tauben sind, diese elenden Ratten der Lüfte. Hierher aber, ans hochsommerliche Glitzerfunken sprühende Wasser, trauen sich die Tauben nicht. Sie fürchten sich vor der Aggessivität und den Hakenschnäbeln der Möwen. Aber wo sind die Möwen bloß? Und wo die Enten?

Wir sehen keine. Eine Brücke nach der anderen laufen wir zunehmend verwundert ab, doch die Elbe scheint jetzt, wo endlich die Lachse wieder da sind, vom gefiederten Volk völlig verlassen.

Wir sind schon wieder auf dem Rückweg, als ich auf dem kleinen Ponton unter Brücke 10 endlich ein faules Entenpaar entdecke. Es sitzt träg im Schatten des traumhaften Tages und verdöst die Mittagszeit, statt seiner evolutionären Pflicht zu folgen und Nahrung zu suchen.

Doch heute erweist sich Tatenlosigkeit als genau richtige Taktik im Sinne Darwins, und als das erste Stückchen Brot neben ihnen ins Wasser platscht, sind die beiden sofort hellwach – genauso wie die gefühlten dreißig Möwen, die urplötzlich aus dem Nichts materialisieren, als hätte Scotty sie hierher gebeamt, an die Landungsbrücke 10.

Wo, verdammt, waren diese Vögel die ganze Zeit? Und wie, in Phoenix’ Namen, kriegten sie die Mannalieferung derart schnell spitz? Jedenfalls herrscht binnen Sekunden ein Hauen und Stechen. Wir versuchen die Enten zu bevorzugen, weil sie keine Chance hätten im Kampf mit den Möwen, doch wir haben eh genug für alle dabei.

Schon bald sind Enten und Möwen satt und prall und zunehmend desinteressiert. Ich kann Ms. Columbo zu Hause abliefern und sofort rübergehen zum Stadion, wo ich auf den letzten Drücker noch eine Schwarzmarktkarte fürs Spiel meines kleinen Stadtteilvereins gegen Holstein Kiel ergattere.

St. Pauli siegt 2:0, ich stehe in der Nordkurve träg im traumhaften Tag und hole mir – Mitte April – einen leichten Sonnenbrand auf beiden Lippen.

Ich liebe den Klimawandel.

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08 April 2007

Bei den Osterfeuern

Was ist bloß so interessant daran, der zerstückelten Leiche eines Baumes dabei zuzusehen, wie sie ihre zeitlebens mühsam akkumulierte Energie in Form von Licht und Hitze vergleichsweise schlagartig wieder abgibt?

Keine Ahnung, doch auch wir entern an der Reeperbahn bei einbrechender Dunkelheit den überfüllten 36er-Bus, um unten an der Elbe die Osterfeuer brennen zu sehen.

Der Wind bläst von Westen her, wo jenes Meer liegt, das uns eines Tages alle überfluten wird, und deshalb riechen wir die Feuer, lange bevor wir sie sehen. Ironischerweise fördern die sinnlosen Osterfeuer genau jenen Effekt, der einst das Meer dazu bewegen wird, uns alle zu überfluten, doch heute Abend ist es noch nicht so weit.

Und als wir vor den Feuern stehen, lodert sogleich die archaische Faszination des Flammenstarrens wieder auf; sie muss uns ganz tief in den Genen liegen, und wahrscheinlich würden wir aus den gleichen Gründen auch problemlos den Geschmack eines Mammuts wiedererkennen.

Es ist heiß an den Feuern, doch der Wind, der von Westen her weht, ist kalt und böse, und statt uns in irgendeiner der Strandkneipen von innen her mit flüssiger Wärme auszukleiden, steigen wir wieder in den Bus, fahren nach Hause und legen einen Horrorfilm auf, den wir aus mehreren Gründen nach der Hälfte abbrechen.

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25 Dezember 2005

Der Elbstrand

Gestern in der Drogerie bekam ich auf einen 50-Euroschein exakt 47,11 raus. Ich fand das lustig und schmunzelte der Kassiererin ermunternd zu, erntete aber keine Reaktion.

Zu Hause erzählte ich humorheischend von diesem kleinen feinen Zufall, aber auch da: kein Lächeln über die 4711. „Ja, wenn du Parfüm gekauft hättest“, erläuterte Ms. Columbo, „dann wäre das lustig gewesen.“ Muss ich mit leben.


Heute nachmittag setzten wir uns in den Bus und zockelten die Elbchaussee entlang, raus nach Westen, ins feine Blankenese. Kleine mediterrane Häuschen und prachtvolle weiße Villen schmiegen sich im Treppenviertel an den höchsten Hang Hamburgs, und ihre Fenster werfen sehnsuchtsvolle Blicke auf den Fluss und in die Ferne.

Am Strand geben sich Elbe, Himmel und Wolken winterlich stimmungsvoll. Und wie man sieht, halten sich alle Hanseaten an das, was Schilder ihnen auferlegen – sogar die Blankeneser Möwen.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Mother's little helper“ von Liz Phair, „Cowboy romance“ von Natalie Merchant und „On the nighttrain“ von Gerold Kukulenz.


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