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Die Rückseite der Reeperbahn

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Mein Foto
Name: Matthias Wagner
Standort: Hamburg, Germany

Schreiberling




23 Dezember 2009

Ohne Worte (64): Ihre Majestät, die Queen Victoria



Entdeckt am Kreuzfahrtterminal, Hafencity


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08 Dezember 2009

Die gemütlichsten Ecken von St. Pauli (16)



Im Dock gegenüber den Landungsbrücken werkeln sie angeblich an der Jacht des russischen Fantastilliardärs Roman Abramowitsch.

Damit niemand einen Blick darauf erhaschen kann, haben sie ein hausförmiges grünes Ganzjachtkondom drübergestülpt.

Das sieht abends sehr schön aus.

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15 November 2009

Die ökoorthografische Katastrophe

Am Hafen, gegenüber vom alten Elbtunnel (Foto), sah ich heute ein Graffito, welches bereits beim ersten Lesen die Dicke des Brettes vorm Kopf seines Verfassers unmittelbar verdeutlichte. Dort stand nämlich:

„25 MRD RAUS FÜR'N UMWELTSCHUTZ ODER BERLIN BRENNT!“

Das erinnert in seiner hirnrissigen Paradoxie an Abtreibungsgegner, die Ärzte umbringen. Beim Brennen, lieber unbekannter Synapsenmissbraucher, entstehen nämlich umweltschädliche Gase in beträchtlicher Menge – selbstverständlich auch und sogar gerade dann, wenn Berlin brennt, eine Stadt von immerhin fast 900 Quadratkilometern Fläche.

Pi mal Daumen genauso schlimm wie dein argumentativer Schuss ins eigene Knie ist jedoch nicht das fehlende Komma vor „oder“, sondern auf jeden Fall der Deppenapostroph in „FÜR’N“. Kurz: Gesamtaussage inklusive Orthografie bedürfen einer dringenden Überarbeitung.

Morgen schau ich mal vorbei und checke das Ergebnis.

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03 Oktober 2009

Kein Abend auf dem Kutterchen

Wir wollen zu irgendeinem hippen event cooking in die Hafencity.

„Was erwartet uns denn?“, fragt Ms. Columbo mehr bang als neugierig. „Wahrscheinlich müssen wir eigenhändg Seeigel töten“, deliriere ich.

„Das wäre kein Problem“, erwidert sie, „Hauptsache, kein Ziegenkäse.“

Als wir vor dem cooking-Kutter stehen, sinkt unsere Begeisterung ähnlich stark wie seit Wochenbeginn das Thermometer.

Am Kai steht ein verschiffungsbereiter Campingkocher und daneben eine große abgedeckte Schüssel. Menschen schleppen Getränkekisten auf den Kutter, der – von seinen Ausmaßen her eher ein Kutterchen – sardonisch im Takt des ersten scharfen Herbstwindes auf den Hafencitywellen herumschaukelt.


Plötzlich scheint Ungemach zu drohen, nämlich Erbsensupp’ in der Kajüte, verschärft durch abendfüllendes Schlingern und Schwappen und die Eventualität fragwürdiger sanitärer Anlagen.

Wir verdrücken uns unverzehrter Dinge. Zu Hause gibt es definitiv keinen Ziegenkäse (was ich bedaure). Und wenn, dann würde er nicht schlingern, was ein Wert an sich ist.


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31 August 2009

Ohne Worte (57): Summer in the city



Dock 10

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15 August 2009

Revolution ist auf Dauer langweilig



Wenn man sich samt Fahrrad vom Autoaufzug abseilen lässt an den Eingang des Elbtunnels, dann den Fluss unter– und auf der anderen Seite am Deich lang die Insel Wilhelmsburg überquert, ist man in weniger als 30 Minuten beim …



… Dockville-Festival. In weiter Ferne, so nah – zumindest mit dem Fahrrad. Verblüffend. Ich sehe mir in der Nachmittagssonne die Band Junopilot an, die einen hübsch psychedelischen Chilloutpostrockdub mit Mitwackelzwang spielt, und nicht weit davon …



… steht ein Verkaufsbus, der „Kaffee für den täglichen Aufstand“ verkauft, was mir echt zu viel wäre. Jeden gottverdammten Tag eine Revolution anzetteln? Das wird auf Dauer so langweilig wie täglich Kartoffelbrei, und man sehnte sich gewiss bald nach stinkgemütlichem Spießertum.

Deshalb lieber kein Kaffee. Stattdessen verspüre ich eine aufwallende Begehrlichkeit nach einem anständigen Milcheis und betrete den Aufstandsbus. Drinnen steht ein Typ, der mich merkwürdig anschaut, keine Ahnung warum. Er erklärt es mir: Ich habe die falsche Tür benutzt und stehe jetzt hinterm Verkaufstresen statt davor. Ups. Doch wo auch immer man steht in diesem Bus, man bekommt kein Milch-, sondern nur Wassereis, wegen der Salmonellen.




Draußen streckt derweil eine kopflose nackte Schaufensterpuppe die Beine hoch in den Himmel …



… also genau dahin, wo es sich eine dicke fette Wolke störrisch vor der Sonne gemütlich gemacht hat, was den Wilhelmsburger Gewerbebauten eine Aura aus postindustriellem Licht um die verdüsterten Häupter legt.



Auf der Rückfahrt prangt die Köhlbrandbrücke am Horizont wie ein Rieseninsekt, doch meine Speicherkarte ist voll, und ich muss ein Archivfoto aus einer ganz anderen Perspektive hervorkramen, das nicht mal ansatzweise etwas Insektenhaftes hat.

Wahrscheinlich glaubt man mir jetzt auch den ganzen Rest dieses wild zusammengestoppelten Blogeintrags nicht. Und womit? Mit Unrecht!


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04 August 2009

Ohne Worte (54): Hafensommer




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22 Juli 2009

Doch keine Wechselgebühr

Am Sonntag war Anwohnerflohmarkt an den Magellanterrassen in der Hafencity.

Hier an der neusten Hamburger Waterkant kann man für eine Eigentumswohnung bis zu 6000 Euro pro Quadratmeter loswerden, und es dürfte interessant sein, was jemand, der hier wohnt, auf seinen Flohmarkttisch packt.

Nun ja, zum Beispiel verspielte Hüte, Samtfummel mit Leopardenmuster, Designernippes, Porzellan und – siehe da – sogar Echtpelzmäntel (Foto). CDs und LPs hingegen sah ich kaum, und wenn, dann alles von Scooter bis David Hasselhoff, gesprenkelt mit Meditationsmusik.

Wie die Hafencitybewohner zu ihrem Reichtum kamen, der es ihnen erlaubte, kaltlächelnd 6000 Euro pro Quadratmeter Wohnraum hinzublättern, deutete ein Standbesitzer humorig an, als ich ihn frug, ob er mir mein Eurostück in zwei 50-Cent-Münzen umtauschen könne. Ich wollte nämlich die picobello 1a-Toilette auf den Magellanterrassen benutzen.

„Eigentlich“, schmunzelte der junge Hafencitybewohner mir mahnend zu, während er in der Echtlederbörse kramte, „müsste ich dafür eine Wechselgebühr erheben.“


Tat Vadder Theresa aber dann doch nicht – zur Refinanzierung der Wohnlage in einem zeitlich vertretbaren Rahmen wäre diese Erhebungsmethode eh ungeeignet gewesen.


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18 Juli 2009

Ohne Worte (50): Er hat es nicht anders gewollt

Entdeckt an der Niederbaumbrücke, Speicherstadt

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06 März 2009

Ohne Worte (33)



Entdeckt am Elbufer bei Teufelsbrück


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03 März 2009

Ohne Worte (32): Zuneigung



Entdeckt im Restaurant Tai Tan am Kaiserkai, Hafencity.


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02 März 2009

Der Hammer

Vorm Haus fotografierte ich Sonntagmittag übliche Reste einer St.-Pauli-Nacht: eine achtlos zurückgelassene leere Sektflasche und die in friedlicher Nachbarschaft bläulich schimmernden Splitter einer eingeschlagenen Autoscheibe.

Insignien eines typischen Kiezstilllebens, das stets anspielen muss auf Suff und Sachbeschädigung; meistens ist das eine übrigens die Folge des anderen.

Wir passierten diese Stelle gleichwohl ungerührt, fuhren mit dem 36er runter bis Teufelsbrück und liefen elbaufwärts zurück in die Stadt. (Hamburgtouristen: Das war ein Geheimtipp!)

Unterwegs diskutierten wir im diffusen Licht des Beinahfrühlings die Schwierigkeiten idiomatischer Übersetzungen. Im Web war ich nämlich auf eine Beschreibung des bekifften Sam Phillips gestoßen: „He was high as a kite“, hatte der Autor ein sehr schönes, aber nicht direkt übertragbares Bild gefunden.

Nach einigem Überlegen einigten wir uns auf „Breit wie ein Hammerhigh“.

Der Tag – vom gemeinsamen Spaziergang mit Ms. Columbo eh mit güld’nem Schimmer überzuckert – war endgültig gerettet.


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26 Januar 2009

Ohne Worte (25): Siehe Ohne Worte (24)



Blick von der Elbchaussee auf den Hafen.


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Ohne Worte (24): Winter in Hamburg oder Warum wir hier nicht mehr wegwollen



Elbstrand in Neumühlen mit Hafenpanorama


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16 Januar 2009

Sex sells(?)



46 902 wird wohl die Webzahl des Jahres.

Für diesen beschämenden Eurobetrag ging das Basic-Thinking-Blog bei Ebay über den Ladentisch, dabei hatte es doch die Berechnungsseite „How much is my blog worth?“ als zwölfmal so wertvoll taxiert. Macht einen Versteigerungsverlust von einer halben Million Euro.

Bei „How much …?“ kommt dieses Blog hier übrigens nur auf eine Bewertung von 14 676 Euro, und das trotz meines unverhohlenen Sex-Schwerpunkts und viel schönerer Fotos (Foto).

Ein Schnäppchen also! Möchte wer?


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15 Oktober 2008

Matt, der Restauranttester



Ständig öttelt der Sternekoch Christian Rach durch die deutsche Provinz, um kulinarische Katastrophen zu beheben und lausige Restaurants vorm Ruin zu retten. Doch wie geht es bei Rach selbst so zu, nämlich im Tafelhaus?

Mal schauen. Sein Restaurant, das in der Boulevardpresse reflexhaft unter „Gourmettempel“ subsumiert wird, liegt an der Elbe, hat einen Michelinstern und lässt ihn sich auch bezahlen, holla …

Als wir reinkommen, sitzt Cheffe auf einer Bank an der Wand, wo er traute Gespräche mit einem jungen Paar führt, offenbar Freunde. Im Gastraum herrschen dezenter Barjazz und dunkle Holztöne, hier schummert’s schön, damit das Hafenpanorama auch abends nicht von den Fensterscheiben weggespiegelt wird. Von der hohen Decke zielen Punktstrahler auf die Tischmitte; so bleiben die Gesichter der Gäste im mysteriösen Halbdunkel.


Wir stellen uns ein Drei-Gänge-Menü zusammen, die Kellnerin lächelt und notiert sich … nichts. Mich macht so etwas immer nervös. Stets bange ich bis zum erfolgreich absolvierten Serviervorgang ums Gedächtnis des Bedienpersonals. Heute Abend jedoch grundlos; schließlich sind wir hier bei Sternekoch Rach, das ist keiner, der sich sein Personal an der Unipinnwand zusammensucht, nein, wahrscheinlich hat hier jede Kellnerin mindestens Philosophie und Mathe studiert (wie er selbst).

Drüben bespaßt Rach noch immer seine Freunde. Manchmal lacht er derart laut auf, dass wir denken, wir seien im Fernsehen.

Die Portionen sind überschaubar, doch das ist nicht schlimm, denn Rach verfolgt ein raffiniertes Prinzip: Zahl drei, krieg acht. Denn immer, wenn man gerade nicht damit rechnet, eilt eine Kellnerin herbei und entrichtet einen kleinen Gruß aus der Küche. Mal ist es Brot mit Aalbutter, mal Gänseleberpastete, mal ein Champagnersüppchen mit Minze und Mango, mal ein Sortiment feinster Chocolaterie, und der Rest fällt mir nicht mehr ein.

Den Hauptgang serviert dann Rach persönlich, mit schlenkernden Armen und Fernsehstimme erläutert er Kombinationen und Ingredienzen. Was also liegt überhaupt im Argen hier im Tafelhaus? Nach langem Sinnieren fällt mir etwas ein: der Fauxpas beim Fischbesteck!

Eine Kellnerin legt es Ms. Columbo hin, obwohl doch ich den kross gebratenen Zander mit Kraut, Knöpfle und Traubenchutney bestellt habe (Foto o.) und sie die Roulade vom Kaninchen mit Backpflaumen, Rahmwirsing und gebackenem Sellerie.

Abzug in der B-Note, Herr Rach! So nicht!

Wir nehmen schließlich ein Taxi zum Kiez und werden noch lange an diesen Abend denken – das ist schon jetzt so sicher wie der kühn geschwungene Tafelhaus-Schriftzug an der roten Wand zum Klo.

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09 September 2008

Fisch oder Fleisch

Am Freitag, den 19. 9., um 19 Uhr spielen die nicht nur in Hamburg weltberühmten Tomte kostenlos auf dem Fischmarkt.

„Wenn jemand Durst hat, bringt euch Getränke mit“, warnt das Label, „da werden keine Buden stehen!“ Für Kiezianer ein gleichsam lebenswichtiger Hinweis, denn ohne ausreichend Astravorräte geht hier nix – und niemand zu Tomte.

Apropos Fisch: Mittags beim Sushijapaner vertrete ich eine These, die den Syrer, der offen mit dem Vegetarismus kokettiert, enorm bestürzt. Wer auf Sojabratwürste stehe, führe ich überzeugend aus, verhalte sich wie jemand, der sich lieber mit einer Sexpuppe vergnüge als mit einer echten Frau. Empört lacht er auf, an Gegenargumenten hingegen gebricht es ihm hinten und vorne.


Anders übrigens als dem Dekolletee, das ich im St.-Pauli-Stadion an der Wand des Ballsaals entdeckte.

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04 September 2008

Wes Brot ich ess



Heute war ein Tag wie aus den glorreichen Zeiten des Pop Mitte der 90er, als das Schlaraffenland für eine kurze Ewigkeit Wirklichkeit war und einem die gebratenen Tauben nur so zuflogen: drei Einladungen, dreimal Büffet. Man muss nur zum richtigen Zeitpunkt auch das Maul aufsperren, doch dazu später.

Das Mittagsmahl im Anschluss an eine von gedrückter Stimmung geprägte Pressekonferenz geriet mangels Masse zum umkämpften Leichenschmaus. Der erste von zwei Abendterminen führte mich dann um 18 Uhr in den Kaiserkeller, wo die Beatles 1960 ihren Hamburger Debütauftritt hatten.

Unter Zeitdruck – der nächste Termin dräute bereits um 7 – musste ich trotz vernehmbaren Hungers schon vor Eröffnung des ganz augenscheinlich großartigen Büffets (Scampi! Fisch! Antipasti!) den höchst gastlichen Ort verlassen, um im Internationalen Maritimen Museum in der Hafencity die nächste Präsenzpflicht zu erfüllen.

Bei meiner Ankunft standen allerdings nur verhärmte Teller auf dem grundsätzlich büffetverdächtigen Tisch, doch Warmhalteplatten oder ähnliche Indizien für metabolisch Verwertbares waren nirgends zu sehen. Ich hielt mich deshalb erst einmal mit Chardonnay über – ähem – Wasser.

Eine Stunde später – mein Magen übertönte bereits mühelos die just begonnenen musikalischen Darbietungen – traf die wohlgelaunte Kollegin K. ein, die sich, wie sie mir mit düpierendem Behagen erzählte, zunächst in Ruhe das Essen im Kaiserkeller hatte munden lassen, um erst dann von aller Sorge befreit gen Museum aufzubrechen. Zweifellos eine Taktik, die meiner von spießbürgerlicher Pünktlichkeit dominierten weit überlegen war.

Erst nach einer weiteren Stunde – Mitternacht war nicht mehr fern – tischte man auch hier auf, doch statt Fisch gab’s Frikadellen und statt Panacotta Rote Grütze.

Dafür war der Blick über die Stadt quasi sättigend, und ich frönte wieder mal meiner notorischen Kranophilie.



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27 August 2008

Fundstücke (39)



Immer wenn ich bei einem Hafenbummel diese Aufschrift sehe, denke ich automatisch über die Nützlichkeit von Abführtabletten nach.

Bei der Käsespezialität aus St. Georg – diverse Hartkäsesorten waren in eine Folie eingeschweißt, die Kalaschnikowform hatte – geht es mir merkwürdigerweise genauso.


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05 Juni 2008

Das folgenreiche Kurzarmhemd

Heute Abend treffe ich mich mit dem Stilterroristen GP im Hamburg City Beach Club. Ich weiß, er hasst Kurzarmhemden, deshalb suche ich den Kleiderschrank danach ab und werde schließlich hinten links fündig.

In ganzer karierter Kurzarmhemdpracht tauche ich im Beach Club auf. Ein voller Erfolg. Mein Anblick führt bei GP zu einem ästhetisch induzierten Schock, den er mit gespielter Agilität und einem mühsam inszenierten Grinsen zu übertünchen versucht. Erst die eilends beschaffte Currywurst, in die er temporär starren kann, löst seine Verkrampfung halbwegs.

Dann tritt der Schlagerveräppeler Alexander Marcus auf. In einer rosa Hose singt er „Papaya“ – eine Performance, die GP mit nicht abreißendem Carlsbergnachschub vergleichsweise souverän zu überstehen weiß.

Um meinen Anblick halsabwärts zu meiden, stiert er mir blinzellos in die Augen wie ein Replikant und versucht das Gespräch auf seinen geplanten Fitnessclubeintritt zu lenken. Ich soll ihn werben dürfen.

Seine ersten laienhaften Fragen beschäftigen sich aber nicht mit den angebotenen Kursen, der Sauberkeit der Sauna oder den Knackärschen der geilen Trainerinnen, nein: Er will wissen, was man anziehen muss beim Trainieren.

Kurzarmhemden, sage ich. Man darf nur in Kurzarmhemden trainieren. Er erstarrt und springt in die Elbe.

Zumindest in einer idealen Welt wäre das so abgelaufen, doch ich erzähle ihm irgendetwas von Indoorsneakers, Shorts und T-Shirts, und dann holt er auch schon das nächste Carlsberg, während Alexander Marcus bei „Ciao ciao bella“ angekommen ist.

Ja, das Leben kann so schön sein an einem Sommerabend am Elbstrand in der besten aller Städte und im Kurzarmhemd.



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20 Mai 2008

In die Falle getappt, schon wieder



Nach einer schmerzhaften Erfahrung hatte ich mir fest vorgenommen, nie mehr rechts einen Ring zu tragen, wenn auch nur der Hauch einer Gefahr bestünde, Kalle Schwensen die Hand schütteln zu müssen.

Doch erst als GP und ich uns dem Eingang des Hafenrestaurants Indochine näherten, wo wir zu einer Party Schwensens eingeladen waren, fiel mir dieser weise Vorsatz wieder ein. Also zu spät.

Wir sahen Schwensen schon von weitem, sein ikonografisches Gesicht (Schnauzer, Sonnenbrille) stach deutlich heraus aus der Menge der Promotionmodels in silbernen Jacken, es gab kein Entkommen.

Zwar hätte sich noch alles zum Guten wenden können, doch ich war wie paralysiert vom bevorstehenden Händeschütteln – und vergaß es einfach, meinen Ring noch schnell heimlich in der Hosentasche verschwinden zu lassen oder ihn wenigstens an einen Finger der linken Hand zu stecken.

Als es vorbei war, schaffte ich es erstaunlicherweise trotzdem noch, mein Weinglas wie gewohnt mit rechts zu halten. Sie zitterte nur leicht, und ich musste zwecks Gewichtsreduktion schneller trinken als gewöhnlich, doch das funktionierte recht gut. Hafenblick wirkt lindernd.

Zudem lenkte GP mich ab, indem er die Sprache nach- und durcheinander auf folgende Themen brachte: die schwankende Qualität der „Alien“-Quadrologie, Jagdflieger im Zweiten Weltkrieg, Hegel (den er kurzzeitig mit Kant verwechselte), meine unmögliche Sockenfarbe, die Vorzüge dunkelhäutiger Promotionmodels, Italowestern, die Ähnlichkeiten von tibetischer und thailändischer Küche, Robert Mitchum, ein 100.000-Euro-BMW-Cabrio, Schwensens Rolex und das Siezen in Weblogs. Diese Auswahl ist wahllos und nicht repräsentativ.

Übrigens ging das Tippen dieses Eintrags bereits wieder erstaunlich schmerzfrei vonstatten.


PS: Ich glaubte meine Kamera vergessen zu haben und versäumte es daher, Fotos anzufertigen. Deshalb folgt hier bald ein Platzhalterbild, das in der Nähe des Indochine entstand – und zwar sobald das Hochladen wieder funktioniert, verdammt noch mal.


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14 April 2008

Trinken, hoch und tief

Rechtzeitig zu ihrem taufrischen Ruhm als Buchautorin hat mich die alte Bekannte Jutta Vey übers Internet aufgespürt, um mit mir einen trinken zu gehen – das erste Mal seit 12 Jahren.

Wir landen in der Bar 20up im Empire Riverside Hotel (Foto). Dort, in majestätischen 60 Metern Höhe, ist der Ausblick auf den Hafen dank der gigantischen Panoramafenster so unfassbar glorios, dass sich quasi jedes Pixel des optischen Eindrucks exponentiell in den Getränkepreisen niederschlägt.

Für ein Viertel Grauburgunder berappt man hier zehn Euro, ein Preis, der sich nur durch beständiges Hinuntergucken auf den Hafen halbwegs amortisiert. Doch das tue ich natürlich nicht, wo ich doch eine taufrisch berühmte Buchautorin als Tischgast habe.

Danach verschlägt es uns in die Ritze. Sie liegt 60 Höhenmeter tiefer an der Reeperbahn, und selbstverständlich erwarten wir dort ein adäquat abgesenktes Preisniveau von zwar nicht einem 60-stel des 20up, aber doch ein erheblich niedrigeres. Für die zwei Piccolofläschchen Durchschnitts-Pinot-Grigio möchte die zentimeterdick beschminkte Wirtin Inge allerdings gloriose neun Euro pro Stück, so dass wir mit Trinkgeld exakt auf dem Riverside-Niveau landen.

Der entscheidende Unterschied liegt im Ausblick: Statt majestätischer Kreuzfahrtschiffe im Trockendock präsentiert sich uns ein Fernseher, auf dem DSF läuft, und eine Polaroidgalerie mit Autogrammen von Lisa Fitz und Jan Fedder.

Ein Grund zu gehen, zumal die im Wesentlichen von Schminke zusammengehaltene Wirtin den Stones-Song „Brown Sugar“ derart aufdreht, dass an eloquente Plaudereien nicht mehr zu denken ist.


Allerdings hatte dafür auch schon der Wein gesorgt – zumindest bei Frau Vey, deren taufrischer Ruhm sich noch ganz und gar nicht in exponentiell wachsender Trinkfestigkeit niedergeschlagen hat.

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06 April 2008

Der Fischmarkt und die Folgen



„Lass uns mal wieder zum Fischmarkt gehen“, hatte Ms. Columbo heute früh zu mir gesagt, „einfach mal gucken, nichts weiter.“

Zu diesem Zeitpunkt waren wir noch um 50 Euro reicher gewesen. Und um rund 15 Kilo verderblicher Lebensmittel ärmer.


(Die 3 Pfund Lachsfilet sind übrigens nicht Bestandteil des abgebildeten Arrangements.)

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29 März 2008

Wohl doch ein Dobermann

Wer auf der Südseite der Elbchaussee wohnt, gilt gemeinhin als zu viel reich und verschwiegen, um sich auch noch mit so etwas Lästigem wie Humor abgeben zu können.

Umso erstaunter waren wir beim Anblick des abgebildeten Schildes, welches uns eingangs einer wuchtigen, vielleicht einem Gynäkologen gehörenden Elbchausseevilla vor allzu großer Nähe warnte und dies zugleich persiflierte.

Beim sprichwörtlichen Understatement der Elbhangbewohner ist dennoch nicht mit einem Pekinesen als Wachhund zu rechnen, sondern mit einem aus taktischen Gründen verniedlichten Dobermann. Wir wagten es daher nicht, in die Villa vorzudringen, um vom Südbalkon aus einen besseren Hafenblick zu gewinnen.

Heute übrigens gaben die Kollegen (und Kolleginnen!) der Stiftung Warentest bekannt, 50 Gynäkologen unter die – ähem – Lupe genommen zu haben.

Vielleicht war ja zufällig der Besitzer des bisschen Hunds dabei, aber das werden wir natürlich nie erfahren.


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02 März 2008

Mensch meets Möwe

Als wir mittags zum Fischmarkt hinuntergingen, um uns anzuschauen, was die Orkanin Emma mit dem Areal angestellt hatte, sahen wir gleich, dass nichts zu sehen war. Keine Überschwemmung, alles ganz normal.

Am spektakulärsten war noch der Möwenschwarm, der sich am Ufer über eine illegal entsorgte Kiste Weißbrot hermachte. Enten und Tauben hielten sich missmutig am Rand und zogen lange Gesichter, blieben aber sicherheitshalber in der Nähe; man weiß ja nie.

Angesichts der wild ums Weißbrot kämpfenden Seevögel fiel mir ein Transparent wieder ein, das wir auf dem Hinweg an einem der neuen Hochhäuser am Bavariagelände gesehen hatten. Es propagierte den peinigenden Slogen: „Mensch meets Möwe“.

Kann uns vielleicht Fachmann Ramses mal erklären, wie so etwas durch sämtliche Kontrollinstanzen schlüpfen kann? Und was er alternativ von „Texter needs Faust (in his face)“ hält?

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11 November 2007

Nach der Flut



Wenn die Elbe in die Stadt hineinströmt, dann strömen die Hamburger Richtung Elbe. Natürlich auch ich, Sturmflut kucken.

Am Fischmarkt war Land unter, dort zog man Autos aus den graugrünen Fluten. Oben am Pupasch hatte man Flutschutzmauern hochgezogen, man musste drübersteigen, um auf die Landungsbrücken zu gelangen.

Dort freilich sah alles aus wie immer; sie schwimmen ja, die Landungsbrücken, sie gehen seit eh und je auf und ab mit Ebbe und Flut, und man musste sich schon bewusst machen, dass man sich dreieinhalb Meter höher aufhielt als gewöhnlich, um dem Thrill der Sturmflut nachhängen zu können.

Doch wie hoch das Wasser auch stieg, wieviele Autos auch absoffen, wie durchweicht meine Turnschuhe auch waren nach dem Waten über den Fischmarktparkplatz: Die beschissene Gegenwart ist immer die gute alte Zeit von übermorgen.

Das war das Wort zum Sonntag.


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03 Oktober 2007

Mittwochs frei: Wer ist dabei?

Die Elbe vor Teufelsbrück glitzerte an diesem gloriosen Mittwoch wie flüssiges Silber, als wir auf der Fähre nach Finkenwerder übersetzten.

Man sollte, finde ich seit heute, generell Mittwoche zu Feiertagen erklären. Zwei Tage arbeiten, einen Tag frei, wieder zwei Tage arbeiten und dann zwei Tage frei: Irgendwie kommt mir das vor wie ein verdammt guter Plan. Kann sich vielleicht eine Partei dafür erwärmen? Die erwöge ich zu wählen.

In Finkenwerder stießen wir auf einen Bootshafen, wo abgetakelte Yachten und kleine Fischkutter herumlagen und vom Meer träumten. An einer Rampe, die ins Hafenbecken führte, standen die abgebildeten Warnschilder, und ich schiebe es einfach mal auf den Einfluss meines liederlichen Stadtteils St. Pauli, beim Wort „Slipbetrieb“ an etwas ganz anderes gedacht zu haben als wahrscheinlich die Finkenwerder Behörde.

Später fanden wir einen unbemannten Obststand mit Tüten voller Äpfel und Birnen und einer Blechbüchse, in die man einsfünfzig pro entnommener Packung einwerfen sollte. Wieder fiel mir St. Pauli ein, während wir den Obolus entrichteten. Dort wäre dieser menschenlosen Form des Verkaufens wohl wenig Erfolg beschieden. Am Ende wäre das Obst vielleicht noch da, doch gewiss keine Büchse mehr.

Trotzdem fuhren wir wieder zurück, mit der Fähre von Finkenwerder bis zu den Landungsbrücken, durch flüssiges Silber. Vielleicht sollten wir sie einfach selber gründen, die Mittwochsfreipartei.

MFP klingt jedenfalls ziemlich unverbraucht.

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10 September 2007

Douglas Adams’ späte Rache

W., dem ich versprochen habe, ihn niemals in diesem Blog zu erwähnen, lenkte meine Aufmerksamkeit auf eine schöne Veranstaltung, ohne selbst daran teilnehmen zu wollen: einen Barkassenausflug auf der Frau Hedi durch den Hafen zu Countrymusik und Bier, mit DJ Chief Brody und der Liveband Oklahoma Ranch. Pro Törn acht Euro, stündlich Zustieg an Brücke 10.

Also rief ich A. an, und der war gleich begeistert, obgleich ihn Country kaum, das Schippern durch die Fleete aber umso mehr reizte. Doch der Abend schien zu Ende, noch bevor er begonnen hatte. Denn als wir um neun Uhr an Brücke 10 die Barkasse auf uns zutuckern sahen, rief uns ein hagerer Mensch mit Dreispitz auf dem Kopf schon vom Boot aus zu: „Das war die letzte Fahrt, zu wenig Leute!“ Also kein „Lost highway“ auf der Elbe – Schiet.

Wir enterten das Schiffchen trotzdem, auf ein Bier. Plötzlich aber legte es ansagelos doch ab. Wir strahlten, und A. holte zur Feier der Fahrt die nächsten zwei Bier. Der Mann mit dem Dreispitz erklärte die überraschende Weiterfahrt mit der Generosität der Band, die spontan auf ihre Abendgage verzichtet hatte.

Das war sehr honorig von Oklahoma Ranch, obgleich ihr außergewöhnlich mäßiger Auftritt, der bald darauf folgte, auch kaum mehr als keine Gage wert gewesen wäre. Doch die Darbietungen schimmerten im sanften Licht ihrer Mildtätigkeit, und wir beklatschten sie ausgesucht höflich.

Wieder an Land verschlug es uns ins Komet zur Veranstaltung „Top oder Flop“, wo normalerweise Schallplatten, heute aber VHS-Cassetten zur Versteigerung ausgelobt wurden. Wenn niemand bot, wurde der arme Tropf von Film mit einem Hammer zerstört und in die Runde geworfen. Ein großer Spaß. Man darf nur nicht im Wurfradius sitzen, denn auch eine kaputte Videocassette entwickelt beträchtliche kinetische Energie.

Doch in dieser Nacht wurden nur wenige Tapes zerstört; selbst letztklassiger Trash wie der sehr blutige Berliner Untergrundfilm „Operation Unterarm“ fand für 50 Cent oder so seinen Käufer – obwohl gerade dieser Steifen dermaßen no budget war, dass die Macher notgeboren auf Spezialeffekte verzichtet hatten und dem Bereitsteller des im Titel erwähnten Unterarms kurzerhand eine echte Nadel quer durchs Fleisch stachen.

Von diesem Film nahm ich vorsorglich Abstand, zumal ich die Durchstechszene (Foto) ja jetzt schon gesehen hatte. Dafür ersteigerte ich nach einem sehr harten Bietduell mit dem Wirt beide Tapes der englischen TV-Verfilmung von Douglas Adams „Per Anhalter durch die Galaxis“ – und beglich so eine Schuld, die mich exakt seit dem 5. Mai 2001 latent drückte.

An jenem verfluchten Samstag nämlich war mir auf dem Flohmarkt am Schlachthof die gleiche VHS-Edition für 15 Mark zu teuer erschienen, und ich hatte von einem Kauf abgesehen. Nur eine Woche später, am 11. Mai 2001, starb Douglas Adams, wahrscheinlich an gebrochenem Herzen, wofür niemand anderes verantwortlich war als ich elender Geizhals.

Nun also konnte ich, mehr als sechs Jahre später im Komet, diese Schuld endlich begleichen – für 8,50 Euro, was umgerechnet 16,62 Mark entspricht, also sogar mehr als damals.

Wenig später übersah ich auf dem Weg zur Toilette eine geschickt versteckte Stufe und verstauchte mir zurecht böse den linken Knöchel, der sich nunmehr seit Tagen im lähmend langsamen Abschwellen übt.

Wenn man alles zusammennimmt – Adams’ Abgang, sechs Jahre schlechtes Gewissen, eine schlechte Countryband, ein verstauchter Knöchel –, dann bin ich insgesamt noch sehr glimpflich davongekommen.


Sofern nichts mehr nachkommt natürlich.

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23 August 2007

Ich Raschelhufer

Heute Morgen kam ich zum Rad und fand es ums Rücklicht dezimiert vor. Auch die Birne fehlte.

Dafür hielt immerhin die vordere Lampe noch die Stellung. Auch Lenker, Räder, Kette, Schaltung und Bremse waren nicht auf nennenswertes Interesse gestoßen. Jetzt bin mir nicht ganz sicher, ob ich dem aufkeimenden Gefühl der Dankbarkeit wirklich nachgeben sollte.

Zum Glück gab es heute auch heitere Momente. Verantwortlich war etwa jene Spammail, die mich mit folgenden Worten zu ködern versuchte: „Energy fur ihren Schwanz, kaufen!“ Oder Sibylle Bergs turnusmäßiger Rundbrief, der stets mit einer derart niedlichen Anrede eingeleitet wird, dass ich mich aktiv dran erinnern muss, wirklich mitgemeint zu sein.

Heute besäuselte Frau Berg u. a. mich mit „liebe kleine raschelhufer“. Wenn man so angesprochen wird, ist ein eingebüßtes Rücklicht samt Birne spürbar leichter zu verschmerzen.

Ja, ich musste sogar feststellen: Wenn man mich „lieber kleiner raschelhufer“ nennt, kommt mir ein Dieb überhaupt nicht mehr wie ein Dieb vor, sondern eher wie ein Stibitzer oder noch was Putzigeres.

Als Ms. Columbo und ich abends am Fischmarkt entlangspazierten, strömten bereits wieder Menschen ans Elbufer, die sich dem Auslaufen der Queen Mary 2 entgegenfreuten. Ich wandte dem Schiff den Rücken zu und fotografierte die Straßenlampe vorm Abendhimmel, und noch ehe das Auslauffeuerwerk losging, waren wir schon wieder zu Hause.

Man stumpft einfach ganz schön ab mit der Zeit.

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18 Juli 2007

Arme Touristen

A. und ich sitzen hoch überm Hafen auf einem warmen Grashügel unter einer Blechpalme. Wir trinken Bier und schauen in der Dämmerung den Kränen in den Docks zu.

Und plötzlich geht mir auf, wie ungemein großartig es doch ist, dies einfach so tun zu können, auf die simpelste, schlichteste Weise: indem man aus dem Haus tritt mit einer Tasche voll Bier, dort hingeht zum warmen Grashügel und in der Dämmerung unter einer Blechpalme den Kränen in den Docks zuschaut, während der Rest der Welt sich schon eine ganze Reise zumuten muss, um das tun zu können – und es dann doch nicht tut, sondern in irgendein Musical stolpert.

Und darauf stoßen wir an.


PS: Das Foto zeigt zwar die Blechpalmen, wurde aber nicht heute Abend aufgenommen, weil ich die Hände nicht frei bekam – da war einfach kein gerader Platz auf dem warmen Grashügel, wo ich die Bierflasche hätte abstellen können.

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06 Juli 2007

Moby Dick und meine Badelatschen

Heute hatte alles einen Wasserbezug, nicht nur wegen des Regens. Nein, im Hafen liegt auch ein toter Pottwal (Foto: Spon).

Außerdem habe ich neue Badelatschen gekauft. Sie steckten in einer luftdichten Plastikhülle, deshalb enttarnten sie ein wichtiges Detail erst nach dem Auspacken. Die Latschen stinken nämlich, und zwar bestialisch.

Es ist, als hätten sich eine Teer- und eine Lackfabrik zusammengetan, um danach einen gewaltigen gemeinsamen Rülpser auszustoßen. Und dann noch einen.

Ms. Columbo jedenfalls rümpft zu Recht die hübsche Nase. „Kannst du sie nicht heute Nacht auf dem Balkon auslüften lassen?“, fragt sie rhetorisch. „Sie sind bestimmt nicht mit dem Kyoto-Protokoll zu vereinbaren.“

Genau diesen Verdacht habe ich auch. Gäbe es eine Methode, die Badelatschen zu verflüssigen, könnte man mit der entstehenden Brühe wahrscheinlich ein Auto betanken und die Rallye Paris-Dakar gewinnen. Oder einen toten Pottwal für sehr, sehr lange Zeit konservieren.


Mal sehen, wie morgen früh die olfaktorische Lage ist, nach der Nacht auf dem Balkon.

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14 Mai 2007

Die Rückkehr der Matrosen

Einst waren sie es, die – wie in jedem Hafen der Welt – für die Entstehung des Rotlichtviertels sorgten. Dann verschwanden sie spurlos, doch die Huren blieben.

Einmal im Jahr aber, am Hafengeburtstag, kehren sie zurück nach St. Pauli, wie ein folkloristischer Anklang an eine lang versunkene Zeit: Matrosen.

Drei Tage lang sahen wir sie in Dreier-, Vierergruppen die Reeperbahn abschreiten, die meisten schienen russisch zu sprechen. Sie trugen blaue Ausgehuniformen – und weiße Mützen, die so groß waren, als kokettierten sie mit der Möglichkeit eines Daseins als richtige Hüte.

Gestern sah Ms. Columbo gar eine Gruppe in besonders festlichen Uniformen, deren vergoldete Knöpfe allerdings nicht recht harmonieren wollten mit den Plastiktüten der Drogeriekette Schlecker, die an den Händen der Matrosen baumelten.

Im Hafen, der nun schon seit 818 Jahren das Schicksal Hamburgs bestimmt, lagen drei Tage lang ihre Kreuzer und Großsegler, ein Gewirr turmhoher Takelagen dominierte die Aussicht von den Landungsbrücken. Doch ein kleines hässliches Entlein von Ausflugsbarkasse, das immer hier vor Anker liegt, ließ sich von den stolzen Schwänen der Meere die Laune nicht verderben.

Es heißt „Christa Glitscher“, und ich kann mir nicht helfen: Der Name klingt frivol, ja geradezu obszön. Vielleicht liegt das aber auch an mir; vielleicht bin ich verdorben durchs Leben auf St. Pauli, das so, wie es ist, nur dank längst vergangener Generationen von Matrosen werden konnte.

Und immer, wenn Hamburg Hafengeburtstag feiert, kehren sie zurück aus dem Nebel der Vergangenheit, ganz so wie ihre Kollegen in John Carpenters Film „The Fog“. Doch diese hier in ihren blauen Ausgehuniformen wollen uns nicht ans Leder, sondern einfach nur bei Schlecker einkaufen.

Oder eine Hafenrundfahrt buchen auf der „Christa Glitscher“.

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21 April 2007

Im Aidadivawahn

Es ist ein Witz. Hunderttausende strömen an die Landungsbrücken, drängen sich an den Weinstöcken am Stintfang, treten sich am Fuß des Hafenhotels auf die Füße, und alle haben nur ein Ziel: 68 500 Bruttoregistertonnen namens Aidadiva beim trägen Elbabwärtsfahren zuzusehen.

Was wollen diese Menschen hier? Interessiert sie die Lasershow? Das Feuerwerk? Oder wirklich nur das monströs dicke Schiff, das ihrer wildesten Träume verkörpert von Müßiggang und Fernweh?

Es ist ein Witz. Und ich bin mittendrin.

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18 April 2007

Der Himmel über St. Pauli

Manchmal laufe ich durch die Stadt wie ein Aborigine, dann ist alles voller kartierter Erinnerungen.

Das Bankhochhaus am Bahnhof Altona mit dem einst zerbrochenen Fenster unterm Dach, durch das der Einbrecher in den Tod sprang. Das Zeisekino, auf ewig verbunden mit dem ersten Sehen von „Fargo" (mit Frances McDormand, die den North-Dakota-Ausruf „Jesus!“ immer verkürzt herauszischt, als spräche sie von Käse: „Cheese!“).

Die Sonne, die sich im Winter durch die schwarzen Wolken wühlt, um einen Blick auf die Hafenkräne zu werfen. Oder jener nicht fixierbare, doch ideale Ort mitten auf der Elbe, wo unser Ausflugsschiff lag, als das Feuerwerk überm Hafen losging.

Ja, wie ein Aborigine, der uralten Songlines folgt, laufe ich manchmal durch die Stadt, und sie erzählt mir hundert Geschichten im konspirativen Timbre persönlicher Erinnerungen. Und wenn ich Glück habe, kommt jede Woche eine neue Geschichte, ein neues Bild hinzu.

Eins davon sehen wir fast jeden Abend: wie die Illumination St. Paulis die über uns hinwegziehenden Abendwolken einfärbt. Das Rotlichtviertel, das sich im Himmel spiegelt: ein schönes, melancholisches Bild für den Trost, den auch eine entmystifizierte Welt zu spenden vermag.

Islamisten werden das nie verstehen.

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15 April 2007

Alle Vöglein sind schon weg

Touristen schieben sich schwarmartig über die Landungsbrücken, die eklen Dieselschwaden der Schiffe hängen träg im traumhaften Tag, und wir suchen einfach nur Enten. Gerne auch Möwen.

Denn wir haben Brotkanten dabei, und Vögel sollen sie fressen, solange es keine Tauben sind, diese elenden Ratten der Lüfte. Hierher aber, ans hochsommerliche Glitzerfunken sprühende Wasser, trauen sich die Tauben nicht. Sie fürchten sich vor der Aggessivität und den Hakenschnäbeln der Möwen. Aber wo sind die Möwen bloß? Und wo die Enten?

Wir sehen keine. Eine Brücke nach der anderen laufen wir zunehmend verwundert ab, doch die Elbe scheint jetzt, wo endlich die Lachse wieder da sind, vom gefiederten Volk völlig verlassen.

Wir sind schon wieder auf dem Rückweg, als ich auf dem kleinen Ponton unter Brücke 10 endlich ein faules Entenpaar entdecke. Es sitzt träg im Schatten des traumhaften Tages und verdöst die Mittagszeit, statt seiner evolutionären Pflicht zu folgen und Nahrung zu suchen.

Doch heute erweist sich Tatenlosigkeit als genau richtige Taktik im Sinne Darwins, und als das erste Stückchen Brot neben ihnen ins Wasser platscht, sind die beiden sofort hellwach – genauso wie die gefühlten dreißig Möwen, die urplötzlich aus dem Nichts materialisieren, als hätte Scotty sie hierher gebeamt, an die Landungsbrücke 10.

Wo, verdammt, waren diese Vögel die ganze Zeit? Und wie, in Phoenix’ Namen, kriegten sie die Mannalieferung derart schnell spitz? Jedenfalls herrscht binnen Sekunden ein Hauen und Stechen. Wir versuchen die Enten zu bevorzugen, weil sie keine Chance hätten im Kampf mit den Möwen, doch wir haben eh genug für alle dabei.

Schon bald sind Enten und Möwen satt und prall und zunehmend desinteressiert. Ich kann Ms. Columbo zu Hause abliefern und sofort rübergehen zum Stadion, wo ich auf den letzten Drücker noch eine Schwarzmarktkarte fürs Spiel meines kleinen Stadtteilvereins gegen Holstein Kiel ergattere.

St. Pauli siegt 2:0, ich stehe in der Nordkurve träg im traumhaften Tag und hole mir – Mitte April – einen leichten Sonnenbrand auf beiden Lippen.

Ich liebe den Klimawandel.

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