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Die Rückseite der Reeperbahn

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Name: Matthias Wagner
Standort: Hamburg, Germany

Schreiberling




06 März 2010

Wie ich mal vergeblich der Mediamarkt-Werbung vertraut habe

Von: Matt Wagner
Datum: 5. März 2010 21:43:46 MEZ
An: kontakt@mediamarkt.de

Lieber Mediamarkt,

heute erhielt ich dein neues Werbefaltblatt und war augenblicklich elektrisiert: Du offeriertest Elvis’ „Comeback Special“ von 1968 in der „Deluxe Edition“ für sagenhaft schmale 5,90 Euro. Das ist für drei DVDs des Kings ein richtig gutes Angebot.

Sofort warf ich mich aufs Rad und strampelte gen Altona, um das Teil zu erwerben, und zwar gleich mehrfach, denn ich habe Freunde, die scheuten bisher die Kosten. Vor Ort allerdings fand ich Dutzende von 5,90-Angeboten, doch ausgerechnet dieses nicht. Nur die lächerliche „Special Edition“, ein Machwerk auf lediglich einer DVD, das zurecht für unter 6 Euro verramscht wird.

Also fragte ich einen Mitarbeiter nach der „Deluxe Edition“. Der Schnauzbart zuckte die Schultern: „Ich mach nur Fernsehen.“ Immerhin zeigte er mir die vage Richtung der DVD-Abteilung: „Da hinten hinterm Pfeiler.“ Ich taperte dorthin und fragte eine junge Frau in Mediamarktrot nach der Triple-DVD.

Sie wusste gar nichts, wandte sich aber an einen Kollegen. Der sagte, das Teil sei wohl noch auf den Paletten. „Außerdem“, sekundierte die Frau, „gilt der Prospekt erst ab heute Abend“. Warum er dann schon am hellichten Morgen der Mopo beiliegt, vermochte sie nicht zu sagen.

„Etwas, das im Prospekt beworben wird, sollten Sie auch im Angebot haben“, formulierte ich eine – wie mir schien – Binsenweisheit. Die junge Frau zog die Schultern hoch bis an die Ohren, lächelte schief wie der Turm von Pisa und giggelte nervös: „Da kann ich ja nichts dafür! Außerdem habe ich gerade erst angefangen!“

So kam ich nicht weiter, das war klar. Daher wandte ich mich an den Informationsschalter vorne an der Kasse und schilderte mein Problem, indem ich meine Binsenweisheit wiederholte: „Etwas, das im Prospekt beworben wird, sollten Sie auch im Angebot haben.“

Der Mann hinterm Tresen gab mir sofort und bedingungslos recht, und die Frau an seiner Seite telefonierte eilfertig mit der zuständigen Abteilung. Fernmündlich erfuhr sie von einer nur hälftig erfolgten Lieferung, und unter der fehlenden Hälfte müsse sich auch die Elvis-„Deluxe Edition“ befinden. Außerdem sei man beim Umbauen.

Was das eine mit dem anderen zu tun hatte, wurde mir spontan nicht klar, doch die beiden am Infoschalter hatten gleich einen praktischen Rat für mich, so dass ich dieser Dialektik nicht auf den Grund gehen mochte: Ich solle doch einen anderen Mediamarkt aufsuchen, zum Beispiel den in Harburg.

Gute Idee. Für die „Deluxe Edition“ für 5,90 würde ich zur Not auch nach Graceland fahren. Also bestieg ich die S-Bahn nach Harburg. Für die folgenden Ereignisse kannst du nichts, Mediamarkt, trotzdem schildere ich sie kurz. Bereits am Bahnhof Dammtor nämlich stockte die Fahrt. Eine Lautsprecherstimme informierte uns über eine „betriebsfremde Person im Gleis zwischen Hauptbahnhof und Berliner Tor“, so dass diese Bahn „auf unbestimmte Zeit“ hier verweilen müsse.

Zehn zähe Minuten später meldete sich die Stimme noch einmal. Man müsse nun wegen der betriebsfremden Person im Gleis den Strom abstellen. Und schon erloschen alle Lichter. Ich seufzte und radelte nach Hause, innerlich Elvis’ Klassiker „Devil in disguise“ vor mich hinsummend.

Abends um sechs wollte ich es noch einmal probieren. „Ruf lieber vorher beim Mediamarkt in Harburg an“, riet meine Gattin, „nicht, dass du umsonst die Reise antrittst.“ Und eine Reise ist das vom Kiez aus, weiß Gott. Also rief ich an.

Es meldete sich eine Frau Suhrmann. Ich schilderte ihr mein Anliegen, erläuterte den Flop in der Altonaer Filiale und erkundigte mich explizit nach „Elvis Presley's '68 Comeback Special Deluxe Edition“. Sie eruierte das Ganze und gab Entwarnung: „Davon sind ausreichend Bestände vorhanden.“

Großartig. Also ging ich neuerlich auf Weltreise, durchs wilde Hammerbrook über die Elbe gen Süden, die betriebsfremde Person war längst aus dem Gleis, ob am Stück oder nicht, werde ich morgen aus der Mopo erfahren, und irgendwann stand ich im Mediamarkt Harburg vor den 5,90-Stapeln und fand die „Deluxe Edition“ nicht.

Ich wandte mich an einen Mitarbeiter. Er durchwühlte die Stapel und hielt mir die gelassen triumphal die lächerliche „Special Edition“ vor die Nase. „Nein“, sagte ich, „schauen Sie mal auf Ihren Prospekt: Dort ist die ,Deluxe Edition' abgebildet, die hat ein ganz anderes Cover.“

Grummelnd ging er zu seinem Computer, ich folgte ihm. Er tippte und grummelte, und nach ungefähr drei Minuten fand er immer wieder nur die Schmalspurversion. „Aber ich suche die mit den drei DVDs“, insistierte ich. „Drei DVDs für 5,90 Euro?“, sagte er vorwurfsvoll, „das geht ja auch nicht.“ „Aber SIE bewerben sie doch!“, rief ich, „in Ihrem eigenen Prospekt!“

Und dann kam der Mann mir mit dem Totschlagsargument schlechthin: Es handele sich um einen Druckfehler. Die Leute, die das Layout für den Prospekt entwürfen, hätten keine Ahnung von Filmen, die suchten sich die Cover aus dem Web, und dabei ginge halt manchmal was schief. Wie jetzt gerade bei Elvis.

„Aber deswegen habe ich doch vor der Weltreise angerufen!“, jammerte ich. „Wen denn?“, frage er. „Frau Suhrmann!“, heulte ich. „Wir sind auch nur Menschen. Menschen machen Fehler.“

Sein zweites Totschlagsargument binnen fünf Minuten. Für ihn war die Sache damit erledigt, und ich schlich geschlagen davon. Er kam nicht mal auf die Idee, mir irgendeine Art der Kompensation für den vergeudeten halben Tag anzubieten, zum Beispiel ein Bonbon, einen Espresso, zwei 4-GB-USB-Sticks oder wenigstens die Stanley-Kubrick-Box als Blu-ray.

Aber es ist ja noch nicht zu spät.

Mit erschöpften Grüßen, Mediamarkt, dein elvisdeluxeeditionsloser

Matt

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14 Februar 2010

Nur mit Ausweis

Sonnabend vergangener Woche war ein großer Tag für Ms. Columbo. Sie hatte im Mediamarkt eine FSK-18-Blu-ray aufs Kassenband gelegt – und wurde doch wahrhaftig nach ihrem Personalausweis gefragt.

Nicht, dass sie auch nur annähernd ihrem Alter entsprechend aussähe, keineswegs; doch ernste Zweifel an ihrer Volljährigkeit hatte selbst ich noch nie, der sie seit langem durch die rosarote Brille des vergötternden Gatten betrachtet. Jedenfalls war das ein toller Tag für Ms. Columbo; ihr Strahlen glühte noch nach bis zum frühen Abend.

Heute stand ich ebenfalls an der Mediamarktkasse mit einer FSK-18-Blu-ray. Und da sagte der Kassierer: „Wir müssen uns neuerdings von jedem den Personalausweis zeigen lassen, der Ab-18-Produkte kauft.“ Ich war perplex. „Auch wenn man so aussieht wie ich?“, fragte ich zurück. „Ja, von jedem“, sagte der Kassierer. Also zum Beispiel auch von Nelson Mandela (91).

Und deshalb darf Ms. Columbo von diesem Vorfall nie erfahren.


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17 Januar 2010

Mit gutem Gewissen

Der Franke und ich flanieren durch den Penny-Markt in Ottensen und nehmen die Wochenware in Augenschein. USB-Kartenleser, Schischuhe, Toilettensitze, Konserven: so’n Zeug.

„Hier gibt es nichts“, sage ich erleichtert zum Franken, denn das Wesen der Flanage besteht bekanntlich darin, Kaufanzreizen zu widerstehen, und wo gar keine sind, fällt das besonders leicht.

„Wonach suchst du überhaupt?“, fragt der Franke, aber nur rhetorisch. „Nach gar nichts“, sage ich, „aber hier gibt es ja auch nichts.“

Als wir gerade auf gewohnt geschmeidige Weise an der Kassenschlange vorbei gen Ausgang wieseln wollen, spricht uns von der Seite ein Penny-Verkäufer an. Er schwenkt zwei brikettartige Etwasse.

„Meine Herren!“, ruft er in gespielter Aufregung, „Sie haben noch beide Hände frei – und ich habe hier zwei Päckchen Vogelfutter!“ Er hat uns anscheinend als Flaneure enttarnt und versucht diese merkantil betrübliche Sachlage nun zugunsten seines Arbeitgebers zu verändern.

„Denken Sie an die Vögel!“, ruft er und schwenkt die Futterbriketts, „denken Sie an Ihr Gewissen!“

„Wir denken dran“, sagt der Franke knapp.

„Ganz fest“, sekundiere ich.

Und schon haben wir es wieder mal geschafft, den Ausgang zu erreichen, ohne das Wesen der Flanage verraten zu haben. Fast bin ich ein bisschen gerührt.



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11 Januar 2010

Es pocht unterm Flüssigpflaster

Es hat etwas von einem Naturgesetz à la „Morgens geht die Sonne auf“, dass man sich beim Wechseln einer Druckerpatrone besudelt.

Zu den spezifischen Extras gehört es hingegen, sich hinterher beim Säubern blutig zu rubbeln und jetzt ein Flüssigpflaster auf dem Fingergelenk tragen zu müssen.

Statt zu funktionieren, suppen jedenfalls die billigen Nachbaupatronen, und ich zockele per Bus zum Mediamarkt, weil man dort gerade jeden zehnten Einkauf qua Lotterie rückerstattet – und wie man weiß, sind Druckerpatronen, die keine Nachbauten sind (von denen ich seit dem Blutigrubbeln die Nase voll habe), vom Preis-Leistungsverhältnis her so ziemlich das Ungünstigte diesseits von Kokain. Eine gewonnene Rückerstattung würde sich also lohnen.

Bei Mediamarkt erstehe ich ein Set neuer teurer Druckerpatronen und stelle mich in die durch die anscheinend sehr erfolgreiche Aktion, jeden zehnten Einkauf rückzuerstatten, meterlange Schlange. Danach zockle ich wieder nach Hause, wo ich beim Auspacken feststelle, dass eine der neuen Druckerpatronen nicht mehr originalversiegelt und zudem bereits teilweise ausgelaufen ist.

Schreckliche Erinnerungen ans Michbesudeln, Blutigrubbeln und Flüssigpflaster bedrängen mich augenblicklich, und ich begebe mich postwendend wieder in Daisy-kompatible Winterkleidung, um erneut den Weg per Bus gen Mediamarkt anzutreten.

In der Druckerpatronenabteilung ist man bestürzt. Man übernimmt umstandslos die volle Schuld und bietet einen Umtausch an. „Dann geben Sie mir einfach eine unversehrte Patrone, und die Sache ist geritzt“, schlage ich Naivling vor, und zwar im Rhythmus des Pochens unterm Flüssigpflaster.

„Dafür brauchen Sie einen Eigentumsschein“, sagt die Mediamarkt-Frau.

„Hier, der Kassenzettel“, sage ich und zeige ihr den Kassenzettel.

„So geht das nicht“, erläutert sie mit dem kalten Lächeln derjenigen, die vom Sinn einer bürokratischen Maßnahme, welche das Leben hierzulande auf sinnlose Weise verlangsamt, voll überzeugt ist. „Mit dem Kassenbeleg gehen Sie jetzt zum Service. Dort lassen Sie sich einen Eigentumsschein geben. Dann kommen Sie wieder hierher, und wir geben Ihnen eine neue Patrone.“

Na gut. Ich dackle zum Service und betrete den Raum. Sofort stürzt sich ein Sicherheitsmann auf mich, denn ich hatte die Schlange vor der Tür übersehen. Sie ist mehrere Meter lang. Zum Glück habe ich etwas zu lesen dabei.

Irgendwann später bin ich dran, man stellt mir aufgrund des Kassenzettels einen Eigentumsschein aus und konfisziert die Patrone. Danach steige ich wieder hoch in den zweiten Stock, wo man mir eine eine neue Druckerpatrone aushändigt.

„Damit“, sagt die Mediamarkt-Frau, „gehen Sie jetzt an die Kasse, und das war’s.“

„An die Kasse?“, sage ich mit geweiteten Augen, „aber …“
„Nur so läuft das“, sagt die Frau und wendet sich einem Kunden zu, der ratlos vor der Canon-Druckerpatronenpalette steht.

Die Schlange vor der Kasse ist meterlang. Irgendwann später. Im Tausch gegen den Eigentumsschein erhalte ich einen neuen Kassenzettel und darf die Patrone ohne weitere Hindernisse mit auf die Busfahrt nach Hause nehmen.

Damit verfüge ich nun unverhofft über zwei Kassenzettel, und sofort erwacht meine Spielernatur. Habe ich jetzt bei der abendlichen Mediamarkt-Lotterie, die jeden zehnten Kassenbeleg erstattet, sofern man die richtige Endziffer trifft, nicht die doppelte Chance? Natürlich! Alles könnte ein gutes Ende nehmen.

Fiebrig überprüfe ich die Endziffern: zweimal die 9.

Gezogen wird die 3.

Immerhin funktioniert die neue Patrone. Und das Pochen im Fingergelenk spüre ich nur noch, wenn ich lache.

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21 Dezember 2009

Die gute Samariterin



Kälte, Eis und Schnee senken die Vollhorstquote auf dem Kiez erheblich, wie dieses Foto der Seilerstraße von heute Abend eindrucksvoll beweist: Kein einziger ist darauf zu sehen.

Doch es gibt ja auch eine erstaunlich hohe Anzahl furchtbar netter St. Paulianer, die aber auf diesem Foto ebenfalls nicht zu sehen sind. Einer Vertreterin dieser Spezis begegnete ich unlängst bei Edeka, und zwar an der Kasse.

Ich Vollhorst hatte meine Börse zu Hause vergessen, und nach dem Zusammenkramen all meines Kleingeldes kam ich auf genau 1,31 Euro zu wenig. Die Schlange hinter mir runzelte bereits die Stirn, doch was tat die Verkäuferin? Sie erbot sich, mir 1,31 Euro ihres Trinkgeldes zu leihen.

Ich wusste bis dahin schändlicherweise nicht einmal, das Supermarktverkäuferinnen überhaupt trinkgeldberechtigt sind. Doch so ist es; die 1,31, die sie mir herüberreichte, sprachen Bände. Verlegen und unter Rückzahlungsversicherungs- und Dankesgestammel nahm ich die Münzen an, nur um sie ihr kumuliert um meine eigenen kläglichen Vorräte sogleich wieder auszuhändigen.

„Bis 3 bin ich noch hier“, sagte sie. Ich huschte nach Hause, holte meine Börse und eine Flasche Weihnachtslikör, huschte wieder zu Edeka – und fand die Samariterin nicht mehr. Weder an der Kasse noch im Laden.

Ihren Namen hatte ich mir leider nicht gemerkt. Und um eine x-beliebige Kollegin mit einer Personenbeschreibung („Diese dralle Blonde mit Zopf“) zu belästigen, fehlte mir traditionellerweise der Mut.

Eine Stunde später unternahm ich den nächsten Versuch – diesmal mit Erfolg. Die auf 2 Euro aufgestockte Rückzahlung nahm dieser Engel des Advents ebenso erfreut entgegen wie den Weihnachtslikör.

Insgesamt waren das die teuersten vier Brötchen meines Lebens. Keine Ahnung, warum ich mich auf dem Nachhauseweg trotzdem reicher fühlte als vorher.


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30 November 2009

Echt dufte

Blogleserin Susanne betreibt einen Parfümladen in Halle und hat sich entschieden, drei Prozent ihres Gesamtumsatzes im November und Dezember an die Deutsche Kinderkrebsstiftung zu spenden.

Das ist natürlich klasse, doch weshalb sie sich mit der Bitte um Erwähnung dieser Aktion ausgerechnet an mich wendet, war mir zunächst schleierhaft. Dann dämmerte mir aber, dass es bestimmt mit der Fülle ofaktorisch bedenklicher Beiträge wie diesem zusammenhängt.

Warum sie aber glaubt, dieses kleine Kiezblog würde außer ihr noch von irgendeinem weiteren Hallenser (Hallener? Haller? Hallo?) gelesen – was ja erst die Grundlage für einen gleichwohl höchst unwahrscheinlichen Werbeeffekt wäre –, bleibt mir auch nach längerem Grübeln unklar.

(Eigentlich müsste ich diesen Beitrag von der Steuer absetzen können. Leider hat er keine Kosten verursacht.)

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28 November 2009

Die falsche Schlange

Aldi im Brauquartier (Foto), an einem nassen dunklen Novemberfreitag. In der einzigen Kassenschlange nehme ich eine mittlere Position ein.

Schräg neben mich gesellt sich plötzlich ein grobschlächtig wirkender Narben- und Mützenträger mit einem Sechserpack Holsten im Arm. Klar, er will reingelassen werden, doch wenn er nicht fragt, kriegt er auch keine Antwort. So ist das.

Außerdem – und da ist geradezu der Kategorische Imperativ voll auf meiner Seite – darf man keinesfalls einen Menschen in mittlerer Schlangenposition als ersten ums Vorlassen ersuchen, sondern muss fairerweise hinten anfangen.

Schließlich kann niemand, der bereits ansteht, das Einverständnis jedes Einzelnen hinter sich voraussetzen – und das wäre unbedingt erforderlich, denn der Holsten-, Narben- und Mützenträger scherte ja nicht nur vor mir ein, sondern auch vor allen anderen dahinter.

Wie auch immer: Ich ignoriere den Mann und rücke ungerührt und schweigsam vor. Er nutzt allerdings die sich dadurch kurz öffnende Lücke, um sich wortlos hinter mir in die Schlange zu mogeln. Keiner sagt was. Präadventsdumpfheit.

Die Schlange ist inzwischen so lang wie ein Reisebus. Endlich bequemt sich Aldi, das Öffnen einer weiteren Kasse per Klingelzeichen anzukündigen. „Das wurde aber auch Zeit, dass es hier mal klingelt!“, blökt der Holstenmann hinter mir. Keiner sagt was.

Jetzt kommt der neue Kassierer, und vor und hinter mir stürzen sie alle ans frisch eröffnete Förderband. Mister Undgeduld ist nun Nummer 4 in der neuen Schlange, ich in meiner Nummer 6.

Doch es flutscht außergewöhnlich prächtig, mein Kassierer ist ein echtes As, eine Art Ribéry des Warenscanners, ich schiebe mich praktisch kontinuierlich vor und bin auf einmal auch schon dran. Als ich alles in den Wagen geräumt habe, linse ich hinüber zur anderen Schlange. Die Kasse ist schon wieder verwaist, es gab wohl ein Problem, ein technisches wahrscheinlich, so ist das ja meistens.

Der Grobschlächtige jedenfalls ist die kochende Nummer 3. Er hat also nur eine Position gutgemacht, ich fünf. Jetzt steht er da neben seinem Sechserpack und schüttelt bitter lächelnd den Kopf, seine Augen sind geschlossen.

Ich weiß, es ist nicht gerade ein weihnachtliches Gefühl und es wirft kein gutes Licht aufs Niveau meiner sittlich-moralischen Grundausstattung, doch ich lasse es einfach stillvergnügt zu, dieses kleine Bisschen Häme.

Zumal der Holstenmann sich noch nicht mal zum Trost an einer Flasche laben kann – er hat sie ja noch nicht bezahlt.


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15 November 2009

An einem ganz normalen Sonntag

Vor der Fischmarktbude steht eine weißhaarige und -häutige Schaufensterpuppe, deren Kopf und Haare sich kaum abheben vom Hintergrund. Ich zücke die Kamera.

„Fünf Euro pro Foto“, scherzt der hinzutretende Budenbesitzer, der gerade am Abbauen ist. „Nur wenn mich die Dame selbst darum bittet“, kontere ich in einem extremst raren Anfall von Schlagfertigkeit, der deshalb auch sofort verbloggt werden muss, um mich hinfort daran zu erinnen, dass ich es wirklich einmal war: schlagfertig.

Jedenfalls komme ich um die fünf Euro herum, denn die Dame bleibt stumm. Im Gegensatz zu diesem schmerbäuchigen Riesen bei Penny an der Reeperbahn, der seine Halbglatze mit kragenlangen fettigen Ringellöckchen zu kompensieren versucht. Er steht in der Kassenschlange und wird von einem alten Graukopf mit Schiebermütze und drei Tetrapacks unterm Arm angesprochen.

Es ist nicht zu hören, was der Alte sagt, doch klar ist: Er möchte angesichts seiner überschaubaren Einkäufe gern vorgelassen werden. Was der schmerbäuchige Riese antwortet, ist drei Schlangen weit zu hören. „Die Antwort ist ein ganz klares Nein!“, schnappt er. Dabei schaut er schräg unter sich. „Ein ganz klares Nein!“

Der Alte murmelt etwas und trottet den Gang hinab, ans Ende der Schlange – vorbei an dem Mittdreißiger mit Bandana und Ziegenbärtchen, der gerade einen unrasierten Mann in seinem Alter anspricht. „Sach ma, kann ich das ma kurz in deinem Wagen zwischenlagärn?“

Umstandslos wuchtet er seine Einkäufe in den Wagen des Fremden, ohne eine Antwort abzuwarten. Der Überrumpelte ist hilflos, denn er telefoniert gerade. Wortfetzen wehen herüber „… Ware angekommen … überprüft … das ist bei der Ware so … kümmer mich drum …“

Pennygeschichten. Solche Dialoge hört man bei Edeka nie. Vor allem nicht innerhalb von drei Minuten.


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06 Oktober 2009

Die untergewichtigen Nudeln

Unlängst wurde hier an dieser Stelle ein Lebensmittelskandal empörenden Ausmaßes aufgedeckt.

Im Mittelpunkt stand Brokkoli von Edeka: Er wog deutlich zu viel bzw. kostete zu wenig. Seit gestern ist die Welt aber wieder ein bisschen in Ordnung. Denn spaßeshalber wogen wir die Ein-Pfund-„Gut & Günstig“-Tüte Penne Rigate einmal nach und ermittelten inklusive Folienhülle ein beruhigendes Untergewicht: knappe 490 Gramm.

Die B-Probe mithilfe einer eilends herbeigeholten Zweitpackung verlief zu unserer namenlosen Erleichterung fast identisch. Allerdings – und das ist der Vorbehalt – handelt es sich bei unserer Waage (Foto) um ein prähistorisches Gerät, das seit Isaac Newton nicht mehr geeicht wurde und komplett ohne digitalen Kram und so was auskommt.

Sie funktioniert rein MECHANISCH; die Älteren unter uns werden sich mühsam erinnern. Möglicherweise misst sie daher Gewichte nicht genau so exakt wie eine Atomuhr die Zeit; von daher wird demnächst von Sherlock Matt und Frau Watson vor Ort eine heimliche C-Probe vorgenommen.

Bis dahin hat Edeka weiterhin als unschuldig zu gelten, allerdings nur in der Penne-Rigate-Sache. Bei der Brokkoliaffäre ist der Laden definitiv aufgeflogen, aber so was von.

Übrigens sind kernlose Trauben gleichsam die Ochsen der Flora. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.


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27 September 2009

Was macht eigentlich …?

„Nirgendwo in der EU“, las ich neulich im Spiegel, „sind die Nachbarschaftsbeziehungen so schlecht wie zwischen Bratislava und Budapest.“

Auf unserer Flusskreuzfahrt über die Donau verschlug es uns (u. a.) genau dorthin: nach Bratislava und Budapest. Die Sonne brannte über beiden allerdings gleich heiß, darüber sollten sie mal nachdenken.

In der hübschen Fußgängerzone der Bratislaver Altstadt lugte eine Metallfigur aus dem Gully – um den Frauen unter die Röcke zu schauen, wie unsere Reiseführerin erklärte. Zu sehen gibt es durchaus einiges, denn die Slowaken sind überwiegend rank und schlank, obwohl sie sich als Nationalgericht eine deftige Nockerlnspezialität mit Speck verordnet haben und mit verführerisch preiswertem Bier versorgt werden.

Themen- und Städtewechsel: Angesichts des Niedergangs der hiesigen Sozialdemokratie fragt sich vielleicht mancher, was eigentlich die hessische Sozisargnagelschmiedin Andra Ypsilanti inzwischen so macht. Nun, sie betreibt anscheinend ein Schuhgeschäft in der Budapester Pàrizsi utca, das ist mitten im Zentrum (Beweisfoto).

Um die Ecke von Ypsilantis neuem Lebensmittelpunkt stießen wir auf ein Lederwarengeschäft, das die eh ins lächerlich Lockvogelige lappende Rabattitis der jüngsten Zeit („Sale!“) ins vollkommen Absurde übergeigte.

Die dort von einer gelangweilten kugelförmigen Ungarin, der in Bratislava nicht mal eine Gullyfigur unter den Rock hätte gucken wollen, für 52 Euro offerierten Lederjacken sollten nämlich laut grellrotem Preisschild mal 29.900 Euro gekostet haben.

„Du meinst Forint“, versuchte Ms. Columbo ihre Ungläubigkeit mir anzulasten, doch nein: Der alte Forintpreis stand daneben, und der betrug mehrere Millionen. Für 52 Euro waren die Jacken nicht mal schlecht, doch die überwältigende Dimension des Rabattschmuhs führte bei uns zu einem intuitiven Kaufmoratorium. Beim Rest der Budapester Flaneure wohl auch, denn der Laden blieb trotz seiner wahrhaft sensationellen Offerten und draußen herumwuselnden Promotern gähnend leer.

Apropos Gähnen: Nach zweimaligem Aufstehen um 6 Uhr früh in Folge heißt es jetzt erst mal ausschlafen. Hoffentlich ohne Ypsilantiträume.

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13 September 2009

Fünf Prozent sind keine Hürde

„Harry’s Fliesenmarkt“ verzeihe ich leichtherzig seinen Deppenapostroph. Und dafür gibt es Gründe.

Als ich dort am Wochenende im St.-Pauli-T-Shirt auflief, schloss mich einer der Chefs sofort ins Herz. „Einen Weltpokalsiegerbesieger bediene ich gern!“, frohlockte der herzensgute Mann sofort und beantwortete hochmotiviert alle aufkommenden Fliesenfragen.

Zudem schien nach und nach in Nebensätzen sein bedrückendes Schicksal auf, welches ihm „Harry’s Fliesenmarkt“ tagtäglich aufbürdet. Dort nämlich, erzählte er, arbeiteten lauter HSV-Fans und nur einer, der dem FC St. Pauli anhinge: er.

Gefangen in der Diaspora, das ist fast wie Waterboarding.

Umso liebenswerter umhegte er natürlich mich, den Weltpokalsiegerbesiegerhemdträger. Es kam im Zuge dessen sogar zum Kauf des Modells Avanti Grau R9 (Foto), und als er den Abholzettel für die Kasse ausfüllte, kritzelte er unten kommentarlos „- 5 %“ drauf.

Fragend sah ich ihn an. „Für den FC St. Pauli“, antwortete er mit einem melancholischen Lächeln. Und dann kehrte er zurück in die bedrückende Tristesse seines HSV-geprägten Arbeitsalltags.

St.-Pauli-Fans sollten im Bedarfsfall also erwägen, „Harry’s Fliesenmarkt“ in vollem FC-Ornat aufzusuchen, trotz der betrüblichen HSV-Kontamination. Oder genau deswegen: Denn dort braucht jemand Unterstützung.

Dafür rückt er auch was raus, schätze mal so fünf Prozent.


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12 September 2009

Aufgedeckt: neuer Lebensmittelskandal!



Lebensmitteln in Normverpackungen ist oft nicht zu trauen. Die produzentenseitig tätigen Akteure des freien Marktes versuchen uns in aller Regel möglichst effizient zu betuppen, und das bestätigt sich gerade bei Edeka in der Clemens-Schultz-Straße mal wieder auf bestürzende Weise.

Das Brokkolisortiment dort scheint mir zum Beispiel eine allzu übertriebene Varianz aufzuweisen, obwohl jedes Gemüse mit 500 Gramm deklariert ist und natürlich auch jeweils gleich viel kostet.

Ich aber sehe kümmerliche Mickerlinge neben kraftstrotzenden Muskelkugeln, alle laut Aufkleber indes angeblich ein Pfund schwer. Wer täuscht mich hier: meine Augen oder der Sticker?

Als Akademiker und Mann der Tat klaube ich kurzerhand den dicksten Oschi aus dem Regal, packe ihn auf die Waage – und sehe Unglaubliches (Foto): 752 Gramm! Das sind über 50 Prozent mehr als ausgewiesen!

Elektrisiert nehme ich als Gegenprobe eine eher zwergenhafte Kollegin des Trumms von eben. Sie wirkt, als hätte Mama Brokkoli während ihrer Schwangerschaft ein paar mal zu oft an Pestiziden genippt. Doch heidewitzka: 595 – immer noch fast 20 Prozent über der Norm!

Das Vergleichswiegen einer angeblichen Pfundpackung Tomaten bestätigt mit 546 Gramm den alarmierenden Trend. Ganz klar: Die Produzenten haben sich verschworen, um uns in einer konzertierten Aktion erheblich mehr Ware unterzujubeln, als sie uns zu bezahlen abverlangen.


Und diese Irreführung des Endkunden ist öffentlich nachwiegbar, wie ich im geschilderten Feldversuch belegen konnte. Wo sind Stern, Spiegel oder Focus, wenn man sie mal braucht?

Bei mir schrillen jetzt alle Alarmglocken. Bei der Verbraucherzentrale hoffentlich auch.


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02 September 2009

Plus mal minus ist: minus

Die Kundin im spanischen Lebensmittelladen macht eigentlich alles richtig.

Nachdem ihr die Kassiererin das EC-Terminal gereicht hat, beschirmt sie mit der linken Hand die Tastatur, während sie mit der rechten den Code eingibt.

Brav.

Allerdings hätte sie parallel zum Tippen vielleicht doch nicht die vierstellige Geheimzahl vernehmlich vor sich hin murmeln sollen. Immerhin tut sie es auf Spanisch, was eine gewisse Verschlüsselung der Botschaft darstellt.

Zumindest für meine Ohren.

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20 August 2009

Die aufgeflogene Flanage

Mist, der Aldiverkäufer ist uns Flaneuren auf die Schlenderschliche gekommen …

„Wieder Mittagspause?“, fragt er scheinbar leutselig, doch mit desillusioniertem Blick. Wir bejahen. „Na, klasse“, sagt er.

Dieses „Na, klasse“, die Art, wie der Aldiverkäufer Resignation und Weltekel in seine Intonation einfließen lässt, offenbart alles. Er hat uns durchschaut, er hat erkannt, dass wir dort bei Aldi nichts weiter tun als gemächlichen Schrittes die lieblos eingeräumten Regale abzuschreiten, uns lustvoll über die „Ampullen-Monatskur“ mokieren und abschätzig den Preis für die hinter Glas gesperrte externe Festplatte kommentieren (320 GB für wahnsinnige 59,99 Euro – hallo???).

Er weiß, wir werden hier nie etwas kaufen. Und durch sein „Na, klasse“ sollen auch wir wissen, dass er es weiß.

Irgendwie macht danach die Flanage nicht mehr so viel Spaß. Wir drücken uns an der Kassenschlange vorbei hinaus. Doch noch lange hallt sein „Na, klasse“ nach, und sein trauriger Blick hängt uns an den Kleidern wie ein Brandloch.

Vielleicht sollten wir doch mal was kaufen bei Aldi.
Zum Beispiel eine Dose Hundebelohnungskekse.

Foto: Aldi-Nord


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12 August 2009

Der Kunde war König (solange er lebte)



Schon wieder Stoff dank Edeka, das nimmt allmählich überhand. Vielleicht sollte ich lieber mal wieder einen Tabledanceschuppen aufsuchen, statt immer nur im Einzelhandel rumzuhängen.

„Ach, das Schild …“, sagt die Edekaverkäuferin, nachdem sie den Hals gereckt und entdeckt hat, was ich während des Kassenschlangenstehens halb heimlich fotografiere.

Dabei hätte sie statt den Hals zu recken eigentlich zügig meine Tomaten und Bananen einscannen sollen. Doch Neugier ist ein Menschenrecht, und so fliege ich auf – wenngleich zu ihrer Beschämung.

Denn sie fühlt sich nun durchaus verpflichtet, die Existenz dieses Schildes schlüssig zu erläutern; schließlich stimmt es möglicherweise nicht in jedem Detail mit den allgemeinen Edekaregeln zum Umgang mit der Kundschaft überein.

Möglicherweise weiß die ebenfalls in Hamburg ansässige Zentrale nicht einmal, dass hier auf St. Pauli renitenten Kunden zügig mit Schusswaffeneinsatz gedroht wird. Dabei sind ja durchaus Beschwerden mit evidenter Existenzberechtigung denkbar, und eine Ladung Blei müsste man in einem solchen Fall als Überreaktion einstufen.

Unlängst etwa enttarnte ich erst an der Kasse eine kleine Schimmelstelle an einer Tomate, zwar nicht bei Edeka, aber hätte ja sein können. Und in dieser Situation wäre es mir schon unadäquat, ja geradezu unfair vorgekommen, bei meinem Protestversuch nur deshalb gleich erschossen zu werden, weil vor mir bereits zwei Kunden ähnlich beeinträchtigte Tomaten moniert hätten.

Jedenfalls startet die Verkäuferin einen kleinen Rettungsversuch. „Weiß gar nicht“, sagt sie, „wer das dahin geklebt hat.“

Mein Bauchgefühl sagt mir übrigens: Beim nächsten Einkauf wird es weg sein. Was schade wäre.


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11 August 2009

(K)ein Cent zu wenig

Bei Edeka. Habe 2,60 Euro passend, aber 2,61 zu zahlen.

Um keinen Schein anbrechen zu müssen, entschließe ich mich zu einem Feldversuch, der sowohl ökonomische als auch soziologische Erkennt- und Ergebnisse bringen soll.

„Schauen Sie mal“, sage ich und halte der Verkäuferin meine 2,60 hin. „Schenken Sie mir einen Cent?“


Ich halte mich für ungeheuer originell. Die Kassendame indes rollt mit den gar nicht mal unhübschen Augen. „Sie sind heute schon der Zehnte!“, stöhnt sie – und nimmt ein präventiv neben der Kasse herumliegendes Centstück, packt es zu meinen 2,60 Euro, und gut is.

Die Welt ist voller Überraschungen. Und Edeka kiezadäquat flexibel, muss man schon sagen.



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05 August 2009

Mal wieder Brötchenprobleme

Heute bei Penny – die Filiale verschweige ich lieber – mustert die Verkäuferin missmutig die durchsichtige Brötchentüte des Kunden vor mir.

Es sind viele Semmeln drin, verschiedene Sorten gar, die Kassenfrau kann das Wirrwarr durch puren Augenschein nicht recht auflösen. Was also tut diese Pragmatikerin?

Sie öffnet die Tüte, greift herzhaft hinein, sortiert dort, im Tüteninnern, die Backwaren in hell und dunkel und tippt dann die unterschiedlichen Preise ein.

Warum dann allerdings drüben an der Selbstbedienungstheke Greifzangen an Ketten hängen, mit denen die Kundschaft die Brötchen rausholen soll wie Plüschteddys aus der Glasbox aufm Dom, das ploppt im Schatten dieses verblüffenden Ereignisses als große Frage auf.

„Ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, Verehrteste: Brötchen kann man übrigens nicht waschen“, sage ich keineswegs zur Verkäuferin, denn das wäre ja wohl der Text des betroffenen Kunden vor mir gewesen.

Die Schweinegrippe inkubiert übrigens bis zu vier Tage.

PS: Ja, ich habe dieses Foto schon mal verbloggt, und zwar am 15. Januar 2007.


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20 Juli 2009

Ein paar Kilo Sale, bitte

Im Moment gibt es überall spottbillig Sale zu kaufen. 30, 40, 50 Prozent Nachlass auf Sale sind keine Seltenheit, heute sah ich sogar ein Schild, das 70 Prozent Ermäßigung auf Sale ausrief.

Irgendwo scheint eine gewaltige Überproduktion des Produktes aufgelaufen zu sein. Offenbar hat man mit erheblich höheren Absatzmengen von Sale kalkuliert, und jetzt sitzt der deutsche Einzelhandel auf einem Saleberg, der höher ist, als es der EU-Butterberg je war.

Die Läger platzen schier vor lauter Sale, jetzt muss es raus, unter allen Umständen, und sei es zum Ramschpreis.

Erstaunlich, wie viele Läden – vor allem aus der Kleiderbranche – sich anscheinend monatelang über Gebühr mit Sale eingedeckt haben: Esprit, C&A, Zara, Karstadt, alle sind sie dabei, sogar Zegna und Armani haben auf einmal zu viel Sale auf Halde und bieten es jetzt an wie Schimmelbrot.

Wo war bloß Ihre kaufmännische Weitsicht, meine Damen und Herren Modehausbetreiber? Hm?

Na ja, egal, jetzt profitieren wir schließlich alle vom Preisverfall bei Sale, und sogar ich habe schon überlegt, ob ich mir bei den derzeitigen Dumpingpreisen ein paar Kilo davon zulegen soll.

Doch ich bin unsicher, ob ich Sale überhaupt gebrauchen kann. Ehrlich gesagt weiß ich nicht mal, wozu Sale überhaupt gut ist.

Aber bitte nicht weitersagen, das wäre echt ein bisschen blamabel.



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11 Juli 2009

Zwischenfall vorm Freudenhaus



Heute hätten wir mühelos in den Besitz eines neuwertigen silbergrauen Polizeiwagens gelangen können, sofern uns eine Verwendung dafür eingefallen wäre.

Doch zum einen missfielen uns seine schillblauen Streifen, zum anderen bevorzugen wir aus grundsätzlichen Erwägungen Fahrräder und ÖPNV.

Dass der Wagen uns überhaupt so diebstahlfertig dargereicht wurde, lag wohl an einem Handtaschenräuber. Just als wir die Kreuzung am Freudenhaus erreicht hatten, kreischten Bremsen. Wir schauten rüber und sahen den Streifenwagen uns entgegenrutschen, und noch ehe er stand, sprang der Fahrer bereits mützenlos heraus und rannte die Hein-Hoyer-Straße, die er gerade noch entlanggefahren war, wieder zurück.

Seine Beifahrerin, etwas gedrungener als ihr Buddy, dackelte wackelnd hinter ihm her, sie gab ihr Bestes. Alles übrigens in Sichtweite der Davidwache; die Pisageneration ist offenbar erfolgreich im Diebesalter angekommen.

An der Reeperbahn raste der Flüchtende rechts um die Ecke, die Cops hinterher juchhe. Und ihr Wagen stand völlig verdattert da, freund- und helferlos, mit offener Fahrertür die gesamte Kreuzung höchst effizient versperrend, und ich wette, der Schlüssel steckte.

Doch wie gesagt: kein Interesse. Wir gingen weiter. Am Hamburger Berg schauten wir rüber Richtung Reeperbahn, und dort, direkt an der Ecke, war alles zuende gegangen.

Ein Mann in Jeans und hellem Hemd lag niedergerungen auf dem Boden, umringt von Polizisten und Passanten. Schon bald wird es einen Gerichtstermin geben, ein Urteil, eine Strafe, sein Leben wird eine sehr unschöne Wendung nehmen, und dabei hat er nur eins.

Der Einkauf bei Edeka verlief dann ohne weitere Zwischenfälle. Wenn man davon absieht, dass der Biobrokkoli ein bisschen zu klein war für sein Geld.


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06 Juli 2009

Auf Tomatenjagd

Wir stehen noch unterm Eindruck der Hummertapete im Kieler Maritimhotel, als uns bei einem Spaziergang durch die Altstadt dämmert: Das war noch gar nichts.

Denn auf nur zehn Metern Strecke entfaltet sich ein komprimiertes Horrorszenario; es ist sozusagen der Eingang in den Hades: erst eine Scientologybude, dann eine Aktivistin der Rentnerpartei, schließlich drei Panflötenindios mit CD-Verkaufsstand. Hier hilft nur Flucht.

Zurück in Hamburg fehlen Tomaten. Zum Glück wimmelt der Kiez auch sonntags vor offenen Geschäften. Bei Penny aber gibt es keine mehr. Also Lidl.

Dort liegen nur noch zwei dreieckige flache Plastikschalen mit supersüß ausschauenden Kirschtomaten im Regel, doch vor mir stürzt sich ein Mittzwanziger drauf.

Er öffnet beide Schalen und beginnt umstandslos damit, ihren Inhalt in einer zusammenzuführen. Das schafft er auch bis auf vier partout nicht mehr hineinquetschbare Tomätchen, und die will ich natürlich jetzt auch nicht mehr.

Dann nimmt der Mann die nun proppevolle Schale, geht damit zur Kasse und hofft aufs sonntägliche Vorfeierabendkoma der Verkäuferinnen.

Ich weiß nicht, ob das geklappt hat, doch auch so zeigt die Methode des jungen Mannes zweierlei: a) wieviel Luft (nach oben) in einer dreieckigen Tomatenplastikschale ab Werk noch da ist und b) welche Sparpotenziale der Rest der Welt oftmals ungenutzt verstreichen lässt, sei es aus Anstand oder Dummheit.

Allerdings hat die Methode des Tomatenumfüllens auch Nachteile. „Wegen solcher Dödel“, wird Ms. Columbo später schimpfen, „wird hier alles kameraüberwacht!“

Tomaten erwische ich schließlich bei Topkauf in der Davidstraße, und zwar kurz bevor dort hitzeermunterte Huren die schärfsten Klamottenfitzelchen seit Erfindung des Rasiermessers vorführen.

Ich weiß es – denn wir haben hinterher, nach dem Tomatenmahl, noch mal nachgeschaut.


PS: Ach ja, noch ein mitgebrachter Kalauer, weil er zu lang ist zum Twittern: Was wünscht sich der in der Hauptstadt Schleswig-Holsteins für die Wasserversorgung Zuständige inständig? Immer eine Handbreit Wasser unter Kiel …


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06 Juni 2009

Ohne Worte (43): Ist ja gut!



Entdeckt im Parkhaus von Real, Feldstraße.



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01 Juni 2009

Fundstücke (50)

Mann, das wird ein ECHT heißer Sommer: C&A verkauft Bikinis ohne Höschen!

(Entdeckt im Bahnhof Altona.)


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24 April 2009

Ein getränkelastiger Abend



Den Weißwein im Mandarin Kasino an der Reeperbahn gießt der Barkeeper stillos in einen Plastikbecher.

„Das ist aber stillos“, sage ich, wie es ist, und zwar quer durch den erstaunlich erträglich lauten 60er-Wave-Mix der kalifornischen Band Airborne Toxic Event.

„Ja“, grinst der Barmann selbstgewiss und gießt weiter ein, „das ist völlig stillos.“ Nachdem ich den ersten Schluck genommen habe, muss ich jedoch sagen: Ich lag falsch. Diesen Wein aus einem Plastikbecher zu süffeln, ist keineswegs stillos – sondern völlig angemessen.

Neugierig blättere ich in der Getränkekarte, um Traube, Herkunftsgebiet und Jahrgang der Plörre herauszufinden. Dort steht allerdings nur „Weißwein“. Auch das: nichts weniger als kongenial. Das Getränkekonzept im Mandarin ist zweifellos durchdacht und homogen.

Nach dem Konzert gehe ich zum Kiosk im Millerntorhochhaus, weil ich Puffbrause kaufen will, einen Prosecco in Blechdosen mit Tittenbild vorne drauf, der exklusiv nur auf dem Kiez erhältlich ist. Feine Sache, vor allem als Gastgeschenk, und morgen geht es ja nach Berlin, wo man dergleichen nicht bekommt, zumindest nichts, wo außen unverhohlen „Puffbrause“ draufsteht.

Doch vielleicht war es ein Fehler, in genau diesen Kiosk zu gehen, denn der Betreiber ist offenkundig nahöstlicher Herkunft und wurde möglicherweise puffbrausenskeptisch sozialisiert. Und in der Tat: Das Produkt führt er nicht.

Allerdings kommt er mir plötzlich nachgelaufen. „An der Tankstelle gibt’s das“, ruft er, „das habe ich in der Zeitung gelesen!“

Danke für den Titt… äh Tipp. Zumal er stimmt.



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17 April 2009

Fundstücke (46)



Die Features dieses Handys (s. Hervorhebung) sind nur auf den ersten Blick fantastisch.

Beim näheren Hinsehen nämlich stellt sich heraus, dass man im Grunde ständig telefonieren muss, damit der Akku sich nicht rasend schnell entleert. Und ohne Flatrate geht so was immens in die Kosten.

Doch für Vieltelefonierer und Fans magischer Technik ist das Teil ein Muss, ganz klar.

(Entdeckt bei Penny in Ottensen.)


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21 März 2009

Der endlose Einkauf

Im Gemüseladen. Meine strategische Position ist heute – im Gegensatz zu vielen anderen Freitagen – sehr günstig: Nur zwei Leute sind vor mir dran, und die gehören auch noch zusammen.

Allerdings hat das Paar einen recht langen Einkaufszettel dabei, und der wird Frucht für Frucht, Staude für Staude, Pilz für Pilz abgearbeitet. Stand ich zunächst als einziger hinter den beiden in der Schlange, so ist sie inzwischen zu beträchtlicher Länge angewachsen.

Wie immer hier im Gemüseladen nimmt die Kundschaft das Warten mit kieztypischer Stoik hin; die Qualität der Ware und der Charme des Chefs dämpfen jeden Gedanken an Rebellion.

Das Paar vor mir will jetzt auch noch Champignons. Und Schalotten. Aber bitte nur mittelgroße.

„So, das war’s“, sagt die Frau dann und kramt nach ihrer Börse. „Ach, eine Birne – zwei!“, fällt ihr noch ein, und Thorsten, der Gemüsemann, kramt erfreut nach den Birnen. Die Schlange schweigt ergeben. Erneut startet das Paar den Bezahlvorgang.

„Avocado“, sagt der Mann unversehens. Ach ja, die Avocado. Natürlich. Thorsten holt eine, die Rechnung wird ergänzt, endlich kommt die Börse zum entscheidenden Einsatz. Ich traue dem Frieden noch immer nicht, doch das Paar ist schon beim Einpacken, jetzt verabschiedet es sich sogar wortreich, quetscht sich an der Schlange vorbei, öffnet die Tür, und ich sage zu Thorsten: „Zwei Bund Rauke, bitte.“

Thorsten lächelt wissend, es ist die übliche Order. Danach, das wissen wir beide, kommt es unerbittlich zum Feldsalat. Er greift nach der Rauke.

„FENCHEL!“, kreischt es plötzlich panisch vom Ausgang her, „wir haben den Fenchel vergessen!“

Alle schauen sich um. Das Paar müht sich aufgeregt an der Schlange vorbei. Sie kommen zurück, etwas hat überlebt, es ist noch nicht vorbei.

Thorsten wendet sich an mich und fragt: „Ist das okay? Oder sollen sie sich wieder hinten anstellen?“ Ich knirsche vernehmlich mit den Stirnfalten – und beschließe dann, meinen sardonischen Tag ein andermal zu nehmen.

Fenchel ist es einfach nicht wert.


PS: Das heutige Raukenfoto darf übrigens gerne unter Quellenangabe und Verlinkung für nichtkommerzielle Zwecke verwendet werden, und zwar weltallweit. Schließlich ist heute Feiertag – und für mich gar ein inneres Missionsfest.

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19 Februar 2009

Quizfrage



Preisfrage: Auf was bezieht sich die abgebildete Bedienungsanleitung?

a) echten persischen Safran
b) den Erstdruck des Evangeliars Heinrichs des Löwen
c) einen x-beliebigen Aldi-Kassenzettel

Na? …
Ganz genau.


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10 Februar 2009

Uns geht’s gut, aber so was von

Im Gemüseladen meines bedingungslosen Vertrauens in der Paul-Roosen-Straße (Foto) herrscht mal wieder Bombenstimmung.

Während ich in der Schlange warte und versonnen den Blick schweifen lasse von Kräutersaitlingen über sizilianische Kirschtomaten bis hin zum Biosauerkrauteimer, entspinnt sich vor mir ein Dialog, der meine Aufmerksamkeit schlagartig vom Obst und Gemüse abzieht.

Kundin: Wie geht es euch eigentlich?
Gemüsehändler: Uns geht's gut.
Kundin: Find ich gut.
Gemüsehändler: Find ich auch gut! (lacht schallend über seinen großartigen Witz) Und wie geht es dir?
Kundin: Mir geht es auch gut.
Gemüsehändler: Sehr gut!
Kundin
(ernst): Finde ich auch.

Hier auf St. Pauli sind wir eben alle eine große kuschelige Familie – und substituieren Substanz manchmal durch brutalstmögliche Herzlichkeit.

Jetzt bitte zwei Bund Rauke und 160 Gramm Feldsalat.
Dann geht’s mir auch gut, aber so was von.

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06 Februar 2009

Der Euro ist uns zu neumodisch



In Hohenschönhausen im Osten Berlins hat man die Währungsumstellung noch nicht mitbekommen.

Wahrscheinlich war ihnen das einfach zu viel, zum zweiten Mal nach 89 mit so ’nem Quatsch konfrontiert zu werden.

Andererseits: „Centwelt“ klänge echt dämlich.



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